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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Michel, Wilhelm: Eine Architektenwohnung: Innenräume von Marc du Plantier
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0039

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INNEN-DE KORATI ON

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belag sämtlicher Räume, die Falttür zwischen
Empfangs- und Wohnzimmer (die sich nicht zur
glatten Fläche, sondern nur zu einer in stumpfen
Winkeln gebrochenen Fläche schließt), auch das
glatte, durchaus unrhetorische Regal im Wohn-
zimmer, das die antiken Vasen enthält, und die
groben Handwebstoffe der Bezüge. Indem sich hier
also Formungen aus modernem Zweckdenken und
Formungen aus der besonderen französischen Sen-
sibilität begegnen, wird diese Wohnung zu einem
fesselnden Gebilde, das Gegensätzliches zu einem
trotzdem haltbaren Ganzen verschmilzt. Es ist, als
antworte dieses Gebilde mit seinen zwei Seiten auf
zwei verschiedene Elemente der hellenischen Kunst-
werke, die es als kostbarsten Inhalt in sich birgt:
das Strenge und das Geschmückte, das Karge, Ge-
faßte und das Blühende, Spielende, das in einem
Werk wie dem Pallas-Kopf auf dem Kamin oder dem
Torso (5. Jahrhundert) in der Empfangshalle glei-
chermaßen zugegen ist. Auch in der Ausstattung
dieser Empfangshalle sieht man Straffes und Emp-
findsames, Strenges und Spielendes mit dem Blick
auf antikische Daseinsstimmung fein verbunden:
einfache klare Säulenschäfte, kantige, wuchtige Ar-

chitekturformen, strenge Glätte des Bodens - aber
Steinmaterial in schmachtenden Rosen- und Meer-
schaumtönen, weiche Vorhänge aus warmem,weißem
Velours, Eisbärfell am Boden, rosige Wolkenmuster
an den Wänden und, als wirkliche künstlerische
und technische Kostbarkeit, in den Glasfeldern der
Türen die zwölf Arbeiten des Herkules, von Max
Ingrand graviert und gemalt. Eine Arbeit desselben
Künstlers ist die Gravur auf dem Speisezimmertisch,
ein Aquarium darstellend.

Diese Raumfolge von Marc du Plantier konnte des-
halb so besondere Wege gehen, weil der Architekt
sie für eigenen Gebrauch schuf. Es ist eine alte
Erfahrung, daß in solchen Fällen stets das Eigen-
artigste entsteht - Leistung nämlich, in der der
Künstler sein Können nicht nur im Dienst einer Auf-
gabe anwendet, sondern die schon von der Kon-
zeption her Kunstwerk ist. — Nochmals: Gerade weil
die Ausdrucksfunktion hier im Vordergrund steht,
treten die besonderen französischen Gestaltungsan-
triebe so klar hervor. Und so stimmt es zu einer
Zeit, die das Zusammenwirken der Völker auf einem
Festhalten, nicht auf einem Verschleifen völkischer
Unterschiede begründet weiß. — Wilhelm michel
 
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