INNEN-DEKORATION
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rialien. Soweit ist er geistiger Erbe von Loos. Aber
Lichtblau beschränkt sich nicht, wie dieser es aus
seiner persönlichen Konsequenz heraus tat, auf die
Erstellung eines bequemen und kultivierten Rahmens
für das Dasein moderner Menschen. Er will (und da-
mit nähert er sich dem Wesen Hoffmanns) Räume
schaffen, die ein eigenes Erlebnis, eine eigene Stim-
mung - um das etwas verbrauchte Wort hier in fri-
schem Sinn zu gebrauchen - vermitteln. Das erreicht
er, indem er mit den einzelnen Elementen der Aus-
stattung - mit Möbeln, Vorhängen, Beleuchtungs-
körpern - frei und phantasievoll schaltet: immer im
Hinblick auf den Rhythmus, der die Gesamtkomposi-
tion diskret aber zwingend mit ganz bestimmtem Ge-
fühl durchpulst. Dabei fällt der Farbe die Aufgabe zu,
die verschiedenen Elemente der Komposition zu einer
gewissermaßen polyphonenEinheitzuverschmelzen.
Im einzelnen spricht sich das rhythmische Prinzip
in der Zerlegung der Wandflächen am sinnfälligsten
aus. Holztäfelung wechselt mit Seidenbespannung,
was gleichzeitig den Wechsel von fließender Maserung
HB
»DAMENSEKRETÄR« BIRNE, BIRKE, ROT- UND ELFENBEINFARBENER SCHLEIFLACK
SESSEL UND LAMPE IN NEBENSTEH. ZIMMER
und vegetabilem Streumuster in sich
schließt. Weiße, ölfarbgestrichene
Mauern wechseln mit Schleiflackver-
kleidung. Perlgraues Mattglas, hinter
dem schemenhaft Fensteröffnungen
oder Nachbarzimmer auftauchen,
wechselt mit Vorhängen aus fisch-
hautähnlichem Chintz, die dem Blick
mit sanfter Energie Halt gebieten.
Ähnliches gilt von der Grundrißbil-
dung, die sich auf geistreiche Art von
dem ursprünglichen Schema der Miet-
wohnung emanzipiert. Wohn- und
Eßzimmer z. B. sind zusammenge-
zogen und doch getrennt; zwischen
beide ist eine Glaswand gestellt, die,
auf einer Hälfte mattiert und von
einer Tür durchbrochen, auf der an-
deren Seite aber zu einem Winter-
garten ausgebaut ist (Abbildg. S. 48
und 53). Ästhetisch bedeutet diese
Maßnahme die Rhythmisierung des
Gesamtraumes. Aus der Notwendig-
keit, übernommene bauliche Details
von fremder Stilprägung zu ver-
decken oder die Proportion der
gegebenen Räume zu verändern,
schöpfte der Architekt ebenfalls die
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rialien. Soweit ist er geistiger Erbe von Loos. Aber
Lichtblau beschränkt sich nicht, wie dieser es aus
seiner persönlichen Konsequenz heraus tat, auf die
Erstellung eines bequemen und kultivierten Rahmens
für das Dasein moderner Menschen. Er will (und da-
mit nähert er sich dem Wesen Hoffmanns) Räume
schaffen, die ein eigenes Erlebnis, eine eigene Stim-
mung - um das etwas verbrauchte Wort hier in fri-
schem Sinn zu gebrauchen - vermitteln. Das erreicht
er, indem er mit den einzelnen Elementen der Aus-
stattung - mit Möbeln, Vorhängen, Beleuchtungs-
körpern - frei und phantasievoll schaltet: immer im
Hinblick auf den Rhythmus, der die Gesamtkomposi-
tion diskret aber zwingend mit ganz bestimmtem Ge-
fühl durchpulst. Dabei fällt der Farbe die Aufgabe zu,
die verschiedenen Elemente der Komposition zu einer
gewissermaßen polyphonenEinheitzuverschmelzen.
Im einzelnen spricht sich das rhythmische Prinzip
in der Zerlegung der Wandflächen am sinnfälligsten
aus. Holztäfelung wechselt mit Seidenbespannung,
was gleichzeitig den Wechsel von fließender Maserung
HB
»DAMENSEKRETÄR« BIRNE, BIRKE, ROT- UND ELFENBEINFARBENER SCHLEIFLACK
SESSEL UND LAMPE IN NEBENSTEH. ZIMMER
und vegetabilem Streumuster in sich
schließt. Weiße, ölfarbgestrichene
Mauern wechseln mit Schleiflackver-
kleidung. Perlgraues Mattglas, hinter
dem schemenhaft Fensteröffnungen
oder Nachbarzimmer auftauchen,
wechselt mit Vorhängen aus fisch-
hautähnlichem Chintz, die dem Blick
mit sanfter Energie Halt gebieten.
Ähnliches gilt von der Grundrißbil-
dung, die sich auf geistreiche Art von
dem ursprünglichen Schema der Miet-
wohnung emanzipiert. Wohn- und
Eßzimmer z. B. sind zusammenge-
zogen und doch getrennt; zwischen
beide ist eine Glaswand gestellt, die,
auf einer Hälfte mattiert und von
einer Tür durchbrochen, auf der an-
deren Seite aber zu einem Winter-
garten ausgebaut ist (Abbildg. S. 48
und 53). Ästhetisch bedeutet diese
Maßnahme die Rhythmisierung des
Gesamtraumes. Aus der Notwendig-
keit, übernommene bauliche Details
von fremder Stilprägung zu ver-
decken oder die Proportion der
gegebenen Räume zu verändern,
schöpfte der Architekt ebenfalls die