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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Born, Wolfgang: Zweierlei Luxus
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0106

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INNEN-DE KOR ATI ON

ZWEIERLEI LUXUS

Es gibt einen Luxus, der nichts anderes ist, als
Verschwendung und gedankenlose Protzerei. Es
gibt aber auch einen Luxus, der eine Steigerung der
Produktion, eine Verfeinerung des Denkens und Füh-
lens bedeutet und darüber hinaus eine merkantile
und seelische Bereicherung des Volkes.



Luxus, der nur darin besteht, ein geringeres
Material durch ein kostbareres zu ersetzen oder das
Notwendige durch Überflüssiges zu belasten, ist keine
Förderung, weder der Kunst noch der Nation. Wenn
aber umgekehrt aus einem Material das äußerste
herausgeholt wird, wenn der Stoff durch mensch-
liche Arbeit, durch die Anwendung neuer Techniken
einen besonders hohen Grad der Verfeinerung be-
kommt, dann ist das Ergebnis, zunächst eine Selten-
heit, aber dazu bestimmt, Allgemeingut zu werden,
produktiver Luxus.

Es wäre darum falsch, die Askese zum höchsten
Moralgesetz der Künstler und der Handwerker, der
Kaufleute und der Kunden zu erklären. Es wäre
falsch, zu fordern, daß der neue deutsche Mensch
nur das hundertprozentig Zweckmäßige annehmen

dürfe und daß er alles, was darüber hinausgeht, ver-
werfen müsse. Das Gegenteil ist weit eher richtig,
daß nämlich die schöpferische Kraft und die künst-
lerische Phantasie eines Volkes sich erst zu bewähren
anfangen, wenn die Notwendigkeit des schlichten
Daseins befriedigt ist. Womit selbstverständlich nichts
dagegen gesagt sein soll, daß eine technisch einwand-
freie Form, eine Form, die nichts anderes zu sein
scheint als das Sichtbarwerden des sachlich Erforder-
lichen, bereits schön und charaktervoll sein kann.

Wenn es aber dabei geblieben wäre, daß der
Mensch sich mit dem nackten Bedürfnis zufrieden
gegeben hätte, wäre nie die Welt des Geistes und der
Schönheit, des Gedankens und der Form entstanden.
Es ist darum schlechthin Pflicht aller, die dazu die
wirtschaftliche Möglichkeit haben, ihr Geld in Um-
lauf zu bringen, um auch solche Dinge entstehen
zu lassen, die nicht zu des Leibes und Lebens primi-
tiver Notdurft gehören, die vielmehr darüber hinaus
auf eine besonders freie und schöne Weise eine Ver-
edlung und Vertiefung, eine Erhöhung und eine Ver-
innerlichung des täglichen Daseins bedeuten. Der
wahre Luxus ist ein Motor der Kultur. w.B.
 
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