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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Der gedeckte Tisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0197

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INNEN-DEKORATION

181

DEUTSCHE WERKSTÄTTEN-MÜNCHEN »TEETISCH IN EINEM LANDHAUS«

DER GEDECKTE TISCH

VON KUNO GRAF VON HARDENBERG

In der häuslichen Kultur ist das Kapitel des ge-
deckten Tisches stets von Bedeutung gewesen. Mit
Recht, sind doch die Mahlzeiten die friedlich heiteren
Inselchen im grauen Alltagsflusse, ihre Pflege, ihre
sorgliche Behandlung bedeutsamere Lebensweisheit,
als manche Menschen zu glauben geneigt sind.

Die Mahlzeiten verlangen zweierlei: Ihr »was« und
ihr »wie«. Das, was der gedeckte Tisch bringt, muß
in harmonischem Einklang mit der Art und Weise
stehen, wie er es bringt.

Es ist eine uralte Lächerlichkeit, mit Kanonen nach
Spatzen zu schießen, es ist aber mindestens ebenso
lächerlich, mit Kinderpistolen auf Mastochsen zu
feuern. Kurz gesagt: Wenn man schon ein luxuriöses
Gericht servieren lassen könnte, wäre es abgeschmackt,
eine solche Mahlzeit auf einer Tannenholz-Tischplatte
in einem Bunzlauer Milchtopf anzurichten, aber es
wäre genau so abgeschmackt, wollte man ein derbes
Mahl mit goldenen Bestecken auf Böttgerporzellan
und unter einer gewaltigen Orchideen-Dekoration ser-
vieren lassen.

Einen Tisch anmutig zu decken, ist seit altersher
Sache persönlichen Geschmacks und Taktes. Es war
vorwiegend immer Frauenkunst und Frauengunst,
segensreich und glückfestigend, häusliche Atmosphäre
schaffend, selbst in Zeiten, wo der allgemein bekannte

und doch so wenig beliebte Küchenchef »Schmal-
hans« den ärmlichen Holzlöffel als Zepter schwingt.
In Zeiten nationalen Reichtums hat der gedeckte
Tisch aber auch kulturelle Aufgaben gelöst. Die Künst-
ler und Meister der verschiedensten Gebiete haben
sich in seinen Dienst gestellt, die Silberschmiede und
die Goldarbeiter, die Gebildwirker, die Porzellan-
bäcker, die Glasbläser und die Kristallschleifer haben
für ihn Wunderwerke geschaffen, die noch heute
Zierden der Museen sind. Sie haben durch ihre Zau-
berkunst den Tisch zur Tafel erhoben, an der alle
Sinne ihre Befriedigung fanden.

Aber gerade in einer Zeit, wo das gesellschaftliche
Leben fast erstorben und die Familie mehr denn je
auf das Leben im Heim angewiesen ist, kommt es
uns zum Bewußtsein, daß selbst die einfachste Mahl-
zeit mit den geringsten Mitteln anmutig, und damit
tröstlich und erfreulich gestaltet werden kann.

Da sehen wir den gemütlichen Frühstückstisch,
friedlich intim gehalten, von der Morgensonne be-
strahlt, den kleinen Altar der ersten Mahlzeit, der
der Laune des ganzen Tages den Auftakt gibt. Kein
Aufwand, kein Reichtum und doch Behagen atmend
in der fast bäuerlichen Buntheit des Tischzeuges und
der Steingut-Tassen. Eine geheimnisvolle Überliefe-
rung hält von ihm den Blumenschmuck fern, dafür
 
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