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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Handwerksmöbel aus deutschem Holz: "die Heimgestalter" in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0228

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212

INNEN-DEKO RATION

AUS EINEM WOHN- UND SPEISEZIMMER ENTW. PROFESSOR NOTHHELFER —BERLIN

HANDWERKSMÖBEL AUS DEUTSCHEM HOLZ

»DIE HEIMOESTALTER« IN BERLIN

Da, wo der Mensch aus dem Brunnen seiner ver-
borgenen Möglichkeiten und in der Zucht der
ihm eingeprägten Ordnungen den Stoff, Holz, Stein,
Metall zu einem leiblichen Gebrauchszweck formt -
da liegt die stärkste Unmittelbarkeit vor. Solche Lei-
stungen sind in einem geheimnisvollen Sinne lebendig.

In früheren Jahrhunderten waren Tischlermeister
vielfach nicht nur Meister der Hand, sondern auch
Meister der Form; sie erdachten ihre Arbeiten selbst,
und führten sie in höchster Vollendung auch selber
aus. In besten Zeiten erreichte die Tischlerkunst
vielfach einen solchen Höhepunkt, daß sie einer
ganzen Stilrichtung Form und Gehalt gab. Die Schöp-
fungen der alten Meister haben die Jahrhunderte über-
dauert, und noch heute erregen sie unsere größte Be-
wunderung. Tischlernamen wie Chippendale, Shera-
ton, Boule und andere erlangten Weltgeltung und
geben noch heute Zeugnis von dem hohen Stand alter
Handwerkskunst.

Mit steigendem Bedarf verkümmerte die schaffende
Hand. Die Maschine tat das ihrige, um aus Hand-
werksmeistern vielfach Unternehmer werden zu

lassen, die schließlich kaum noch Fühlung mit Hobel-
bank und Werkstatt hatten. Die angehenden »Mei-
ster« wurden in Kunstgewerbeschulen geschickt, die
nur einen äußeren Anstrich von Kunst gaben. Hier
wurde die eigene Kraft der jungen Menschen nicht
geweckt oder entwickelt, die Arbeiten wurden sche-
matisiert, zur selbstschöpferischen Tätigkeit war
keine Zeit vorhanden. Die weitere Vervollkommnung
der Maschine machte schließlich aus Tischlereien eine
»Möbel-Industrie«. Das seelenlose Massenmöbel re-
gierte den Markt, und Möbel wurden genau so »fertig
konfektioniert« gekauft wie Kleider. Von einem Mu-
ster werden viele hundert Stück angefertigt, und
der Fabrikant, der an seinem »Büfett« noch eine
Wulst oder noch eine Rundung mehr anbrachte als
sein Konkurrent, machte das Rennen, und an dem
»Schlager der Saison« stand »iooomal verkauft«!

Die Maschine, die ursprünglich Gehilfe und Helfer
des Menschen sein sollte, verwandelte sich schnell zu
seinem Feind. Das Massenprodukt siegte über das
Werk der Hand - über das Handwerk. Aber diesem
Handwerk muß wieder der »goldene Boden« zurück-
 
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