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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Bett und Couch
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0251

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INNEN-DEKORATION

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STARKSTREiFlüES NUSSHOLZ; WAND, BETTDECKE, VORHANG: GELBE SEIDE; BODEN: BRAUN VELOURS

fürstlich, geschnitzt, vergoldet, verschnörkelt, beide
ihrem eigentlichen Zwecke fremd. Man vergegenwär-
tige sich: Frau Biedermeier mit dem Strickstrumpf
auf dem Kanapee hier - Madame Recamier, auf ihr
weltberühmtes Empirebänkchen hingegossen, dort!
Zwei Welten - zwei Lebensstile!

Das ideale Bett ist keine deutsche Erfindung; die
deutsche Phantasie, im wesentlichen faustisch, ist
den Belangen der Ruhe immer weniger zugetan ge-
wesen, als denen der strebenden Tätigkeit. Dahin-
stürmen im Zuge, im Fluge, galt ihr immer mehr,
als auf einem Diwan dem Augenblicke vertraulich
zuzuflüstern: Verweile doch, du bist so schön! Das
ideale Bett, es läßt sich leider nicht leugnen, ist in
Frankreich geboren, wo man seit Jahrhunderten
einen raffinierten Kultus der Nachtruhe kennt. Auch

1934. VII. 3

England hat Meriten um das Entstehen guter Betten,
großer Betten, hygienischer Betten.

Aber auch das ideale Tageslager ist keine Erfin-
dung der deutschen Seele. Der Diwan und die Otto-
mane, die ehrwürdigen Eltern der Couch, sind Kinder
des Orients. Sie begannen ihren Siegeszug vor etwa
6o Jahren. Aus der versinkenden Theaterherrlichkeit
Makart'scher Buketts retteten sie sich dann in die
dämmerige Welt orientalisierender Herrenzimmer,
und da sie gegenüber allen Kanapees und Sofas ein
Moment wirklicher Bequemlichkeit in sich bergen,
so wurden sie überzeitlich, wurden zum unsterb-
lichen Typ des Tageslagers, auf dem man sich seine
ureigenste Bequemlichkeit mit Kissen jederzeit selbst
schaffen kann. Welch ein Vorteil gegenüber allen
immer zu kurzen, immer zu schmalen Sitzen, immer
 
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