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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Selbstaufhebung des Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0283

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INNEN-DEKO RATION

267

LÄRCHENHOLZ MIT KIEFERNFÜLLUNGEN

Nicht von der Gefahr einer Allerweltsmode auch im
Bauen und Wohnen wollen wir hier reden, und von
der Einbuße an persönlicher Ethik des Wohnens, die
unter einer Schabionisierung des heutigen Wohn-
standards drohen. Zunächst wird da die Befreiung
von alten Vorurteilen und Belastungen entgegenwir-
ken. Nein: die Lage des Architekten selbst ist durch
diesen Wandel in höchst drastischer Weise gefährdet.
Er hat sich durchgesetzt - man braucht ihn nicht
mehr. Das klingt paradox, aber mancher Architekt
hat es schon an sich erfahren: er hat sich überflüssig
gemacht gerade dadurch, daß seine Ideen allgemein
angenommen worden sind.

Nun hat aber gerade die Zeit des Kampfes eine
starke Zunahme der architektonischen Begabung und
damit zugleich auch des Architekten-Nachwuchses
gezeitigt. Der stößt nun in Arbeitslosigkeit vor, die
nicht lediglich durch die allgemeine Wirtschaftskrise
bedingt ist, sondern - wie wir sahen - ihre ganz
eigenen Wurzeln noch dazu hat. Was soll der junge
Architekt, der nicht in irgendeinem großen Unter-
nehmen unterkommt, also anfangen?

Nun: Einmal wird ihm als beratender »Baubei-

stand« immer noch Arbeitsgelegenheit geboten sein,
wenn er es nur recht versteht, sich auf die gewandelte
Funktion umzustellen. Dann wird mancher - und
sei es auch nur in bescheidenem Maße - sein Glück
im eigenen Unternehmertum versuchen, was für die
allgemeine Struktur unseres Wirtschaftslebens noch
den Vorteil böte, daß ein ungesundes, unfachmänni-
sches Unternehmertum aus dem Baubetrieb ausge-
schaltet würde. Vor allem aber wird ihm das Zurück-
gehen zum eigentlichen Handwerk noch genügend
Arbeitsmöglichkeit bieten. Er braucht nicht gerade
Handlanger beim Ziegelschleppen zu werden. Aber
die manuelle Betätigung in Tischler- und Schreiner-
werkstatt und all den andern Teilbetrieben des Ge-
samtbauwerks wird ihm die gesunde Nähe zum Werk
wieder einbringen, die der oft allzu betriebsentfernte
Architektentyp der letzten Zeit manchmal schon ver-
loren hatte. Eine solche Rücksaugung des Architek-
ten ins Handwerkliche kann auch der Architektur
selbst nur wieder nützen: sie holt damit das Gefühl
für die Stoffbearbeitung wieder auf, die ein allzu
hochgespannter Kampf um die Form - trotz aller Stoff-
begeisterung — zu verlieren in Gefahr ist. Dr.r.r.
 
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