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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Pütz, Friedrich: Eine "Honigwochenwohnung" von heute
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0321

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INNEN-DEKO RATION

305

Ii AUS DEM ARBEITSZIMMER: LIEGE MIT HANDWEB-
DECKE IN BEIGE UND BRAUN, BUNTE WELTKARTE

Das haben zur Genüge all die vielen erfahren, die
in den Zeiten unserer Wohnungsnot sich mit Not-
wohnungen begnügen mußten. Besonders zwangen
die Dachwohnungen oft dazu, von den gewohnten
Vorstellungen über Einteilung der Räume, über Zahl,
Größe und Aufstellungsart der Möbel abzulassen. Die
Zimmer haben in bezug auf Größe, Lage und Belich-
tung mancherlei Mängel. Auf diesen oder jenen Kom-
fort muß man auch verzichten. Aber wie richtet man
es oder sich ein, daß es trotzdem nicht am wichtigsten
Komfort fehle, am Komfort des seelischen Behagens?
Wie machen wir es uns trotzdem »gemütlich«?

Das ist nun ein weites Feld, das von Kunst bis zum
tollsten Kitsch reicht, mit dem bekanntlich jene Or-
gien an Gemütlichkeit gefeiert werden, bei denen es
einem ungemütlich wird.

Für die hier gezeigte Dachwohnung ergab sich der
günstige Fall, daß der Architekt beratend helfen
konnte. Er tat es um so lieber, weil es ihn reizte fest-
zustellen, mit wie wenig Aufwand man nicht beson-
ders ansehnliche Dachräume in eine freundliche,
gern bewohnte Behausung wandeln kann, die trotz
einiger Enge und zum Teil schräger Wände den Ein-
druck lichtvoller Weiträumigkeit macht. Das wurde
zunächst durch helle, gut abgestimmte Farben, die
nicht teurer sind als schlechte Töne, um so leichter
erreicht, da die Wohnung nach Westen liegt, vor

1934.IX.

2. EINGEBAUTER SCHREIBTISCH IN SCHWARZGEBEIZTER
EICHE, WAND GRAUKARIERT, VORHÄNGE ORANGEROT

einem weiten Parkplatz. Die fast weiß tapezierten
Wände reflektieren das Sonnenlicht bis in die dunkel-
ste Zimmerecke. Einige farbige Kontrapunkte stei-
gern als bunter Lampenschirm, Lackschrank oder
Vorhang den hellen Klang. Als nicht minder wichti-
ges Mittel wurde die Freilassung der Zimmermitten
angestrebt, wodurch das Gefühl großer Bewegungs-
freiheit entsteht. Die Randmöblierung wirkt auch in
engsten Räumen Wunder, und sie zwingt zur Be-
schränkung auf die wirklich nötigen Möbelstücke.
Um die 42 qm der drei Wohnräume auch am Tage ganz
zur Verfügung zu haben, wurde auf ein besonderes
Schlafzimmer verzichtet, an dessen Stelle ein Sofabett
und eine große Liege treten.

Im kleinen Vorplatz sind Wände und Decke bunt
tapeziert, was auch über die Enge hinwegtäuscht, und
zum Ablegen genügt ein schmales Wandbrett unter
dem Spiegel. Dem Arbeitszimmer (Bild 1 und 2)
gibt der Dreiklang vom Weiß der Wand, Schwarz der
Möbel und Zinnoberrot der Vorhänge eine freundliche
und doch männliche Note. Diese Farbigkeit wird noch
erhöht durch eine sehr bunte Weltkarte, die im
Verein mit dem Fernempfänger das Dachstübchen
sozusagen auch geistig weitet. Als Deckenbeleuch-
tung dient ein japanischer Regenschirm aus Ölpapier.
Die hohe Lage des Fensterbrettes ermöglichte es,
den Schreibtisch in Verbindung mit einem Aufsatz,
 
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