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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934

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Schreiber, Hans: Künstlerische Gestaltung einfacher Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0417

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INNEN-DE KOR AT ION

401

WILHELM SCHREIBER »SITZECKE« MAKASSAR

BEZÜGE: WEISSGRUNDIG, BODEN: ROTBRAUN

KÜNSTLERISCHE GESTALTUNG EINFACHER MÖBEL

ZU DEN ABBILDUNGEN AUF SEITE 402-408

Man könnte sich heute gewiß die Frage vorlegen,
ob die Arbeit des Innenarchitekten über den ge-
legentlichen Entwurf teurer Einzelmöbel oder Son-
derausstattungen hinaus - noch eine volkswirtschaft-
liche Bedeutung hat, wenn man zugleich bedenkt,
daß nicht nur unsere Schreinermeister mit bedeuten-
dem Aufwand an Fachschulen geschmacklich ge-
schult werden, sondern auch die großen Möbelfabri-
ken, dank rationellster Betriebswirtschaft, fast unbe-
grenzt leistungsfähig sind. Die Antwort auf eine sol-
che Frage jedoch beantworten sofort die Schaufenster
der großen Möbelhändler deutscher Städte, die heute
noch, oder eigentlich wieder, einen erschreckenden
Wust von Möbeln und Einrichtungen zeigen, bar
jeder Verantwortung den Dingen des guten Ge-
schmacks gegenüber und bar jeder Verantwortung in
Fragen der Lebensgestaltung des deutschen Volkes.

Mit welcher Freude und mit wie großen Hoffnun-
gen erfüllten uns die vielversprechenden Ansätze in
der deutschen Möbelindustrie, die etwa um 1910 be-
ginnend, vor kaum 5 Jahren dazu geführt zu haben

schienen, daß sich der Wagemut und die Einsatz-
bereitschaft für das Gute und Neue deutlich in der
deutschen Möbelfabrikation abzeichnete. Wie konnte
es kommen, daß nach kurzer Scheinblüte die »Möbel-
konfektion«, die Serienherstellung der Massenware,
sich wieder einer Formensprache bedient, die allzu
deutlich verrät, daß von Wagemut und künstlerischem
Gewissen nichts mehr zu spüren ist, sondern nur
noch ein risikoloses Eingehen auf allen Ungeschmack
eines verständnislosen Publikums sich breitmacht.

Ist es weiterhin zu verantworten, daß die Käufer
von Möbeln, die mit diesem Kauf das Bild ihrer Woh-
nung, der Heimstätte ihrer Kinder auf Jahrzehnte
hinaus festlegen - daß diese Menschen von Geschäfts-
leuten ohne Verantwortung ausgebeutet und unter
dem Einfluß ihrer Unkenntnis zu Käufen veranlaßt
werden, die im Sinne der heranwachsenden Genera-
tion gesehen, eine Katastrophe bedeuten? Mit wel-
chem Stolz hegen wir heute den uns aus den Tagen
unserer Urgroßväter überkommenen Hausrat, aus
Zeiten einer echten Heimkultur und deutscher Hand-

1934. XII. 4
 
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