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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0104

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vierter Abschnitt.

Die Gärtrn der italiemscheir Renaissanrerst

Der Begriff der Renaissance ist allen Kennern der Kunstgeschichte geläufig; da ich mich
aber auch an Leser wenden muß, bei denen diese nicht vorausgesetzt werden kann, so will
ich kurz erwähnen, was man darunter versteht. Die Erklärung liegt im Worte selbst:
Wiedergebnrt der antiken Kunst, besonders der Bauknnst, den Bedürsnissen und Anschauungen
der Neuzeit angepaßt. Es war kein Kopieren des Antiken, sondern eine freie Gestaltung
nach antiken Hauptsormen.*^)

Nachdem die Stürme und Rohheiten des Mittelalters vorüber waren, Frieden und
Wohlhabenheit höhere Genüsse des Lebens gestatteten, die Freude an den Schönheiten der
Natur erwachte, mußten auch die Gärten neu aufleben. Die Geburtsstätte der Renaissance
konnte keine andere sein, als die Grabstätte der antiken Kunst, das schöne Jtalien, wo die
römischen Ueberlieserungen, wie schon im vorigen Abschnitte erwähnt wurde, nie ganz ver-
gessen worden sind, wo sich römisches Wesen im oströmischen Reiche, allerdings stark mit
Orientalischem vermischt, bis gegen die Mitte des sünfzehnten Jahrhunderts erhielt. Aber
auch in Jtalien, namentlich in Rom, hatten sich Reste alter Gartenanlagen in Terrassen,
Treppen, Wasseranlagen u. s. w. erhalten. Jn den Bibliotheken der Klöster wurden die
bedeutendsten römischen nnd griechischen Klassiker aus dem Staube geholt, eifrig studiert
und nach Erfindung der Buchdruckerknnst neu herausgegeben. Die Werke des Vitrnvius
und anderer Schriftsteller aus der späteren römischen Kaiserzeit waren vollständig vor-
handen und wurden durch die Gelehrten den Baumeistern bekannt oder auch von denselben
im Original gelesen, denn die lateinische Sprache war damals allgemeines Eigentum der
höher Gebildeten. So entstand die Renaissance in der Architektur, und mit dieser haben
wir es in der Geschichte der Gärten allein zu thun, weil die Gärten nur im Gefolge der
Architektur auftraten. War bei den Römern, wie wir an deren Villen gesehen haben, noch
eine gewisse Selbständigkeit im Gartengeschmack vorhanden, so ging dieselbe in der Re-
naissance ganz in der Architektur aus. Es gab keine selbständige Gartenkunst, sondern

Vollständiger ist diese Periode bearbeitet in dem Werke: „Die Gartenknnst der italienischen Re-
naissancezeit" von W. P. Tuckermann. Berlin 1884, Verlag von Paul Parey. Mit 21 Lichtdrucktafeln
und 52 Textbildern.

Vielleicht genügt Aesthetikern von Fach diese Erklärung nicht, aber sie genügt für unsere

Zwecke.
 
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