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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 2.1869

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Waagen, Gustav Friedrich: Ueber in Spanien vorhandene Gemälde: Handzeichnungen und Miniaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.51374#0026

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18 Ueber in Spanien vorhandene Gemälde, Handzeiclinungen und Miniaturen.
dacht, die Köpfe ansprechend, die Gewänder gut geworfen, aber auch hier
finden sich jene ungünstigen Eigenschaften. Zwei andere Altarbilder, die
Geburt Christi und die Anbetung der Könige sind auch in jenen guten Eigen-
schaften wenigerbefriedigend, undvollendsin den schlimmen sehr widerstrebend.
Die Bilder aller bisher betrachteten Meister sind nicht geeignet, um eine
Vorstellung von der reinen Eigenthümlichkeit der spanischen Schule zu ge-
winnen, wodurch sie sich von allen anderen Schulen unterscheidet. Dieselben
rührten entweder von Ausländern, namentlich Niederländern und Italienern
her, deren ursprüngliche Kunstweisen durch ihren Aufenthalt in Spanien eine
grössere oder kleinere Veränderung erfahren hatten, oder von Spaniern,
welche durchgängig bald von niederländischer, bald von italienischer Kunst
gelegentlich auch von beiden Einfluss erfahren hatten. Die oben berührten
politischen Verhältnisse hatten für die spanische Malerei eine doppelte Folge,
einmal eine spätere Entwickelung, so dass die Mehrzahl der von spanischen
Malern aus dem 16. Jahrhundert herrührenden Bilder in der künstlerischen
Ausbildung auf der Stufe stehen, welche die der niederländischen und
italienischen Maler schon im 15. Jahrhundert erreicht hatten, und dass sie
nicht, wie diese, den Charakter einer primitiven Schule trägt, welche sichaus
unscheinbaren, aber selbständigen Anfängen durch eine Reihe von Gene-
rationen bis zur höchsten Ausbildung einer bestimmten Eigenthümlichkeit
entwickelt hat, sondern auf allen früheren Stufen von jenen bestimmt wird
und erst in der Form des freien Gebietens über alle Theile der Kunst,
Composition, Haltung, Zeichnung, Färbung, Perspective, Malerei,- zum
Ausdruck ihrer Eigenthümlichkeit gelangt. Um diese Eigenthümlichkeit
zu verstehen, ist es aber erforderlich, die Stellung ins Auge zu fassen,
welche zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Kirche und .namentlich die
Inquisition, der Malerei gegenüber einnahm, und dadurch mehr als in
irgend einem anderen Lande bedingend auf sie einwirkte. Zuvörderst wurde
dadurch die Behandlung von Vorgängen aus der antiken Mythologie, welche
im 16. und 17. Jahrhundert in Italien, den Niederlanden und Frank-
reich eine so grosse Anzahl trefflicher Bilder hervorgerufen hat, mit seltenen
Ausnahmen nicht nur ausgeschlossen, sondern auch die Behandlung der Gegen-
stände aus dem Kreise der christlichen Kunst sehr beschränkt, indem Vor-
gänge aus der Bibel, namentlich aus dem alten Testament, verhältnissmässig
selten vorkommen, weit die Mehrzahl aber, bei dem mehr als in irgend einem
anderen Lande ausgebildeten Marienkultus, die heilige Jungfrau, namentlich,
in Folge des schon früh in Sevilla zur Geltung gekommenen Dogma’s von der
unbefleckten Empfängniss, als in höchster Verzückung von Engeln umgeben,
in der Luft schwebend und Vorgänge aus der Legende, vorzugsweise spani-
scher Lokalheiliger, darstellen. Selbst auf die Art der Behandlung dieser be-
 
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