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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0223

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MARIENBORN

207

Bedingung geschenkt, daselbst eine Kirche zu errichten.*) Wegen der daselbst
vorgefundenen wasserreichen Quellen wurde dem Kloster seit 1275 der obige
Name Marienborn beigelegt. Die förmliche Uebertragung desselben vom Haag
hierher fand 1286 statt; gleichzeitig stellte es Ludwig von Ysenburg unter seinen
und seiner Nachkommen Schutz und verlieh ihm wertvolle Gerechtsame und
Freiheiten. Marienborn blieb im Besitz der Kirche auf dem Haag, sowie des
Kirchensatzes der Pfarrkirche zu Eckartshausen, kraft Bestätigung von 1276. Auch
war ihm 1279 die Pfarrkirche zu Rode a. d. Weil von Heinrich II. von Ysenburg-
Grensau, sowie 1283 von dessen Bruder, Gerlach L, Herrn zu Limburg, der übrige
Teil derselben Pfarrei abgetreten worden. Erst 1341 erhielt es die Pfarrkirche
von Büdingen, die ihm schon die Stifter (gleichzeitig mit Eckartshausen 1265)
zugedacht hatten, durch deren Sohn Luther von Ysenburg - Büdingen. Ausserdem
flössen Marienborn von nah und fern viele ansehnliche Schenkungen und Vermächtnisse
zu. Auch vermehrte es seinen Besitz durch günstige Ankäufe, so dass es im Laufe
des 14. und 15. Jahrhunderts eines der reichsten und gesuchtesten Klöster der
ganzen Wettcrau wurde. Unter den Aebtissinnen, Ordens- und Laienschwestern
befanden sich Töchter der angesehensten Familien.

Das Kloster Marienborn**) gehörte in die Diöcese Mainz. Das Aufsichts-
recht hatte der Abt zu Arnsburg, der es indes nicht oder nur sehr lässig auszuüben
pflegte. Im Laufe der Zeit begann sich die alte Zucht und Ordnung zu lockern.
Behufs Wiederherstellung derselben ordnete Erzbischof Diether von Mainz 1460
in Marienborn eine Reform an, zu deren Durchführung er vier Ordens-Schwestern
des gleichnamigen Klosters »im Weydas« bei Alzei hierher berief und eine derselben,
Adelheid von Hadamar, als Äbtissin einsetzte. Diese liess die Kloster-Gebäude
wieder in guten baulichen Stand setzen, neue herstellen, kunstvolle Holzschnitzereien
u. dergl. darin anbringen u. A. m. Unter der Äbtissin Wandala, Gräfin von
Wertheim 1527 bis 1555, begannen die Einflüsse der Reformation fühlbar zu werden,
und namentlich der Bauernkrieg versetzte Marienborn in grosse Bedrängnisse. Manches
wertvolle Besitztum musste veräussert werden. Wandala gab 1543 das Patronats-
recht der Pfarrkirche zu Büdingen an die dortigen Grafen zurück. Marienborn
zählte 1555 beim Tode dieser Äbtissin nur noch fünf Schwestern. Die Aufhebung
des Klosters erfolgte 1559. Sein ganzer Besitz fiel an die Erben des Stifters, die
Grafen von Ysenburg-Büdingen zurück. Der Ertrag seiner Güter und Gerechtsame
wurde fortan zu Kirchen- und Schulzwecken verwendet. Die früheren Kloster-
gebäude dienten nunmehr als Kanzlei- und Amtshaus, als Pachtgut- und Bewirt-
schaftungs-Gebäude, bis 1673 Graf Karl-August unter Benutzung eines Teils des
alten Klosters hier ein Schloss errichtete und darin seinen Wohnsitz nahm. Als er
1725 kinderlos starb, fiel Marienborn an die Linie Ysenburg-Meerholz, bei der es
verblieb. Der Graf Karl-Friedrich verpachtete es an den Grafen Zinzendorf, welcher
1736 sich hier niederliess und das Schloss zum Mittelpunkt der Herrnhuter Brüder-
gemeinde machte, die sich seit 1730 hier und in der Nähe angesiedelt hatten.***) Hier

*) Simon, Gesch. d. reichsst. Hauses Y. u. B. III", S. 29, No. 25 u. I[, S. 109 ff. Für das Folgende:
Wagner, Geistl. Stifte I, S. 199 ff., sowie Würdtvvein Dioec. Mog. III, S. 155—57.

**) Sigel desselben abgebildet in Simon, a. a. O. III, No. 5 der angehefteten Tafel.
***) Arch. f. Hess. Gesch. IX, S. 46 ff.
 
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