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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0226

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KREIS BÜDINGEN

Uebertragung (S. 207) stattfinden konnte. Auch die sonst erhaltenen Einzelheiten
im Chor der Kirche und zwar das Stabwerk (Fig. 104, e) der Spitzbogenthüre,
sowie des Blendbogens der Südwand, der Kleeblattbogen des Treppenturm-Thürchens,
sowie die ähnlich gestaltete, steinerne Nische der Ostwand (c, c), endlich die spitz-
bogige Piscina daneben, haben ganz frühgotische Formbildung. Spuren von etwas
späterer Bemalung nimmt man an der Südseite des Chores wahr. Die 4 westlichen
Joche des Schiffes sind ganz in das Hofhaus eingebaut und darum im ganzen
besser, teilweise bis einschliesslich des alten Hauptsimses, erhalten. Von den öst-
lichen Jochen und dem Chor dagegen, welche
längst dem Wind und Wetter völlig preisgegeben
sind , stehen die Teile der Hochwände über
Kämpferhöhe der Fenster nicht mehr. Sie sind
im Durchschnitt Fig. 103, gleich den fehlenden
Gewölbekappen, als blosse Ergänzungen hell
angegeben. Die eingebaute hölzerne Empore
scheint dem Ende des 17. oder dem Anfang des
18. Jahrhunderts anzugehören. Die Kirche ist
aus Melaphyr-Bruchsteinen und Sandstein-Werk-
stücken hergestellt.

Im Eingangsflur des Hofhauses bemerkt
man den Eckknauf (Fig. 104, b), eines früher
vorhandenen, gewölbten Raumes. Von sonstigen
Teilen des ehemaligen Klosters sind nur wenige
Reste an der Ostseite des Schlosses wahrnehmbar,
nämlich das S. 209 d abgebildete, frühgotische
Doppelfenster, ferner ein Spitzbogenthor nebenan,
Überbleibsel eines Sockelgesimses u. A. m.

Im Chor der Kirche sind einige Grabdenk-
mälererhalten. Das älteste derselben stellt Johann I.
von Ysenburg und seine Gemahlin Sophia von
Wertheim vor, nach deren Tod (um 1387—89)
der überlebende Gemahl, der Sitte der Zeit ge-
mäss , das gemeinsame Grabdenkmal errichten
liess. (Fig. 105.) Die Inschrift fehlt zwar; allein
das Wappen von Wertheim, das dort an der
unteren, unversehrten Ecke des Steines erhalten
ist, bekundet die Herkunft der Frau und die Trachten der beiden Ehegatten gehören
der obengenannten Zeit an.

Der ritterliche Herr trügt die Beckenhaube und die Halsbrünne, darüber den eng anliegenden,
vorn z.ugenestelten Waffenrock oder Lendner, sowie den lose umgehängten Gürtel, zugleich Wehr-
gehänge für Schwert und Dolch. Die Beine und Arme sind durch Ringgeflecht, die Kniee und
Armgelenke durch eiserne Platten, die Schienbeine durch Lederbedeckung, die Füsse durch Blech-
schuhe geschützt; die Blechhandschuhe sind am Griff des Schwertes befestigt. Die rechte Hand
hält den Rosenkranz ; das Haupt ruht auf dem Helm, dessen Zier zwei mit Lindenblättern geschmückte
Flügel bilden. Die Dame trägt ein langes, faltenreiches Gewand , Haube mit breiter Krause um
 
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