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Mader, Felix [Hrsg.]; Bayern / Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schul-Angelegenheiten [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern (2,10): Bezirksamt Kemnath — München, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.36890#0136
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Grundsätze
für die Inventarisation der Kunstdenkmäler Bayerns.

I. Zweck des Inventars. Die Inventarisation hat den Zweck, den Gesamt-
bestand des Königreichs an Kunstdenkmälern im weitesten Sinne wissenschaftlich fest-
zustellen und zu beschreiben, dem Schutze und der Pflege dieser Denkmäler und
damit der Kunst-, Landes- und Ortsgeschichte sowie der lebenden Kunst und der
Heimatliebe zu dienen.
II. Zeitliche Begrenzung. Die Inventarisation soll die Zeit vom 6. Jahr-
hundert bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts umfassen.
In besonderen Fällen kann auch über das 6. Jahrhundert zurückgegangen werden.
III. Besitzverhältnisse. Die Inventarisation erstreckt sich auf die Denkmäler
jeder Gattung im öffentlichen Besitz und auf die Baudenkmäler im Privatbesitz. Be-
wegliche Denkmäler im Privatbesitz werden nur ausnahmsweise aufgenommen, z. B.
wenn sie in kunstgeschichtlichem oder geschichtlichem Zusammenhang mit den Denk-
mälern der Gegend von besonderem Interesse sind oder wenn sie mit dem Meister-
namen bezeichnet sind, öffentliche Sammlungen sind im großen und ganzen nicht
zu inventarisieren; es ist jedoch auf das für die Gegend besonders Wichtige hinzuweisen.
IV. Gattungen der aufzunehmenden Denkmäler. Kirchliche und profane
Kunstdenkmäler werden in gleicher Weise berücksichtigt. Der Begriff Kunstdenkmal
ist dabei in weitestem Sinne zu nehmen. Ein bürgerliches Haus, ein Bauernhaus, ein
Brunnenhaus oder Quellenhaus, eine alte Brücke, ein Wegkreuz, eine Martersäule etc.
kann historisch, kunstgeschichtlich oder archäologisch von Interesse sein.
V. Vollständigkeit des Inventars. Vollständigkeit muß im allgemeinen ange-
strebt werden. Der Inventarisator hat zunächst zu fragen: Was ist das Objekt für
die Kunst, für die Kunstgeschichte, Archäologie oder Geschichte wert? Er soll
aber auch weiter fragen: Ist das Objekt für den Ort, für die Landschaft von Wert?
Gar viele Bauten und andere Objekte haben nur rein lokale Bedeutung, bisweilen
nur Wert als Staffage der Landschaft. Es gilt, beim Volke durch die Berücksichtigung
auch bescheidener Objekte die Wertschätzung des örtlichen Denkmälerbestandes zu
wecken, die Liebe zu den heimatlichen Denkmälern rege zu erhalten. Es gilt auch,
die typischen Landschaftsbilder der einzelnen Gegenden mit ihren uns lieb gewordenen,
anheimelnden, so trefflich der Umgebung angepaßten und mit ihr verwachsenen Bauten
durch kurze Würdigung und Betonung im Inventar zu schützen.
Vor allem bei den Baudenkmälern in öffentlichem Besitz ist Vollständigkeit
des Inventars notwendig. Ebenso bei den Burgen und Schlössern. Bei den bürger-
lichen Wohnhäusern und den Bauernhäusern ist wenigstens das Typische des Ortes
oder der Gegend ins Auge zu fassen.
Bei den beweglichen Denkmälern kann vielfach nur eine Auswahl getroffen
werden. Jedenfalls müssen aber Gegenstände von künstlerischem Werte, deren Er-
haltung geboten ist, inventarisiert werden. Im allgemeinen gilt der Grundsatz: Je
älter der Gegenstand ist, desto weniger darf seine Aufnahme der freien Wahl über-
lassen bleiben. Mittelalterliche kirchliche Geräte und Gewänder werden z. B. aus-
nahmslos aufzunehmen sein, kirchliche Geräte und liturgische Gewänder der Barock-
 
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