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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 36.1920-1921

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Kurth, Willy: Grosse Berliner Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14150#0321

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GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG

Wieder haben sich die feindlichen Brüder unter
dem heißen Glasdach der Ausstellungshallen
am Lehrter Bahnhof zusammengefunden. Nureiner
fehlt: die Berliner Secession, die Corinth-Gruppe.
Sie stellt noch im eignen Lokal am Kurfürsten-
damm aus und behilft sich mit dem kleinen Raum,
durch jene seltsame Mitgliederteilung, die hier
schon öfter erwähnt wurde. Dafür ist recht zahl-
reich die Freie Secession erschienen, der eigent-
liche Stammbaum der Berliner Secession. Sie ist
hauslos geworden, nachdem ihre Räume am Kur-
fürstendamm für Theaterzwecke hergerichtet
worden sind. Für sie ist diese Ausstellung mit
den anderen Gruppen die einzige Gelegenheit, sich
zu repräsentieren. Kann doch ihr Geschäftsführer
Möller in seinen Räumen in der Potsdamerstraße
nur Teile vorführen. Sie ist es auch, die in dieser
Glaspalastschau wenigstens in einigen Stücken ein
gewisses Geschmacksniveau erreicht und die
Malkultur ihres Ehrenpräsidenten Liebermann
versucht zu pflegen. Hier erscheint die einfache
Kunst Degners, jetzt in Königsberg Professor,
als der stärkste Wert. Die Beweglichkeit seiner
Nuancen wird durch große, oft herbe Gegensätze,
durch eine ökonomische Komposition glücklich

vor jeder epigonenhaften Geschmacklichkeit in
Schranken gehalten. Man spürt deutlich, daß er
einmal ein großes Kunsterlebnis gehabt, das seinem
ruhigen Naturerleben fördernd zugrunde liegt.
Darin liegt seine gute Tradition, sein Halt. Mit
diesem Rückgrat steht er einer ganzen Reihe von
Geschmackskünstlern wie Orlik, E. R.Weiß, Bondy
fest gegenüber. Besonders hat das frühe Talent
Bondys nicht gehalten, was es versprach. Er
bengalisiert seine Farbpalette mit blendenden
Tintentönen, während Orlik versucht, sie mit quell-
frischem Tuschwasser zu beleben, und E. R. Weiß,
sie in die müden Mitternachtsschleier kränklicher
Dekadenz einzuhüllen. Es ist merkwürdig wie nur
durch die Farbpalette sich das ganze Ringen in
der modernen Kunst auszuleben scheint. Auch
Meseks sympathische Kunst wählt bedächtig.

Die von Matisse kamen und so für ihre Eigen-
art ebenfalls ein bedeutendes Kunsterlebnis zu-
grunde legen konnten wie Purrmann, wachsen
erfreulicherweise immer stärker in eine festere
Haltung. Sein Damenporträt ist das beste Bild
der Ausstellung. Auch des Hamburger Ahlers-
Hestermann idyllische Kunst hat den starken Halt
einer Tradition im späten französischen Impres-

Die Kunst für Alte. XXXVI.

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