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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 59.1943-1944

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Schick-Abels, Elisabeth: Ostpreußische Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.16492#0093

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die Moore, die bescheidene, aber vielsprachige Wald-
und Dünenflora, -wandert über den schmalen Grat
eines Dünenzuges, wo reinstes Licht, weiß strahlen-
der Sand und unergründlich tiefes Blau des Himmels
alles ist, was das Auge erreicht. Oder er begegnet uns,
wenn die Abendsonne die phantastischen Wolkenge-
bilde über Aleer und Haff in einem dramatischen
Farbenspiel aufleuchten läßt. Dann ist der Einschnitt
des Horizonts über Meer und Haff von den Farben
verdeckt, so daß es scheint, als ob man durch eine
Glaskugel wandere. Erst nach geraumer Zeit bringt
eine Stunde der Gnade dem Maler in seinem Ber-
liner Atelier die Erinnerung, gewandelt und geklärt,
eine innere Bildschau, die mehr vom Zauber der
Landschaft vermittelt, als es ein noch so „natur-
naher"' Landschaftsausschnitt vermocht hätte,und diese
Innenschau erst führt ihm die darstellende Hand. —
Ein anderer Künstler erlebt jahraus, jahrein immer
wieder mit der gleichen frommen Vertiefung die
Blumen in den Fischergärten der Kurischen Neh-
rung. Immer wieder nimmt er ihre zarten Seelen mit
geduldiger Künstlerliebe an sein Herz, bis ihm ihr
Abbild gelingt.

Wenn ein Fremder, Rheinländer von Geburt, mehr
als ein Jahrzehnt lang sich in die Einsamkeit Masu-
rens zurückzieht, wenn diese Landschaft ihm abseits
der Anregung des kulturellen Lebens und der zivi-

lisatorischen Annehmlichkeiten ein unerschöpflicher
Quell bleibt, aus dem sein künstlerisches Schaffen sich
nährt, so ist der Schluß auf seinen seelischen Reich-
tum gewiß nicht verfehlt. Dieser Maler, Julius Frey-
muth, erfaßt die Landschaft sowohl im warmen Mit-
leben mit der masurischen Erde, wenn die sprossende
Saat sie deckt, wenn sie silbergrau heranreift oder
im strahlenden Erntegold dasteht, mit ihren dunk-
len Mooren und stumm beredten Wäldern, mit ihren
Menschen, die ihr Mühe und Arbeit weihen. Ein-
same, ärmliche Gehöfte verklärt er mit der Maje-
stät schützender Bäume und der Herrlichkeit des
strahlenden Lichts am klarblauen Himmelsgewölbe.
Oder er malt ein friedvolles See-Idyll, in dem ein
Fischer im Kahn sein mühsam ruhiges Tagewerk voll-
bringt, das Schilf mit seinem stillen Leben und der
gefurchte Acker, eine Hütte um das Wasser träumen,
umrahmt von der Hoheit dunkler Baumgruppen.
Ernst Schaumanns, des Ostpreußen, Ausgangspunkt
für die Malerei ist seine Liebe zur Atmosphäre, die
das Gegenständliche mit zarten, farbigen Schleiern um-
hüllt. Auch konnte man von ihm, dem Kriegsmaler an
der Ostfront, das wilde Geschehen des Krieges in groß-
formatigen Bildern sehen. Dort aber, wo ihm die
Heimat Licht und Luft in farbigen Schwingungen
zeigt, da ist auch seine künstlerische Heimat, da faßt
er die zartesten Übergänge und legt ihre Schönheit

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