Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

DOI Heft:
Heft 7/8
DOI Artikel:
Luthmer, Ferdinand: Kunstgewerbliches auf alten Bildern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0061

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
■h 57 H

Musikinstrumente, deren Darstellungen sich bei nmsizirenden Engelchören, Bildern der hl. Eäcilie rc.
recht häufig finden, würden sür uns kaum studirenswerth sein, wenn nicht manche kleine pausorgeln gute Motive
für unser modernstes Instrument, das Pianino, herleihen könnten. Ein sehr zierliches Beispiel zeigt ein nach
der Bitte des XVII. Jahrhunderts an seiner Innenfläche mit einem Gemälde geschmückter lilavierdeckel im Runst-
gewerbemuseum zu Berlin. Eine parse, die ein Engel aus einem Bilde Raffaelin del Garlo's im Berliner
Museum um den pals gehängt trägt, sei wegen ihrer ebenso schönen wie ungewöhnlichen Form noch besonders
erwähnt. — Bei den Metallarbeiten kann man solche in Bronze und in Bilder zusammenfassen, einmal weil
das erftere Material verhältnißmäßig schwach vertreten ist, dann aber, weil aus der überreichen Fülle silbernen
prachtgeräthes, welches alte Bilder uns erhalten haben, unsere Bronze-Industrie eine Menge Motive entlehnen
kann, die mit entsprechender Anpassung der Details direkt verwendbar find. Eigentliches Bronze- und Meffing-
geräth kommt nur gelegentlich, als Bchreibzeug, als Leuchter (namentlich als siebenarmiger Leuchter bei „Dar-
stellungen im Tempel"), auch als Mandarin oder Pängeampel vor. Eine hübsche Auswahl von häuslichem,
gutgezeichnetem Meffinggeräth enthält eine originelle Darstellung der Pochzeit von Rana von dem polländer
Ludger ten Ring iin Berliner Museum; die Hochzeit selbst ist episodisch als Hintergrund einer echt holländischen
Rüche des XVII. Jahrhunderts behandelt, in welcher allerhand paus- und Tafelgeräth außerordentlich gewissen-
haft dargestellt ist.

Beinahe unerschöpflich ist die Fundgrube für silbernes und goldenes Prachtgeräth, welche uns
allein in den Bildern mit der Anbetung der hl. drei Röntge erhalten ist. Die Darstellung der kostbaren Geschenke,
welche die Magier dem Jesuskinde darbringen, hat die Phantasie der alten Niederländer immer wieder angeregt
und zu neuen Erfindungen gereizt. Bor Allen! sind es die Gemälde von Jan Mabuse aus dessen früherer Zeit,
in der Bammlung zu Wörlitz bei Dessau und iin Museum von Basel, dann ein pans Bwart in München und
andere Meister der van Eyck'schen Bchule im Museum zu Röln, die nach dieser Richtung reiche Ausbeute ergeben.

Neben jenen Bilbergefäßen finden sich auch Erzeugnisse der Töpferei und Glasbläserei auf diesen
Anbetungsbildern. Ja, die Renntniß der ältesten, über Holland eingedrungenen chinesischen porzellanformen
würde uns ganz fehlen, wenn nicht die Magier ab und zu den: Jesuskinde diese für damalige Begriffe seltensten
und kostbarsten Gefäße überreichten. Auch die Blumenvasen, in welchen aus den Darstellungen der Verkündigung
neben der Jungfrau das Symbol der jungfräulichen Reinheit, die Lilie, zu stehen pflegt, zeigen oft sehr schöne
und lehrreiche Beispiele alter Majolika. Ucbrigens sind auch für diesen Runstzweig die Originale in den Museen
noch so häufig, daß man hier aus die Ausbeutung der Bilder verzichten könnte.

Glas in schönen, brauchbaren Formen kommt noch auf den Mirthshausszenen der späteren Niederländer
vor. Auch Rembrandt hat sich auf dein bekannten Bilde, welches ihn mit seiner Saskia darstellt, ein schönes
Stengelglas in die pand gegeben, welches, von einen: schlesischen Fabrikanten ziemlich treu kopirt, jetzt in
Berliner Handlungen käuflich ist.

Bei den Textilarbeiten sehen wir uns wieder ganz auf die Geniälde angewiesen, weil diese in der That
in der Fülle und der sorgfältigen Darstellung von Prachtstoffen uns dafür schadlos halten können, daß unsere
Sammlungen so wenig dieses vergänglichen Materials, namentlich aus früherer Zeit, enthalten. Auch hat man
hier am ersten angefangen, die Schätze zu heben. Zuerst war es der leider zu früh verstorbene perdtle, der die
besten Originale seines vortrefflichen „Flachmusterwerkes" von Gemälden und bemalten Skulpturen entnahm.
Vollständig erschöpfend aber hat Jul. Lessing wenigstens all' das Material, was an orientalischen Teppichen auf
den Bildern des XVI. Jahrhunderts erhalten war, in seinem inusterhaft ausgestatteten „Teppichwerk" gesaminelt;
eine Publikation, auf die wir stolz sein können. Ich darf sie als bekannt genug voraussetzen, um nicht näher
darauf einzugehen; nur sei verstattet, daraus hinzuweisen, daß die Darstellung desselben altorientalischen Teppichs
sich oft auf mehreren, lokal weit von einander entfernten Gemälden findet, die sich somit gegenseitig ergänzt
haben, und daß gar das Berliner Runstgewerbemuseum im Besitz eines solchen ist, den es mit aller Deutlichkeit
aus einem Bilde darstellt. Es wäre übrigens falsch zu glauben, daß man nach diesem in einer speziellen
Richtung erschöpfenden Merke des weiteren Forschens nach Textillnustern auf den alten Gemälden überhoben
wäre. Eine Menge solcher, unserm modernen Geschmack, auch für die Tapetenfabrikation, höchst zusagender
Flachmuster findet sich noch in allen Bildersammlungen verstreut; ich will hier nur die oben erwähnten Madrider
Teppiche und einige Gemälde der Dürer'schen Schule iin Berliner Museum besonders namhaft machen. Völlig
unberührt ist auch der Schatz von Spitzen, welchen portraits des XVII. Jahrhunderts meist in pedantisch
treuer Wiedergabe der Originale zeigen.

Mir sind damit zu dem gelangt, was der Mensch zu Rleidung und Schmuck an sich trägt; auf den:
Gebiet der Rostümkünde hat n:an schon längst den alten Gemälden die Bedeutung eingeräumt, die ich den-
selben für die übrigen Gebiete des Runstgewerbes gerne erobern möchte, wunderbarer weise hat n:an bei diesen
Rostümstudien Eins, ich will nicht sagen übersehen, aber für unser modernes Runstgewerbe sicher nicht in aus-
reichenden: Maße ausgebeutet: den Schmuck von Gold, Perlen und Edelgestein, der früher in weit reicherer,
farbenfroherer Meise als heute zur festlichen Rleidung von Männern und Frauen gehörte. Und wenn sich der


8
 
Annotationen