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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 7/8
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Pecht, Friedrich: Ueber die Wiederaufnahme des deutschen Renaissancestiles
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0053

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Nr. 7 &- 8. München. 1879.

Heber Me Wiederaufnahme des deutschen Renainaneestiles.

von Lr. pecht.

cm zwei gleich bedeutenden Seiten ist neuerdings die Zweckmäßigkeit jener Wiederaufnahme der
deutschen Renaissanceformen durch unsere Münchener Kunst und Kunstgewerbe in Zweifel
gezogen worden. Es geschah das sowohl von dem feinsinnigen Forscher Zacob v. Falke, der
dein Eklektizisrnus, der gelegentlichen Verwendung aller möglichen Stilformen im Kunstgewerbe
das Wort redet, als von A. Reichensperger, dem bekannten geistreichen Verfechter des
gothischen Stiles. *)

Beide Herren haben wunderlicherweise übersehen, daß dieses übrigens vollkommen naive Vorgehen nichts
weniger als eine willkürliche Laune einzelner Künstler, sondsrn im Gegentheil nur ein einzelnes Symptom einer
ganz allgemeinen, alle Nationen, die eine Kunstgeschichte haben, umfassenden Bewegung ist, ja daß es mit
den: gesammten Gange unserer modernen Kultur auf's genaueste zusamnienhängt. Vaben wir doch auf der letzten
pariser Ausstellung, die allein eine annähernde Möglichkeit zu vergleichenden Studien gab, mit Erstaunen wahr-
genommen , daß die meisten europäischen Völker ohne Verabredung, ohne theoretische Motivirung, sondern in
gemeinsamem dunklein Drange auf ihre nationalen Stilformen zurückgegriffen haben in ihrer architektonischen
wie kunstgewerblichen Produktion, daß sie überdies, nur so weit sie dies thaten, wahrhaft Lebendiges und Or-
ganisches erzeugt. Ein so unbestreitbares Faktum wäre allein schon geeignet, uns zu zeigen, daß, wenn in
Deutschland Aehnliches geschah, ohne daß die Künstler, welche diesen: unbewußten Triebe folgten, irgend eine
Ahnung davon haben konnten, wie auch anderwärts dasselbe vor sich gehe, sie also einer Art Naturgesetz ge-
horchten. Es war genau so, wie zu Ende des fünfzehnten und im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts auf
einmal die meisten Völker nach einander die Gothik verlassen und zur Wiederaufnahme der griechisch-römischen

’) Die Renaissance im heutigen Uunstgewerbe von Ang. Reichensxerger, Aachen ^79.

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