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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

DOI Heft:
Heft 11/12
DOI Artikel:
Friedrich, Carl: Die Technik der Goldgläser
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Ranke, Johannes: Anfänge der Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0090

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geschehen können, wenn eine Glasschichte darüber gewesen wäre. Folglich haben wir in den: Funde von Neuß
eine Probe der von Tennini in: \5. Jahrhundert beschriebenen Technik, nur daß die Farben, die wohl aus Glas-
schnielz bestanden, werden eingebrannt gewesen sein; noch mehr, sie zeigen auch, in welcher weise derlei Glas-
platten zur Zier der Reliquien verwendet wurden, indem sie die Seitenwände und den Deckel eines Kistchens ge-
bildet haben. Tin Kistchen aber zur Verehrung der Reliquien nennt man Reliquiarium, so daß also unsere eben
citirte Vermuthung eine feste und durch Thatsachen gesicherte Begründung erhält.

Diese Glastafeln aber mit ihrer Goldmalerei gehören nicht mehr zu den eigentlichen Goldgläsern, wie
sich aus den im Verlause der Erörterung ausgezeigten Unterschieden leicht ersehen läßt. Sie stammen auch schon
aus der fränkischen Zeit, also aus einer Periode, in der man wenigstens in: Abendlande, die Technik der ächten
Goldgläser, die sich besonders in: Ueberziehen der Darstellung n:it einer zweiten Glasschichte manifestirte, bereits
vergessen hatte Sie lebte erst wieder in böhmischen Glasproducten des 17. und \8. Jahrhunderts aus, allerdings
in etwas anderer, weniger künstlerischer Manier, während nämlich bei den alten Goldgläsern die Darstellungen
auf den Boden beschränkt blieben und nur bei sehr flachen Schalen, Schüsseln und Tellern den ganzen Umfang
einnahmen, dabei aber stets nach dem Innern der Gefäße sahen, überwucherte das Gold der böhmischen Objekte
das ganze Glas in unangenehmer weise; außerden: waren die Darstellungen, meist bloß Ornamente, berechnet,
von außen gesehen zu werden. Ts ist klar, daß die Wirkung der alten eine wohlthuendere ist und daß man
durch Wiederbelebung dieses Glaszweiges treffliche Sachen erzeugen könnte, zumal wenn man zur Draperie, für
Wappen u. s. w. den richtigen Gebrauch von Schmelzfarben damit verbände.


(Schluß., 2lttfcUt$C ber liltttft. von prof. vr. Ioh. Ranke.

ZT Töpfe und Geschirre, welche wir in den ältesten, menschliche Kulturreste führenden Schichten
der pöhle finden, sind zun: Theil roh, schwer, zweifelsohne nicht mit Verwendung der Drehscheibe
gemacht. Dann finden wir andere in Fonnung und Behandlung des Thons viel vollkommenere
Gefäße, welche zum Theil an gräko-italische Formen anklingen. An letzteren finden wir häufig
Ornamentirung n:it einen: spitzen Instrument in die plastische Masse eingeritzt oder mit einem
anderen ausgestochen oder eingedrückt.

Betrachten wir uns zunächst die Ornamente der ältesten Töpfereigegenstände, welche aus der Zusammen-
stellung gerader Linien entstehen, wir sehen da enger oder weiter gestellte Parallellinien über den Gefäßbauch
senkrecht nach abwärts oder denselben (seltener) horizontal umkreisend hinlaufen. Dann finden wir diese beiden
Liniensysteme miteinander combinirt entweder in der Art, daß das senkrecht nach abwärts laufende Liniensystem
von porizontallinien ebenfalls unter einander parallel, aber in ziemlich weitem Abstand senkrecht durchschnitten
wird, haben wir hierin schon den einfachen Typus eines Flechtwerks ausgesprochen, so erscheint derselbe
noch deutlicher und origineller, wenn die beiden Liniensysteme des Ornaments sich schiefwinklig durchkreuzen.
Dieses uralte, sich stets wiederholende Ornament der Geschirre umflicht gleichsan: das zerbrechliche Gefäß mit
einer idealen schützenden, textiler Kunst entstanunenden pülle, welche ihn: für den Anblick eine gewisse gesteigerte
Festigkeit ertheilen, ähnlich wie jenes einfache Bandornament auf der in der Thayinger pöhle gefundenen, aus
Rennthierhorn geschnitzten Parpunenspitze, wo die gebrechlich erscheinenden widerhacken durch das Ornament an
den Schaft der Spitze festgebunden scheinen. Aber dieser Zusannnenhang des Ornaments n:it dem durch dasselbe
geschmückten Gegenstände ist in beiden Fällen zunächst kein aus einem Schönheitsbedürfniß hervorgehender idealer.

Für die Keramik beweisen das gerade jene rohesten Scherben und Trümmer, welche frühere Forscher
wohl oft als werthlos bei Seite zu werfen pflegten.

Sehr häufig zeigt sich die äußere Oberfläche dieser alten Scherben nicht glatt und ich konnte aus diesen
Eindrücken mit aller Sicherheit die alte Fabrikationsweise der Geschirre Nachweisen. Ich finde, daß sie in der
Meise hergestellt wurden, daß ein, n:eist aus Gras oder Binsen dicht geflochtenes Geschirrmodell innen mit
plastischem Thon ausgekleidet und die innere Fläche des so hergestellten Gefäßes dann geglättet wurde. Das Geschirr
trocknete in dieser Flechthülle und behielt nach dem leichten Brennen, welches in: offenen Rauchfeuer geschah,
nicht nur im Allgemeinen die Form des Flechtmodells bei, sondern zeigte nun auch, nachden: seine leichte hülle
zur Asche verwandelt war, auf der Außenseite den Abdruck des Geflechts, feiner, wenn n:an Gras dazu verwendet
hatte, gröber und breiter, wenn das Topfmodell aus Binsen oder Schilf oder, was für einige von mir unter-
 
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