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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 5/6
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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [14]
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0049

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Eigentlich hätten wir für das Jubiläum die Ausführung verschieben sollen; denn 1889 find es neun
Jahrhunderte feit der zweiten Gründung des Klosters Tegernsee und l 899 feit der Erfindung der Glasmalerei:
aber wer steht einem Menschen gut, ob er noch zehn, geschweige zwanzig Jahre lebt? Das Gras wird aus
meinen Kinnbacken sprossen, bis dies Jahrhundert zu Ende neigt. Ich hatte mir zur eigenen Genugthuung
als Landsmann vorgesetzt, Anfang und Verlaus der wichtigen kunstgeschichtlichen Entdeckung zu besprechen und
in dem ersten deutschen Kunstgewerbeverein zu München vor einem so gewählten, mir in technischen Kenntnissen
so mannigfach überlegenen pärerkreise auseinander zu setzen. Es galt dabei, außer meinen wenigen Vorlagen
Proben der anfänglichen Tegernfeerkunst, wie der Renaissance und doppelt erneuten Münchener Glasmalerei
unter Beleuchtung vor Augen zu führen. Kaum aber konnte ich dem Gedanken Ausdruck geben, wie gut es
dem Eentralverein in unserem Altbayern anstehe, den Erfindern persönlich eine Reihe Glasgemälde zum Denkmal
zu setzen, als der Antrag, wie in der Hauptstadt, auch freudigen Widerhall in den Bergen gefunden; poch und
Nieder läßt es sich nicht nehmen, zur Ausführung zu schreiten. Die Verbreitung dieser Schrift soll nicht nur
den Impuls erhalten, sondern einen namhaften Beitrag zu den Kosten liefern.

Gebürtig halbwegs zwischen Tegernsee und Benediktbeuern, den Klöstern der Erfindung und Erneuerung
der Glasmalerkunst, war ich mehr als ein Anderer aufmerksam und fühle mich auch berufen, diese früher nicht
entfernt angetastete Ehre der pcimath gegen die neueste französische Prätension zu wahren. Die längst wieder
cingegangene Glashütte unseres Utzschneider habe ich schon als Knabe besucht, bevor ich dein optischen Institute
von Merz und Inspektor Ainmüller nahe trat. Ohne den (Iuarzsand bei Nantesbuch wäre die Anlage der
Glashütte zu Benediktbeuern und Afchau nicht erfolgt; eben solcher findet sich an der Weissach. Ein Kamerad
von der deutschen Schulbank, Anton Sonner aus Tölz, hat an den illustren Glasgemälden, dem kostbaren
Geschenk König Ludwig's I. zum Kölner Dorn, mitgemalt.*) Ich selbst habe durch einen Aufruf zu Ehren meines
Lehrers die Stiftung des Görresfensters dahin veranlaßt, die erste Anregung noch während des Frankfurter Parla-
ments hat alsbald mehr als die nöthigen ^500 Gulden eingebracht. Ebenso liegt mir jetzt die Gründung der
Gcdächtnißfenster für Tegernsee anr Perzen: sie sollen eine Zierde für das Gotteshaus und ein gerechter Stolz
für die Gegend werden; kein Fremder wird sie unbesehen lassen. Wie viele wackere Glasmaler nenne ich Freunde,
aber mit besonderem Selbstgefühl den Direktor der gegenwärtigen kgl. Pof-Glasmalereianstalt, Meister Zettlcr,
der diese vier Fenster auszusühren unternimmt und welcher mutterhalb ebenfalls meinem peimathorte entstammt.
Es ist, als ob der Segen der Glasmalerei auf der Gegend ruhe, und Niemand soll die ursprüngliche Uebung
uns abstreiten. Wenigstens möchte ich bei der Knbill der Jetztzeit nicht in Vergessenheit kommen lassen, was
früher das bayerische pochland zu Ehren der Kirche, des Thrones und Volkes geleistet.

*) Da ist der Bürgermeisterssohn von Wolfratshausen, Felix Bockhorni, als Porzellanmaler in der kgl. Anstalt thätig,
der Enkel aber entsendet als Glasmaler seine Kirchenfenster nach Nancy.



Unsere kunstgewerblichen Musterblatter.

Tafel ;z: Zchmuckkästchen, entworfen von Franz Drochier.
Das Kästchen ist in Ebenholz mit Einlagen aus gelblich gebeiz-
tem Elfenbein auszuführen. Die ganze Vorderseite bis unter
das Kranzgesims, mit einziger Ausnahme der beiden Eckpilaster,
ist beim Geffnen des Kästchens aufzuklappen.

Tafel h: pianino von R. Zeitz und G. 8eidl (Entwurf
von G. 8eidl.) Aus der Idee, daß jedes vielfältige Instrument
durch die verschiedenen Längen der Saiten eine geschweifte hauxt-
form erhalten inuß und daß dieje, zum künstlerischen Ausdruck
gebracht, den wahren Lharakter des Instrumentes am besten
versinnlicht, entstand die Form des auf Tafel abgebildsten
Pianinos. Letzteres ist nach vorn offen und nur zum Schutze
gegen Staub mit Seide bespannt, so daß der volle Ton hervor-
dringeu kann, ohne daß der Deckel geöffnet werden muß. In
Folge der veränderten hauxtform entstand auch eine neue Kon-
struktion des Instrumentes selbst, welche durch Herrn Lhrct
ausgeführt wurde.

Tafel ,5: Mchenkasten, Zchiiffelrahmen, Bierseidel, Ge-
schirr, Bandtuch und Ztulst, von R. Zeitz und G. Zeidl. Diese
zu einer Kücheneinrichtung gehörigen Gegenstände sind in dem-
selben Sinne entworfen und ausgeführt, wie die auf Tafel 8
des vorigen Heftes mitgetheilten. Es handelt sich bei dem ganzen'
Unternehmen um die Beschaffung einfacher, dem täglichen Ge-
brauch dienender Einrichtungsgegenstände, welche durch ihre
künstlerische Forin den Räumen, für die sie bestimmt sind, ein
stimmungsvolles Aussehen verleihen sollen.

Tafel >6: Initialen, entworfen von Mar Liendl. Diese
Tafel bietet in einer Zeit, in welcher der Geschmack am Ini-
tialenschmuck wieder im wachsen begriffen ist, eine Reihe gut
verwendbarer Buchstabenverzierungen.

Tafel ;? und Tafel ;8: Details zu Tafel ;o des vorigen
Heftes. Ueber den Gfen, zu welchem diese Pilasterstreifen mit
ihren einer reichen Phantasie entstammenden Verzierungen ge-
hören, sind im vorigen hefte einige Notizen enthalten.
 
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