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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 11/12
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Vermischte Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0100

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historische, mit Kraft und Bewußtsein verfolgte Idee kundgibt,
wir sind überzeugt, daß sich schon dieser oder jener unter unseren
jüngeren Kollegen befähigt zeigen würde, einer solchen Idee, wo
sie sich wirklich Bahn bräche, das geeignete architektonische Kleid
zu verleihen. Bis es dahin kommt, muß inan sich, so gut es
gehen will, in das Alte hineinschicken."

Mit diesen Worten schloß Gottfried Temper vor zehn
Jahren einen im Züricher Rathhaus gehaltenen Vortrag „über
Baustile". Die Jünglinge von damals sind Männer geworden,
aber leider ist es noch nicht dahin gekonimen, wohin der auf so
hoher Bildungsstufe stehende Meister seinen Blick richtete. Bis
es dahin kommt, darf natürlich nicht gerastet werden. Auf dem
Gebiete der Bauthätigkeit und der damit eng verbundenen kunst-
gewerblichen Thätigkeit kann ebensowenig eine Zeit der voll-
kommenen Brache eintreten, wie auf dem Gebiete der Literatur,
für welche Gervinus in vollem Ernste eine solche Brache vor-
geschlage» hatte. Aber die einfache Fortsetzung jener Thätig-
keiten ist durchaus nicht genügend. Es mußte auf irgend eine
weise dem bloßen Chaos ein Ende gemacht werden. Den, Vor-
gefundenen Ungeschmack arbeitete man seit einigen Jahrzehnten
entgegen, bis man dazu kam, ganz bestimmte Geschmacksricht-
ungen in dem Publikum Hervorrufen zu wolle». Auf dem Ge-
biete des Kunstgewerbes sind es hauptsächlich zwei Richtungen,
welche sich den größten Einfluß unter den Deutschen streitig
machen. Die eine macht von Wien, die andere von München
aus Propaganda. Zu den eifrigsten Vorkämpfern jener Mün-
chener Richtung, welche die deutsche Renaissance auf ihr Banner
geschrieben hat, gehört Vr. Georg kjirth. Durch seine neueste
Publikation: „Das deutsche Zimmer der Renaissance", sucht er
die deutsche Familie für die Pflege eines nationalen Stiles zu
gewinnen. An Mitteln zur lebendigen Veranschaulichung dessen,
wofür die deutsche Familie gewonnen werden soll, fehlt es nicht
in diesem Merk, da es über 200 Abbildungen enthalten soll.
Die zahlreichen Ansichten ganzer Zimmer aus alter und aus
neuester Zeit, bald mit reicher, bald mit einfacher, aber immer
mit charakteristischer Ausstattung, geben dem Beschauer eine
förmliche Anleitung zur Herstellung stimmungsvoller und wohl-
thätig anheimelnder Räume. Dazwischen enthält das Werk
sehr viele Abbildungen einzelner Ausstattungsgegenstände.

Run noch ein Wort über den Text, soweit er in den zwei
erschienenen Lieferungen vorliegt. Die Lebhaftigkeit der Freude
an der Sache, für welche er auf dem Kampfplatz erscheint, hat
dem Verfasser in der Einleitung und in den Abschnitten: „Der
Geist der Renaissance" und „Deutsche Renaissance und nationaler
Stil", die Feder geführt. In diesen Abschnitten sucht er den
Leser über das, was unter Renaissance überhaupt und insbeson-
dere unter deutscher Renaissance verstanden wird, aufzuklären
und für die letztere zu begeistern, da sie als Erzeugniß und
Ausdruck unserer nationalen Eigenart auch unser Gemüth am
meisten anheimeln und erwärmen müsse. Derselbe Sinn für na-
tionales Gepräge spricht sich in einem weiteren, sehr instruktiven
Abschnitt, welcher „Die Farbe" betitelt ist, aus. So wird der
Beschauer der Abbildungen durch den Text unterstützt. Das
„Deutsche Ziinmer" wird sicher zu den Werken gezählt werden
müssen, welche für die Bildung des Geschmackes reiche Früchte
tragen werden. £.

König Ludwig's Preisstiftung. Die wiederholt aus-
geschriebene Preisaufgabe einer Salonlampe wurde im Vorjahre
nur gelöst im Modell. Es wird deshalb für das Jahr (87y
bis (880 eine Salonlampe zum Stehen (für Petroleum), deren
Gesammthöhe 60—7v Cent, betragen soll, von Neuem zur Preis-
bewerbung ausgeschrieben. Die Lampe ist im wesentlichen aus
Metall herznstellen, kann jedoch mit anderen Stoffen ausgeschmückt

werden und kommt außer der schönen und zweckmäßigen Form
auch die vortheilhafte Brenneranordnung und die technische Aus-
führung bei der Beurtheilung in Betracht. Ausgesetzt ist der
Preis von: 300 Mark. — Für die Aufgabe aus dem Vorjahre,
Rahmen für ein Bild oder einen Spiegel, sind noch die Lösungen
rückständig und werden von neuem zwei Preise ausgesetzt, näm-
lich: 300 Mark für einen ausgeführten Rahmen, 200 Mark für
das Modell oder den Entwurf eines solchen, wobei im letzteren
Falle auch die Zeichnungen der Einzeltheile in natürlicher Größe
beizufügen sind. — Als neue Aufgabe für das Jahr (87g—(880
werden ein Damenschreibtisch oder ein Damenschreibschrank mit
Stuhl aufgestellt. Ausgesetzt sind auch hier zwei Preise, nämlich:
300 Mark für den ausgeführten Schreibtisch sammt Stuhl,
200 Mark für den gezeichneten Entwurf in geometrischer Ansicht
(Maßstab n. G.) einer perspektivischen Skizze und den Aus-
führungszeichnungen in Naturgröße. — Die Arbeiten sind bis
zum 28. Juli (880 an das Bayerische Gewerbemuseum in Nürn-
berg abzuliefern und werden vom (. August bis zum (. Sep-
tember (880 in der „permanenten Ausstellung" ausgestellt. Die
Preisvertheilung erfolgt am 25. August (880 zum Geburts- und
Namenstag S. M. des Königs. Die Arbeiten bleiben Eigenthum
der Verfertiger, doch sind die Verkaufspreise derselben anzugeben
und bleibt dem Bayerischen Gewerbemusemn das Recht Vor-
behalten, eine oder einige derselben zu kaufen. Berechtigt zur
Preisbewerbung sind nur solche Arbeiten, welche von Angehörigen
des Königreiches Bayern in ihren wesentlichen Theilen angefertigt
sind. Jeder Bewerber hat ein Motto zur Bezeichnung seiner
Arbeit zu wählen, der Name ist in einem versiegelten Umschlag,
welcher das Motto als Aufschrift trägt, beiznlegen. Die Um-
schläge werden erst nach der preiszuerkennung geöffnet, vom
2. September ab werden die Arbeiten an die Einsender frei
zurückgesendet. Nürnberg, 20. Dktober (87st. Der Direktor
des Bayerischen Gewerbemuseums: Stegmann.

Weltausstellung oder Kunstgewerbeausstellung in
Berlin? Das Projekt einer Berliner Weltausstellung, welches
vom Präsidium des deutschen Handelstages auf die Tagesord-
nung der öffentlichen Debatte gesetzt worden war, darf nach der
Stellung, welche die Regierung und die Drgane der öffentlichen
Meinung dazu eingenommen haben, zunächst als beseitigt gelten.
Die Reichsregierung glaubt die Zeit für eine in Deutschland zu
veranstaltende Weltausstellung noch nicht gekommen und inter-
effirt sich vielmehr für eine deutsch-österreichische Kunstgewerbe-
Ausstellung, zu deren Veranstaltung jedoch ebenfalls weitere
Schritte erst abzuwarten sein werden. Die Tagesprefse hat sich
größtentheils gegen das Projekt einer Berliner Weltausstellung
für die nächsten Jahre ausgesprochen, wobei nicht blos der
Zweifel an dem Bedürfniß und der Rentabilität eines solchen
Unternehmens im Allgemeinen wie speziell für deutsche Ver-
hältnisse, sondern auch der Hinblick auf die Handels- und Zoll-
politik des Reichs eine Rolle spielen. Auch diejenigen Grgane,
welche das Projekt am wenigsten ungünstig beurthcilen, sind für
eine abwartende Haltung; eine Stimmung zu Gunsten des Pro-
jekts ist in weiteren Kreisen entschieden nicht hervorgetreten. (A. Z.)

Weltausstellung in Jidney. Nach verschiedenen Be-
richten scheinen die deutschen Aussteller in Sidney Glück zu
machen. Das reiche Kolonialland kann auch für das deutsche
Knnstgewerbe ein bedeutender Markt werden. Nach den er-
munternden Erfolgen in Sidney machen viele deutjche Firmen
größere Anstrengungen für die Weltausstellung in Melbourne.

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Mn Jahrgang 1880 wird die Lahl der Lrunftbeilagen vergrößert werden, worauf wir die geehrten
Mitglieder des bäuerische» Liunstgcwerbcbereins aufmcrlrsam machen.

®gST~ Beiliegend Kitel und Inhaltsverzeichnis; zum Jahrgang 1879.

verautw. Redakt.: vr. S. Lichtenstein. — Verlag von G. hirth in Leipzig & München. — Druck von Knorr & hirth in München.
 
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