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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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Heilbut, Emil: Wilhelm Trübner
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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0029

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Mensch spricht sich hier wahllos aus. Eine
Unzulänglichkeit der Kraft wird hauptsäch-
lich bei der konventionellen Liebesscene „Adel-
heid und Franz" gespürt: bei diesem Bilde ist
von Trübner wirklich kaum ein Vorzug ge-
blieben. Im ganzen weisen aber seine Figuren-
bilder aus dieser Epoche Eigenschaften auf
oder Trübner giebt ihnen solche, die mit den
Regeln kollidieren, welche er in seinen beiden
Schriften aussprach. In seinen Broschüren
spottet er z. B. über die Maler, welche durch
einen geistreichen Titel dem für Fernerstehende
unbedeutenden Inhalt ihrer Bilder zu Hilfe
kommen wollen — und er nennt in einer
bizarren Laune eines seiner Bilder „Sein oder
Nichtsein" und zwei Hundebilder „Caesar am
Rubikon" und „Caesar, Morituri te salu-
tant". Er spricht vom Poetischen und Mimi-
schen in seinen Broschüren: — „die Wirkung
der Schauspielkunst", sagt er, „mit Hilfe der
Malerei hervorzubringen wird kein Künstler
anstreben wollen, der seine Kunst als eine
souveräne betrachtet wissen will" — ausser-
dem könnten's Schauspielerinnen besser —
und er malt in dieser Zeit Lady Macbeth und
Franz und Adelheid. Er bestreitet, das ist
der Hauptgedanke in seinen Broschüren, den
monumentalen Bildern ihren Anspruch auf die
erste Stelle, er sagt, es wäre den guten Malern
viel eher möglich, rein künstlerisch zu malen,
wenn sie sich „unbedeutende" als wenn sie
sich „bedeutende" Motive wählten — und
er selbst malt gerade in dieser Epoche den
Prometheus, von einer uns wahrhaft ab-
schreckenden Leere, die Amazonenschlacht,
den Kampf der Lapithen und Centauren und
einen Gesang aus Dantes Hölle. Bis zu
plastischen Versuchen selbst, obwohl er durch-
aus nur mit seiner • .krischen Begabung
rechnen kann, erwe e er das Gebiet seiner
Bemühungen mit .n ungeheuerlichen Ent-
wurf zu einer. aiserdenkmal. Es ist als
wollte er trotz üer Anhängerschaft für eine
enggefasste Aesthetik sich eine Ausnahme-
stellung in der Kunst gewähren, harmlos, um
sich zu vergnügen, um sich auszuleben. Und
in seinen Broschüren wird er sowohl einigen
seiner Arbeiten nicht gerecht, wie er auf der

andern Seite in seinen Broschüren mehr Recht
hat als in einem Teil seine Werke.

Lieber von den Werken, denen er in seinen
Broschüren nicht gerecht wird, wollen wir
reden als von den andern — von denen wir
schon zu viel sprachen —, die missglückt sind.
Trübners schöne Bilder unterscheiden sich von
den Forderungen, die er in seinen Broschüren
aufstellt, in dem folgenden Punkte.

Nach Trübners geistvollen Broschüren ist
die Malerei nur etwas im schönsten Sinne Aka-
demisches (wenn man sich so ausdrücken
dürfte). Es genügt nach seinen Broschüren
für die Malerei, vollkommen zu sein. Was
ist Vollkommenheit der Malerei, fragt Trüb-
ner? Qualität der Farbe, antwortet er. (Er
bekennt sich als Nicht-Impressionisten; dem
Impressionisten ist der Eindruck der Natur
das Wesentlichste — ihm, Trübner, dass „das
Kolorit auf die höchste Stufe erhoben wird").
Nur auf die Qualität der Farbe kommt es
ihm an, und man bemerkt wohl, in seinen
Theorien, wie er aus dem Umkreise Leibls
gekommen ist, oder wie er, richtiger ausge-
drückt, eben deshalb eng mit ihm befreundet
werden musste, weil er die gleichen Theorien
hatte. Dennoch hat Trübner mehr in der Theorie
als in seiner Ausübung mit Leibl Gemein-
sames. Manches Bild Trübners ist nichts
anderes als eine sehr gute Malerei, doch bei
einigen vergisst man, an Malerei zu denken
(bei Leibl eigentlich niemals). Trübner macht
dann ein Bild aus seiner Malerei, wenn ei-
sernen besonders gutgestimmten Tag hat, Leibl
bleibt immer mehr Einzelmaler. Leibl setzt
seine Bilder zusammen. Nehmen wir die besten
Bilder Leibls (von einer Maestria und Schön-
heit der Malerei, des Tons, manchmal selbst
der Gruppierung, an die Trübner nicht heran-
reicht): sie sind doch zusammengesetzt, und
Trübners Bilder manchmal einheitlich und
drücken ein Leben aus. Leibl hat beinahe
niemals Bilder gemalt, er hat oft nur im
höchsten Sinne Studien von vor ihm sitzenden
Personen gemacht. Trübner kann über Leibl
hinausgehen wie ein Gefecht etwas anderes
ist als das selbst besser geleitete Manöver.
Trübners beste Bilder erfüllen das eigentliche

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