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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0086

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ohne Nerven; und rrorz seines Alters von 8 7 Jahren
spreche er von der Mission, welche er an der
deutschen Kunst noch zu erfüllen habe und be-
klage die Zeit -'er, der Fleissige -, die er mit
Getrödel verlöre. Veth sagt, als er zu ihm in seine
grosse Werkstatt kam, die einsam über die Woh-
nungen der Menschen hinschaut, da sei es ihm ge-
wesen, als beträte er das Reich eines Gnomen-
königs. Menzels Fingerfertigkeit erinnere ihn an
Alchy misterei und demHerzensleben der Menschen
stände Menzel fast feindlich gegenüber. Seine
Augen seien scharfe Optikerspiegel, er zeichne
nicht aus Liebe zu dem, was er zeichne und die
Welt fasse er wie eine Vorratskammer von Motiven
auf. Könne man aber Schöpfungen, die voller
atmen und heroischer sind, wünschen, so liege
Menzels Wert in der „krassen" Art, wie er seine
Konzeptionen zu verfleischlichen wisse, es gäbe
Künstler von höheren Idealen, indessen keine, die
ihr Wort so treu gehalten hätten; und so lange
Zeichnen Zeichnen, Redlichkeit Redlichkeit und
KraftKraft bleibe (sagtVeth in einer unbewussten
Nachbildung nach einem Goetheschen Ausspruch
über Sakuntala), werde Menzel, wohin ihn auch
die Geschichte stellen möge, mit ehrfurchtsvoller
Bewunderung betrachtet werden; mit einem so
ehrwürdigen Gepäck wie dem seinen richte man
„sichern Kurs nach der Unsterblichkeit." — Ein
schöner Aufsatz von Andre Jolles behandelt in
derselben Nummer die Verdienste seines Lands-
manns Veth.

Die Kunjl für Alle hat einen Beitrag von Paul
Clemen über Barrholome, dessen Monument aux
Morts in ausserordentlicher Weise die Mehrzahl
seiner Schöpfungen überragt, ein Denkmal des
^-odes, das besonders dem Beschauer unvergesslich
wird, der vor dem Originale selbst einmal, im
Frieden eines Sommermorgens, auf dem schönen
Friedhofe Pere-Lachaise gestanden hat. — Louis
Corinth wird von Hans Rosenhagen geschildert. Der
Aufsatz legtNachdruckauf die vielen Wandlungen,
die trotz verhältnismässiger Jugend der Künstler
in seinem Schaffen durchgemacht hat. Unter den
Abbildungen berührt das Bild „Trifolium" in uns
eine Saite. Wir denken zurück, in Beziehung zu
welchem Maler das Bild wohl gesetzt werden
könnte und stossen auf LöfFtz; allerdings kennen
wir das Original des Bildes nicht. - In der Deutschen
Kunfl und Dekoration werden „magyarische Kultur-
und Kunst-Perspekiven" enthüllt.

In der neuen ungarischen Zeitschrift Müveszet
feilt iM-itzvonUhdeErinnerungen an Munkaczy mir,
dem er während seines Aufenthalts in Paris nahe
*ra"d- Munkac/y war es, der ihm den schweren
achritt vom Dilettantismus zum Maler erleichterte.
Anschaulich schildert Uhde Munkaczys Arbeits-
weise am Christus vor Pilatus, den er'gerade an-
kng, als Ulule in Paris war. Munkac/y war so bei

der Sache, dass er schliesslich mit den Händen die
Farben auftrug, im Feuer der Arbeit sich nicht
die Zeit nehmend, sie mit dem Pinsel aufzu-
tragen.

In der wiener Zeit erzählt ein Unbekannter,
wie Geröme bei der letzten pariser Weltausstellung
als Vorsitzender der internationalen Jury sich bei
seinen Kollegen wegen der ausgezeichnetsten Clau-
de Monets, Berthe Morizots, Pissarros, Renoirs,
Dega's entschuldigte und zu den Herren sagte, er
schäme sich für sein Vaterland, das sich so weit
verirrt habe, um solches Zeug auszustellen.

Das Studio bringt einen Aufsatz über John
Lavery. — Das Magazine of Art bespricht den ber-
liner Künstler Curt Stoeving.

Die Gazette des Beaux-Arts beschäftigt sich mit
Hans Sandreuter, dem Schüler Böcklins; vielmehr
sie geht von dem Versuch aus, ihm die Selbständig-
keit wiederzugeben, die man ihm geraubt hat, in-
dem er immer nur als Schüler Böcklins bezeichnet
worden ist. — In der Revue de Part ancien et moderne
ist man bei Gelegenheit eines Aufsatzes über den
wohlbekannten alten Maler Venedigs, Felix Ziem,
überrascht, einem Blatt aus seinem Skizzenbuch zu
begegnen, das unter lauter im Zeichen des Roman-
tismus stehenden Studien Leo Tolstoi darstellt
— freilich im Jahre 1859 und heute durchaus nicht
wiederzuerkennen. — Im Europeen veröffentlicht
Adolphe Rette Zolaerinnerungen, aus welchen sich
ergiebt (was uns aus der Kenntnis von Zolas
Schriften schon mit Bestimmtheit hervorzugehen
schien), dass Zola trotz der Vorzüglichkeit dessen,
was er über Manet und den Impressionismus
schrieb, keine Neigung mit der Klarheit seiner
Darlegungen verband. Rette sprach mit Zola über
Malerei. Ein St._uss von Glockenblumen und
Veilchen stand auf Zolas Arbeitstisch. Rette drückte
dem Meister seine Bewunderung für ein von
Manet gemaltes Zolabildnis aus, das neben dem
Billard hing. Zola sagte zu Rette: das Porträt ist
nicht übel, dennoch war Manet kein sehr grosser
Maler, er war ein unvcllkommenes Talent. Rette
wendete ein, dass Zola doch so viele Aufsätze zu
Manets Ruhm geschrieben hätte. Ach Gott, ent-
gegnete Zola, ich war damals jung und suchte über-
all nach Waffen, um die Grundsätze, auf die ich
meine Bücher aufgebaut, zu verteidigen. Manet
schien mir der Unterstützung wert, weil er mit
Vorliebe moderne Gegenstände darstellte und sich
um den Realismus bemühte; aber um ehrlich zu
sein, ich war von seinen Bildern stets etwas ent-
täuscht. - Les Arts würdigen den jüngst verstor-
benen, sonderbaren, nicht nach Paris gehörigen,
wenn auch französischen Künstler James Tissot.
Tissot hat einige Zeit an der Themse verbracht.
Er hat andererseits Beziehungen zu der Naturauf-
fassung von Leys gehabt. Er ist dann ein inter-
essanrerKünsrler, wenn erBilderoderRadierungen

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