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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 1.1902-1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.3547#0501

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cretrieben werden, um ihnen Gemälde und Zeich-
nungen, die bisher als Werke des Urbinaten galten
und geschätzt waren, zuschreiben zu können.

Es gehört ein gewisser Mut dazu, zumal in
diesen Zeitläuften, sich an ein so heikles Problem
wieder zu wagen. Gronau hat hier mit seiner
klaren und leidenschaftslosen, fast zu kühlen Art
der Darstellung den passenden Ton getroffen, der
eine erneute Besprechung des Gegenstandes er-
möglicht, und wie mir scheint, auch den richtigen
künstlerischen Standpunkt zur Sache gewonnen.
Er geht nicht von den Irrtümern seiner Gegner,
sondern von den Beobachtungen, die sich aus dem
Verständnis der sicheren Thatsachen ergeben, aus.
Er führt dem Leser durch Zusammenstellung der
Abbildungen die Momente vor Augen, aus denen
die Beziehungen Raphaels zu den Meistern der
florentinischen Kunst mit Sicherheit geschlossen
werden können. Wir sehen an einer Reihe von
Zeichnungen, wie der junge Künstler die Werke
Donatellos und Pollaiolos mit Eifer studiert und
die charakteristischen Züge freierLebensäusserung,
die ihm hier zuerst entgegentreten, festzuhalten
sucht. Wir sehen, wie sich ihm vor den Werken
Leonardos eine neue Welt von Anschauungen er-
schliesst, dann vor allem, wie er in einer Reihe
von Studien der Erinnerung an die gewaltigen
Gestalten Michelangelos Form zu geben strebt.
Denn das muss man wohl beachten, dass die
Skizzen Raphaels, die an bestimmte Werke Michel-
angelos oder an seinen Stil sich anlehnen, nicht
vor diesen Werken selber entstanden, sondern aus
dem Gedächtnis hingeworfen sind, und dass die
weiterbildende Phantasie, die eigene Gestaltungs-
kraft des jungen Meisters ihren Anteil daran hat.
Wenn man die von Gronau zusammengestellten
und abgebildeten Zeichnungen in diesem Zu-
sammenhange betrachtet, wird man wohl zugeben
müssen, dass sie sich als eine feste Gruppe or-
ganisch als notwendiges und charakteristisches
Bindeglied in unser Bild von Raphaels Studiengang
einfügen. Dann verliert auch die bisher vielfach
beliebte Zuschreibung dieser Zeichnungen an Bal-
dassare Peruzzi oder gar an Penni, von deren
sicheren Arbeiten sie sich in allen Punkten charak-
teristisch unterscheiden, jede Berechtigung. Am
Schlüsse seiner lehrreichen Studie weist Gronau
mit Nachdruck auf den starken Einfluss hin, den
die Schöpfungen eines Michelangelo nahe ver-
wandten Künstlers, LucaSignorellis, dessen Fresken
in Orvieto er auf seiner Reise nach Rom kennen
gelernt haben muss, auf Raphael ausgeübt haben,
und von dem eine Reihe von Gestalten in Zeich-
nungen und in den ersten römischen Fresken

AUS ZEITSCHRIFTEN

Die Zeitschrift Rheinlande macht gegen eine
frankfurter Universität zu Gunsten der Auf-
besserung der dortigen Kunstverhältnisse Propa-
ganda. Frankfurt, sagt die Zeitschrift, sei eine
Kunststadt, weil hier mehr als anderswo gekauft
werde. Lediglich mit dem Reichtum kann dies un-
möglich zusammenhängen, denn es giebt in Süd-
deutschland höchst wohlhabende Mittelstädte, in
denen fast gar nichts gekauft wird. Wir besitzen
eben in dieser Beziehung alte Traditionen, die durch
Goethes „Wahrheit und Dichtung" bereits der
Welt bekannt gemacht wurden und die seit vielen
Generationen in dem berühmten Städelschen In-
stitut ihren Ausdruck finden. Das letztere war
auch ursprünglich zu seinem bedeutendsten Teile
eine Kunstschule, deren Rolle dann weniger
eigentlich herabsank als sich abschwächte. In der
That: was sind vier Lehrer mit jeder iooo Mk.
Gehalt, wo sogar der dortige Hausmeister höher
bezahlt ward? Das ist aber durchaus nicht immer
so gewesen. Der Maler Kirchbach, der Bildhauer
Kauer, der Architekt Sommer hatten noch jeder
$000 Mk. erhalten. Falls man sich also heute
wieder bei uns dazu aufschwingen könnte, drei
oder vier tüchtige Kräfte mit je jooo Mk. heran-
zuziehen, vielleicht noch eine erste Kraft zu
1 o 000 Mk., so würde Frankfurt bei einem Kosten-
aufwande von nur :?ooo Mk. jährlich um eine
glänzende Institution reicher sein, zu der ent-
gegen einer Universität alle Vorbedingungen auch
wirklich gegeben sind." Diese Gedanken sind in
dem Augenblick am Platze, wo Karlsruhe den
Frankfurtern den Maler Trübner genommen hat.

Zeugnis ablegen.

P. K.

EINGELAUFENE BUCHER

(Besprechung vorbehalten)

M. Spanier, Hans Thoma und seine Kunst fürs
Volk. Reich illustriert. Leipzig, Breitkopf und
Härtel.

Jean van Goyen. 10 Lichtdrucke nach seinen
Bildern in der Ausstellung Amsterdamjuli—August
1903. Amsterdam, W. Versluys.

Herxvartb Zander, Das Licht — Luftproblem. Ein
Beitragzur Entwicklungsgeschichte. Leipzig 1903.
Giesecke und Devrient.

Hermann Konsbrück, Spiegelbilder, Erste Folge
der Kritiken 1902 — 03. München. Birk und Co.

DER UNGEKÜRZTE ABDRUCK DER AUFSÄTZE IST VERBOTEN. ABDRUCK IN GEKÜRZTER FORM IST NUR UNTER VOLLST. QUELLENANCABB GESTATTET

REDAKTION: BERLIN W DERFFLINGERSTRASSE 16
VERANTWORTLICH FÜR DIE REDAKTION: BRUNO CASSIRER, BERLIN. DRUCK DER OFFIZIN W. DRUGUL1N, LEIPZIG
 
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