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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 1
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Heise, Carl Georg: "Deutsche Malerei in den letzten fünfzig Jahren": die Münchener Ausstellung
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EDUARD VON GEBHARDT, ESTHNISCHER BAUER. STUDIENKOPF

BESITZER: HERR GEORG OEDER, DÜSSELDORF

anstaltung heranzugehen, als könne sie schon das
gültige Bild der Epoche unbestreitbar darstellen —
lebte dieses bereits gleichmäßig im Bewußtsein der
Besten, die Ausstellung wäre nicht das dringende
Erfordernis, wäre nichts als die gleichgültige Be-
stätigung dessen, was wir schon wissen. Sie kann
aber nur dieses: das Material bereitstellen zur
Formung unserer Vorstellung vom Ablauf des Ge-
schehens, kann es besser oder schlechter, gewiß;
zulänglich aber wird sie immer dann schon ge-
nannt werden dürfen, wenn an ihr unsere eigene
Anschauung sich klärt und rundet. Daß beim
Widerspruch gegen die Münchener Auswahl, der
sich wiederholt recht heftig entladen hat, manche
Einwände und kritischen Gesichtspunkte sich als
fast durchgehend gemeinsame Wünsche aller Be-

überbaupt erst möglich gemacht hat. Auch
wir sind voll der Einwände, aber es muß
gerechterweise mit dem Gesamturteil be-
gonnen werden, daß die Ausstellung gut
und nützlich war, die beste und die nütz-
lichste, die wir seit vielen Jahren in Deutsch-
land haben sehen können, ein Ereignis von
nationaler Bedeutung.

Man wird der Leistung am besten ge-
recht, wenn man zunächst einmal vorurteils-
los die Säle zu durchwandern versucht, der
grundlegenden Absicht der Ausstellungs-
leitung eingedenk, die im Vorwort des Kata-
logs dahin formuliert ist, „nicht der Fach-
welt eine historische Zusammenstellung, son-
dern der Allgemeinheit ein lebendiges Bild
darzubieten, in dem die bewegenden Kräfte
unserer Zeit in ihrem inneren Zusammen-
hange und in ihren Gegensätzen erschei-
nen". Ein Bild also und keine entwicklungs-
geschichtliche Abfolge. Darin liegt Stärke
und Schwäche der Ausstellung zugleich be-
schlossen. Es kann keinem Zweifel unter-
liegen, daß drei künstlerische Zeitbilder
wohl noch niemals in so glänzenden Bei-
spielen vorgeführt worden sind wie hier:
der Leibl-Kreis mit allem, was sich ihm
künstlerisch auch nur entfernt angliedern läßt,
also in einer schlechthin unübertrefflichen
Vollständigkeit, der sogenannte „Berliner" Impres-
sionismus mit Liebermann, Uhde, Corinth und Sle-
vogt, trotz einer nicht ganz berechtigten Akzent-
verschiebung zugunsten der beiden süddeutschen
Künstler und zuungunsten des Hauptmeisters, der
Expressionismus endlich, obwohl hier die Auswahl
am meisten beanstandet werden kann.

Der erste Saal ist einer der schönsten: Bilder
von Böcklin und Thoma, die letzteren in vorbild-
licher Auswahl. Der große Baseler Kentauren-
kampf ist kein guter Böcklin, aber die selten ge-
sehene tonige Studie zur Meeresidylle der Samm-
lung Rauers und die späte Züricher Gartenlaube
repräsentieren charakteristische Seiten des Meisters
in vornehmster Form. Daß der „Pan im Schilf"
zugunsten eines später eingefügten Stuck, der un-

urteiler herausstellten, auch das spricht noch nicht beschreiblich leeren „Vertreibung aus dem Paradies",
für ein Versagen der Ausstellungsleitung, die sich zurückgestellt worden ist, das bedeutet keine er-
ruhig sagen darf, daß ihre sichtende Arbeit es ge- trägliche Konzession, sondern eine arge Haltlosig-
wesen ist, die auch jene kritische Übereinstimmung keit, die den besten Teil der Ausstellung leise ins



*itt!
 
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