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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 1
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Heise, Carl Georg: "Deutsche Malerei in den letzten fünfzig Jahren": die Münchener Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0020

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MAX LIEBERMANN, STEVENSSTIFT IN LEIDEN. 1889

BESITZER: GEHEIMRAT ED. ARNOLD, BERLIN

Wanken bringt. Thoma wirkt mit den vierund-
zwanzig Bildern in München besser als mit der
fünffachen Zahl damals auf der großen Kollektiv-
Ausstellung der Berliner Nationalgalerie. Mutter
und Kind („Unter dem Flieder"), der Feldblumen-
strauß der Nationalgalerie, das Bayersdorfer-Bildnis,
die Mainlandschaft der Staatsgalerie in München,
die „Oed", die Frankfurter „Berge bei Carrara"
— es ist die gedrängte Fülle jener anerkannten
Meisterwerke der siebziger und achtziger Jahre.
Nicht ganz einzusehen bleibt es, daß man sich
auch hier wieder, nur stärker noch als in Berlin,
offenbar von der traditionellen Vorstellung leiten
ließ, daß nur der Thoma der frühen und mittleren
Jahre ein Meister sei und man sich des Spätwerks
schämen müsse. Aus den letzten dreißig Jahren
hängt kein Bild. Eine so großartige Landschafts-
gestaltung wie das Mondbild von 1917 (das auch
in Berlin fehlte und das durchaus nicht allein

steht) hätte einen anderen und höchst bedeutsamen
Thoma aufzeigen können, der hier ganz unter-
schlagen wurde. Das allerdings würde eine leichte
Verunklarung des „Bildes" bedeuten, die Auf-
deckung eines Weges und einer Brücke zur Gegen-
wart, die jetzt nirgends geschlagen ist.

Es folgt der sehr eindrucksvolle Leibl-Saal.
Zweiundzwanzig Bilder sind viel, doch fast ein
jedes läßt sich rechtfertigen. Nicht die „Kirchen-
frauen", sondern Frau Gedon und die Gräfin
Treuberg dominieren. Hier erreicht die deutsche
Malerei der letzten fünfzig Jahre mit ihrem unbe-
streitbaren Höhepunkt zugleich jene so seltene
Weltgültigkeit, die ihre besten Erzeugnisse neben
Frankreichs Meisterwerken bei gleicher technischer
Vollendung in ihrer deutschen Sonderart eben-
bürtig bestehen läßt. Es sind die besten, aber nicht
die deutschesten Bilder — da tut sich der Abstand
zum Nachbarland auf, wo das Beste zugleich das

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