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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 3
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Zucker, Paul: Kongress für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft: Berlin 16. - 19. Oktober 1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0125

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KARL WALSER, LITHOGRAPHIE AUS EINEM MAPPENWERK „WANDMALEREI"

AUSGESTELLT IN DER BERLINER AKADEMIE

steht den Erkenntnissen der experimentellen Psychologie
oder vielmehr ihren Erkenntnismöglichkeiten in bezug auf
künstlerische Fragen recht skeptisch gegenüber. Wohl ver-
mag die Strukturpsychologie einen ungefähren Typus des
künstlerischen Menschen zu konstruieren, doch ist man mit
der Umgrenzung dieses Typus dem Geheimnis des künstleri-
schen Schaffens nicht näher gekommen.

Der Akzent der philosophischen Grundauffassung ver-
schiebt sich von der experimentellen Richtung hin deutlich
zur phänomenologischen Betrachtung, die in Moritz Geiger
(Göttingen) ihren hervorragendsten Vertreter fand, jener
Richtung, die im Kunstwerk vor allem das Phänomen sieht
und ihm durch Wesensintuition und Wesensanalyse immer
näher zu kommen versucht. In diesem Sinne waren auch
die Ausführungen von Prinzhorn-Wiesbaden zu werten, der
Parallelen zum künstlerischen Gestaltungsvorgang in den
Bildnereien der Geisteskranken sieht und glaubt von dieser
Seite aus Zusammenhänge zwischen analogen Prozessen auf-
decken zu können. In verschiedenartiger Beleuchtung sind
von Lombroso, Dilthey, Freud, Kretschmar und Jaspers be-
reits derartige Parallelen gezogen worden. Die moderne
Psychatrie beschränkt sich jedoch, im Gegensatz zu jenen,
die ohne weiteres Schlüsse auf die seelische Struktur des
Künstlers gezogen haben, lediglich darauf, den Urvorgang
der Gestaltung aus den Werken der Geisteskranken zu er-
forschen, da dort keine Hemmungen durch Tradition, Kon-
vention und Realität gegeben seien. So gerät unsere An-
schauung über die Begriffe „krank und gesund" immer
mehr ins Fließen, da der objektive psycho-pathologische
Maßstab für den Begriff der Normalität fehlt.

Den Charakter des Künstlers selbst versuchte Utitz-Ro-
stock zu umschreiben. Er unterschied das Formen des Künst-

lers am, im und durch das Kunstwerk. In jedem dieser Fälle
ist die artistische Einstellung eine andere. Im Kunstwerk
erschließt sich nicht nur etwa ein besonderer artistischer
Charakter des Künstlers, sondern auch sein gesamt-mensch-
licher. Das Entscheidende ist die Echtheit der Persönlich-
keit. Diese Feststellung ist keine Verschiebung aus dem
Gebiete der Ästhetik in das der Ethik und als Überwindung
der ästhetisierenden Artistik besonders deshalb zu begrüßen,
weil sie sich vollkommen mit dem veränderten allgemein-
menschlichen Grundempfinden unserer Zeit deckt.

Um die Erkenntnis des Wesens der Architektur bemühte
sich Frey-Wien und im Korreferate der Unterzeichnete. Auf
keinem Gebiet der bildenden Kunst ist soviel theoretisiert
worden, wie auf dem der Architektur. Die Besonderheit
ihres Wesens als Kunst einerseits, die Verbindung mit dem
Zweck andererseits hat im Laufe der Jahrhunderte zu mannig-
fachen Ausdeutungsversuchen geführt. Frey versuchte das
Problem der Architektur in der besonderen Art ihrer Wirk-
lichkeit zu sehen: der Bau, der als Kunstwerk unwirklich
ist und zugleich in der Gliederung unseres alltäglichen Le-
bens eine Wirklichkeit, während der Unterzeichnete in der
Architektur die räumliche Gliederung eines zeitlichen zweck-
bestimmten Ablaufes sieht. Sehr fein untersuchte Adama
v. Scheltema die Beziehung von Ornament und geschmück-
tem Gefäß und gab so für die Kunstgeschichte der vorge-
schichtlichen Epochen zum erstenmal einen festen Leitfaden
für die grundlegenden formalen Ideen. Die Grundprobleme
der Kunstgeschichtsbetrachtung unterzog Frankl-Halle in
seinem Vortrag über Stilarten und Stilgattungen einer ein-
gehenden Untersuchung. Er entwickelte im Anschluß an
die bekannten Wölfflinschen Grundbegriffe Gegensatzpaare
von Stilen, wobei er kosmische und chaotische, textile und

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