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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 4
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Aufseesser, Julius: Aus meinem Sammlerleben, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0151

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RUDOLF SCHICK, KIEFERNGRUPPE AM WANNSEE. AQUARELL

Grohmann verkörperte das Berlinertum im
besten Sinne.

Er, der als Kupferstecher seine Karriere begann,
entstammt einer alten Berliner Bürgerfamilie, war
in einfachen künstlerisch schaffenden Kreisen zu
einer Zeit aufgewachsen, da Berlin seinem Leben
und Weben nach noch provinzialen Zuschnitt hatte,
Familie und Freundschaft zusammenhielt, wo jeder
den anderen ganz genau kannte und ein Sommer-
aufenthalt in Charlottenburg als Badereise betrachtet
wurde. Ein Stück Berliner Kleinbürgertum hat er,
wie übrigens viele Berliner Künstler, bis an sein
Ende behalten, und eine stille Genügsamkeit, die
den Ansprüchen der Weltstadt Berlin gegenüber,
sich oft in Kopfschütteln äußerte. Er ist immer
der liebenswürdige, gefällige und bescheidene Mann
geblieben, der im alten Berlin wohl überhaupt
den Urtypus dargestellt haben soll. Sein Heim
in der Linienstraße, im Herzen des alten Berlin
gelegen, war mit dem Hausrat ausgestattet, mit
welchem Generationen zuvor schon ein Grohmann
sein Haus begründet, in welchem andere Grohmanns
ihr Dasein beschlossen hatten.

Schöne, kunstvoll gearbeitete Schränke und
Sekretäre, Vitrinen und Sitzmöbel aus der Zeit
Ludwig XVI. standen da umher, nachgedunkelte
Familienporträts und Ölbilder bedeckten die Wände,

soweit nicht alte Kristalle, interessante Porzellane,
Fayencen und metallene Kirchengeräte den Platz
besetzt hielten. Man trat von dem brandenden
Leben der Großstadt in ein friedliches Buen Retiro,
in gemütliche kultivierte Räume, wie sie uns einst
Chodowiecki gezeichnet hat. Und wenige Sammler,
die hier nicht angeregte Stunden verlebt, die nicht
dieses Haus mit Bereicherung ihrer Kenntnisse ver-
lassen hätten, durch das, was sie gesehen, und
durch die anspruchslose, gütige und liebenswürdige
Art, in welcher Grohmann zu erzählen wußte.

Es ist zu bedauern, daß ihm jeder literarische
Ehrgeiz gefehlt hat, denn keinem hätte so wie ihm,
in dem die Kunstchronik eines halben Jahrhun-
derts Leben gewonnen hatte, das Material zur Ver-
fügung gestanden, von Kunst und Künstlern im
alten Berlin zu berichten. Die Geschichte seines
Lebens allein wäre ein Abschnitt deutscher Kunst
gewesen.

In Grohmanns Sammlungen hat das Jahr 1914
die erste größere Bresche gelegt. Die Krankheit
seines einzigen Sohnes, dessen Ableben und die
schwierigen Lebensverhältnisse der Kriegsjahre ha-
ben ihn gedrängt, Hand an seine Bestände zu legen,
öfter gute Stücke zu veräußern.

Das, was bei seinem im Sommer 1918 erfolgten
Tode vorhanden war, bleibt immer noch ein kost-

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