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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 7
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Grossmann, Rudolf: Besuch bei Corinth
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0283

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RUDOLF GROSSMANN, BILDNISZEICHNUNG LOVIS CORINTH

BESUCH BEI CORINTH

VON

RUDOLF GROSSMANN

Am Telephon eine etwas zaghafte Stimme, in
-Zxden Pausen wie aus einem Seufzer neuen Atem
schöpfend — etwas ferne, gequält. — In zehn Mi-
nuten klopfe ich ganz oben im vierten Stock an
eine Tür ohne Klingel. Corinth öffnet.

Hier ist ein Abseitiger des Lebens, einer, der
an seinem eigenen Ich fast zerborsten ist, ein vom
Dämon Besessener, einer, der des Lebens ganze
Lust und Fülle getrunken hat. Jetzt aber, nach den
Wirbelstürmen der Krankheit, ein Rationierter —
ein ungewollt Distanzierter.

Ein Drama, das langsam zur Tragödie wird,

erfüllt diesen kalten, nur mangelhaft geheizten
Raum. Es hat was rührendes, diesen Mann zu
sehen in dem alten zerschlissenen Kittel, in dem
staubigen Durcheinander von Skizzen und Zeich-
nungen. Eine Menge Staffeleien stehen herum,
auf ihnen fertige Bilder, in diesem Wust allein
liebevoll zurecht gerückt — etwas verkaufsmäßig —,
so daß man alle gut übersehen kann.

Am Atelierfenster schichten sich wie zu einem
Scheiterhaufen eingetrocknete Paletten. Corinth
nimmt zu jedem Bild eine neue Palette; diese wird
dann nicht mehr benutzt, erledigt in die Ecke ge-



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