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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0299

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deutschen Ausstellungswesens, an die Tahre zwischen 1900
und 1914 erinnern.

Was von Delacroix bis Picasso bei Hugo Perls zu sehen
war, bestand im wesentlichen aus Nebenarbeiten der be-
rühmten Künstler. Für Hauptarbeiten ist der deutsche Markt
heute kaum schon wieder aufnahmefähig. Die Ausstellung
wirkte dadurch intim. Von Gericault waren zwei schöne
Studien zu großen Chasseurbildern da, von Courbet ein alt-
meisterlich reifes Blumenstilleben der Frühzeit und eine
eindrucksvolle „Welle", und Daumiers große Handschrift
wurde vor allem veranschaulicht durch die „Pferde in
der Schwemme". Zu den besonders wertvollen Bildern
der Ausstellung gehörte ferner ein Stilleben und ein noch
unbekanntes Selbstbildnis von Cezanne, eine Winterland-
schaft von Monet, die ein Meisterwerk ist, und ein zwar
etwas banal aufgefaßtes, aber kunstgeschichtlich höchst in-
teressantes kleines Figurenbild aus der Frühzeit des Künst-
lers, einige gute Landschaften von Pissarro und Sisley, und
eine Menge reizender kleiner Bilder von Renoir, worunter
eine Landschaft und eine Fruchtschale am importantesten
sind. Gauguin war mit einem Kinderbildnis gut vertreten.
Picassos Kunst erschien etwas stark betont. Doch wurden
nur Arbeiten aus seiner besten, aus der frühen Zeit gezeigt,
Bilder, deren Reiz nicht zuletzt in einer liebenswürdigen
Empfindsamkeit, in etwas halb Literarischem besteht. Un-

ter den Pastellen, Aquarellen und Zeichnungen verdienen
besonderen Hinweis die unendlich empfindungsvoll ge-
zeichneten Köpfe von Renoir, eine monumentale „Toilette"
von Degas und ein schön hingeschriebener Akt von Rodin.
Daneben war die Ausstellung reich an interessanten Skizzen
und Blättern von Cezanne, Daumier, Guys, Manet u. a.

In der Galerie A. Flechtheim wurden neue Arbeiten des
Rheinländers Heinrich Nauen gezeigt. Sie gehen an weni-
gen Stellen nur über das Dekorative hinaus und beweisen,
daß die Recht gehabt haben, die sich von je gesträubt haben,
in Nauen mehr zu sehen als ein rheinisch gefälliges und
behagliches Talent, dem die „große Komposition" nicht
angemessen ist.

Auf Nauen folgte G. Rouault, ein Pariser Expressionist,
der nicht ohne Ursache Direktor des Moreau-Museums ist,
denn er wirkt durchaus wie ein intellektueller Schüler
Moreaus, wie ein expressionistisch gewordener Gedanken-
künstler. (Ein Beweis mehr, wie eng der Expressionismus
der Gedankenkunst verbunden ist.) Am eindruckvollsten
ist Rouaults Zeichnung, seine Fähigkeit mit Körpern Flächen
melodisch zu füllen. Das, was in seinem Talent akade-
misch ist, hat eine gewiße Gewalt. Und es haben seine
Bildflächen, selbst wenn er sie künstlich wild macht, immer
eine französische Kultur, die mit vielem, was nur Getue ist
(ganz wie bei uns!), ein wenig versöhnt.

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AUGUSTE RENOIR, FRUCHTSCHALE

AUSGESTELLT BEI HUGO PERLS, BERLIN

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