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Kritische Berichte zur kunstgeschichtlichen Literatur — 3-4.1930-1932

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Pevsner, Nikolaus: Zur Geschichte des Architektenberufs: Anläßlich Martin S. Briggs : The architect in history
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Stange, Alfred: [Rezension von: Bernhard von Tieschowitz, Das Chorgestühl des Kölner Domes]
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https://doi.org/10.11588/diglit.71972#0136

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Spezialisierung andererseits erst den Architektenberuf im heutigen Sinne möglich
macht.
Der Mangel des besprochenen Buches von B. liegt im Fehlen einer solchen
(oder anderen) lebendigen Vorstellung vom Gesamtverlaufe der Entwicklung,
wie sie vielleicht nur aus der Teilnahme an der heute aktuellen Lage der Dinge
erwachsen kann. Seine Vorzüge liegen in der erstmaligen Zusammenstellung
eines so ausgedehnten Tatsachen-Materiales, in der Art der Durchgestaltung
dieses Materiales in den England gewidmeten Kapiteln und in der leidenschafts-
losen Darstellung.
Göttingen, Januar 1932 Nikolaus Pevsner

BERNHARD VON TIESCHOWITZ, Das Chorgestühl des Kölner Domes.
Jahresgabe des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 1930.
Es war ein ausgezeichneter Gedanke, dem Kölner Domchorgestühl eine Jahres-
gabe zu widmen. Mit größter Freude blättert man die 97, fast durchwegs schönen
Lichtdrucktafeln durch, die bis in letzte Einzelheiten hinein den immer wieder
erstaunlichen motivischen und künstlerischen Reichtum dieses einzigartigen
Werkes vorführen.
Leider wird diese Freude sehr bald gedämpft, wenn man zu lesen beginnt. Der
v. Tieschowitzsche Text bietet nicht die erschöpfende, abschließende Behandlung
des Themas, die man zumal in diesem Rahmen erwarten möchte. Die ausführ-
liche und auch sorgfältige Beschreibung der einzelnen Teile soll nicht getadelt
werden, aber sie steht in keinem rechten Verhältnis zu der eigentlichen kunst-
historischen Untersuchung. So einfach liegen die Dinge wirklich nicht, wie man
danach den Eindruck gewinnen muß. Vielmehr hat eine Behandlung des Kölner
Domchorgestühls ihre ganz besonderen Schwierigkeiten. Die Kölner Situation
scheint im 14. Jahrhundert besonders verwirrt, die Zusammenhänge und Be-
ziehungen sind undurchsichtiger als anderswo. Und eben darüber geht v. T.
völlig hinweg.
Zur Ikonographie bringt v. T. keine neuen Erkenntnisse. Er glaubt, daß
Reiners Versuch (Die rheinischen Chorgestühle der Frühgotik, 1909), die Dar-
stellungen in ein System zu ordnen, nicht geglückt ist. Nach seiner Ansicht ist
keinerlei System zu erkennen, sind die Darstellungen bunt durcheinander ge-
würfelt, wahllos aneinander gereiht. Dem Rez. möchten schon hier Zweifel kom-
men. v. T.s Annahme widerspricht allzusehr unserem Wissen um mittelalterliche
Kunst. Sollte man nicht meinen, daß ein Werk aus der zeitlichen Nähe der großen
kirchlichen Enzyklopädisten, eines Durandus, durchdachter sei? Freilich bessere
Gründe als die Reinersschen, die gewiß nicht völlig überzeugend sind, aufzu-
führen, will vorerst nicht gelingen. Aber man muß stets die Möglichkeit offen
lassen, auch wenn sich uns heute die feinen, vielleicht stets nur inoffiziellen Zu-

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