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Kritische Berichte zur kunstgeschichtlichen Literatur — 3-4.1930-1932

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Heydenreich, Ludwig H.: Leonardo da Vinci als Klassiker der Kunst: Heinrich Bodmer : Leonardo da Vinci
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https://doi.org/10.11588/diglit.71972#0175

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LEONARDO DA VINCI ALS KLASSIKER DER KUNST
[HEINRICH BODMER, Leonardo da Vinci. Klassiker der Kunst Bd. 37
Stuttgart 1931.]
Lange erwartet ist endlich der Band „Leonardo da Vinci" in der Reihe der
„Klassiker der Kunst" erschienen. Programm und Charakter dieser Serie haben
die Herausgabe nicht leicht sein lassen; Bodmer, der Verfasser, deutet die Schwie-
rigkeiten an, die hierbei aus der Diskrepanz zwischen Aufgabe und Material er-
wuchsen. Man entschied sich schließlich dahin, zur Auffüllung des Bandes — ent-
gegen den üblichen Gepflogenheiten — auch Kopien und Schulwerke, vor allem
aber auch die Zeichnungen in die Bearbeitung mit einzubeziehen, eine Erwei-
terung, die einer Vervollständigung des Gesamtbildes in Vielem zugute kommen
konnte. So bot besonders die Hinzunahme der Handzeichnungen die Möglich-
keit, auch dem „Denker und Erfinder" Leonardo wenigstens soweit gerecht zu
werden, wie die Tradition es liebt und die „Klassiker der Kunst" es gestatten.
Doch mußte diese scheinbar umfassendere Ausbreitung des Stoffs für den Inhalt
insofern problematisch werden, als sie nur auf Grund einer Materiala^swab/ vor-
genommen werden konnte, einer Auswahl also, die dem eigentlichen Sinne der
„Klassiker der Kunst", das Werk eines Künstlers - wenigstens innerhalb des
gegebenen Themas - vollständig vorzuführen (z. B. Michelangelo, Dürer und
die Rembrandtbände), widerspricht. Diese Ausnahmeform des Leonardobandes
wird nun als Kompromißlösung in den einzelnen Abschnitten des Buches recht
fühlbar, da ein einheitliches Prinzip der Auswahl und Ordnung in ihnen nicht
klar genug zur Geltung kommt.
Zunächst sind die Unterscheidungen „Eigenhändige Werke" und „Zugeschrie-
bene Werke" nicht sehr präzis. Denn da im exakten Sinne des Worts auch der
Hieronymus, die beiden Verkündigungen in Florenz und Paris, die Madonna
Benois und der Pariser Johannes Zuschreibungen sind, der Verfasser sie aber
unter die eigenhändigen Werke setzte, haben wir diese Abteilung als Vereinigung
derjenigen Werke zu verstehen, die der Verfasser für eigenhändig hält. Unter
den „Zugeschriebenen Werken" wird dann folgerichtig alles aufgeführt, was
sonst noch gemeinhin die Bezeichnung „Leonardo" trägt oder früher getragen
hat. U. E. wäre eine Trennung nach „Sicheren" und „Strittigen Werken" statt-
hafter gewesen, wobei aus den sicheren Werken die Florentiner Verkündigung
und die Madonna Benois hätten ausgeschieden und unter die strittigen gesetzt
werden müssen, wie später noch begründet werden soll, während die Verkündigung
und der Johannes im Louvre in ihrer besonderen Stellung im Werke Leonardos-
die erstere als mutmaßlich früheste Arbeit, deren zweifelsfreie Bestimmung sich
unserer Urteilsmöglichkeit entzieht, der Johannes als von Schülerhand überarbei-
tetes Bild - im Kommentar besonders zu charakterisieren gewesen wären1).
, Unter „Sicheren Werken" sind also alle diejenigen Arbeiten zu verstehen, die entweder
dokumentarisch - d. h. urkundlich oder quellenmäßig - gesichert oder aber durch die Stilkritik
Leonardo zugeteilt und unwidersprochen geblieben sind (z. B. der Hieronymus und die Louvre-
Verkündigung).

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