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Kritische Berichte zur kunstgeschichtlichen Literatur — 3-4.1930-1932

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Kaufmann, Emil: Klassizismus als Tendenz und als Epoche: Emil Kaufmann
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Sedlmayr, Hans: [Rezension von: G. J. von Allesch, DIe ästhetische Erscheinungsweise der Farben]
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https://doi.org/10.11588/diglit.71972#0228

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Formen in organische Gebilde, alle auf Bildwirkung hinzielende Architektur und
die zu Beginn der Epoche Geltung habende „redende Architektur". Alle rein
ästhetischen Kategorien - Rhythmisierung, Proportionalität - verlieren (dazu
kommt es endgültig erst in unserem Jahrhundert) ihren entscheidenden Einfluß,
im engen Zusammenhang damit - ob als Ursache oder als Wirkung, ist eine
noch zu beantwortende Hauptfrage - der Verbandgedanke.
Es gibt auch in den letzten 150 Jahren, entgegen Georg Dehio1), eine „Kunst-
geschichte als organische Problementwicklung". Der Kampf des heteronomen
und des autonomen Prinzips bildet die Baugeschichte des 19. Jahrhunderts2).
Wien, März 1933 Emil Kaufmann

G. J. VON ALLESCH, Die ästhetische Erscheinungsweise der Farben.
Berlin. Julius Springer, 1925.
Die unter Kunsthistorikern wenig bekannte Arbeit ist m. E. - neben den
Untersuchungen Heinz Werners über Strukturgesetze und über Empfindung
und Empfinden - der wichtigste Beitrag mindestens des letzten Jahrzehnts zu
einer experimentellen Grundlegung der Kunstwissenschaft. Die Bedeutung der
an und für sich überaus interessanten Untersuchung für die vergleichende und
historische Kunstwissenschaft ist, wenn man ihre Ergebnisse richtig auffaßt,
unbestreitbar; besser als allgemein gehaltene theoretische Überlegungen zeigt dieser
Vorstoß in ein der strengen Erkenntnis bisher entzogenes Gebiet, daß eine
Kooperation zwischen Kunstwissenschaft und experimenteller Ästhetik not-
wendig geworden ist. Es gibt jetzt eine experimentelle Ästhetik, deren Resultate
von der Kunstwissenschaft nicht übersehen werden können3). Anderseits läßt
sich an einer älteren Arbeit Alleschs beobachten4), daß eine kunsthistorisch be-
friedigende Auswertung an sich richtiger Einsichten zum Problem der „Kunst"

9 a. a. O., S. 419.

2) Über die Parallelentwicklung der Malerei vgl. A. Dorner, a. a. O., S. 138. - Hans Hilde-
brandt (Kunst des 19. und 20. Jhdt., Hdb. der Kunstw. 1931) sieht in der Zeit von 1800 bis
nach 1900 den „tiefgreifenden Widerstreit zwischen tektonischem Gestalten und naturhaftem
Schaffen . . .“ (S. 13) — So sehr Hildebrandts klare und umfassende Vorführung der einzelnen
Symptome hervorgehoben werden muß, so scheint uns „tektonisches" und „naturhaftes" Ge-
stalten in der Baukunst identisch. Ihrer Natur entgegen — heteronom — ist es, organische Na-
tur nachzuahmen. Wenn aber unter „naturhaft" freies, naturalistisches Schaffen gemeint ist,
dann wäre die atektonische Richtung nur teilweise, dem Äußeren nach gekennzeichnet. Dies-
seits und jenseits der Revolution herrscht ein „ordnendes Gesetz." Nur ist es vor ihr ein fremdes,
übertragenes, nach ihr das eigene, der Baukunst eingeborene, das sich langsam durchsetzt. Die
richtige Erkenntnis der werdenden Strömung und ihre Verfolgung bis zu den Quellen wird die
Überschätzung des Einflusses des Ingenieurbaues und der neuen Baustoffe (S. 127, 159) auf das
richtige Maß zurückführen.

3) Über den „Ort" solcher Arbeiten im gesamten Problemfeld der „Ästhetik" vgl. die unten
zitierte Arbeit von Werner Ziegenfuß.

4) Wege zur Kunstbetrachtung. 1921. Dresden. Sibyllen-Verlag. - Dieser Eindruck wird
verstärkt bei der Lektüre seines in diesem Jahr erschienenen Pacher-Buches.

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