Blatt abgebildet ist. So allein ist es zu erklären, daß das Schäuffeleinblatt „Christus
vor Hannas" überhaupt abgebildet wurde. Es läßt sich nämlich gar nicht auf eine
Unternummer des Katalogs beziehen, ja es stellt sich bei genauerer Kontrolle
heraus, daß es überhaupt nicht verzeichnet ist. Woran soll man sich nun halten,
an den Katalog oder an die Abbildung? Auch die auf Taf. I reproduzierten
Heiligen von Passau stimmen nicht mit der angegebenen Nummer 76 überein.
Das Blatt ist in anderer Form, nämlich mit dem Passauer Wappen 1494 u. 98
erschienen, mit den Wappen des Bischofs Fröschl aber erst 1505. Bei B. ist nicht
vermerkt, daß es 2 Zustände dieses Blattes gibt. Dabei wäre noch die Frage zu
erheben, ob die etwas geringere Qualität des Wappens nicht auf den gleichen
Zeichner wie Schott., Taf. 49, verweist. Ist hier die Abbildung falsch, so unter 79
die Nummer bei Schott.; es muß heißen 54 statt 47. Warum es bei 74 von einer
früheren Ausgabe vom 21. 1. 94 heißt, sie sei die Wiederholung der späteren
vom 25. 12. 94, ist schwer einzusehen.
Stuttgart, Juni 1932 Theodor Musper
REVISION DER KUNSTGESCHICHTE?
[JOSEPH GANTNER, Revision der Kunstgeschichte. Prolegomena zu einer
Kunstgeschichte aus dem Geiste der Gegenwart. Schroll & Co., Wien 1932.]
Joseph Gantner, der bekannte Herausgeber der Zeitschrift „Die Neue Stadt",
versucht in seiner Schrift „Revision der Kunstgeschichte", die er als die vor-
läufige Fassung seiner Gedanken bezeichnet, den Tatbestand der Kunstgeschichts-
wissenschaft kritisch zu sehen, ihre Brauchbarkeit in unserer „rastlos sich wan-
delnden" Zeit zu prüfen und Vorschläge für eine Neuorientierung zu machen.
Seit Nietzsche die Problematik der Wissenschaft aufgedeckt hat, sind die
Stimmen nicht stumm geworden, die dieses Problem auf das lebhafteste be-
schäftigt. Der Zwiespalt zwischen der Wissenschaft, die, einmal vorhanden, ihre
eigenen, strengen und unverletzlichen Gesetze aus sich entwickelte, und dem
Leben mit seinen unmittelbaren und unbedenklichen Forderungen mußte um so
stärker empfunden werden, je mehr, bis in die letzte Gegenwart, Wissenschafts-
ideal und Bedürfnis der Zeit auseinandertraten. Für die historische Wissenschaft
mußte diese Krise besonders fühlbar werden. Die strenge Objektivität ihrer Er-
kenntnisbemühungen geriet in einen zwiefachen Konflikt, in dem wir noch
mitten darin stehen. Die wachsende Unempfindlichkeit der Zeit gegenüber ge-
schichtlichen Werten droht ihr immer mehr das Lebensrecht streitig zu machen,
und parteiisch gerichtete Bewegungen wollen nicht mehr die Objektivität reiner
Anschauung, sondern bestenfalls historische Beglaubigung ihrer eigenen Bestre-
bungen. Gegen den ersten Fall ist die Historie machtlos. Gegen den zweiten aber
kann sie sich nur behaupten, wenn sie, bei aller inneren Bereitschaft für das un-
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vor Hannas" überhaupt abgebildet wurde. Es läßt sich nämlich gar nicht auf eine
Unternummer des Katalogs beziehen, ja es stellt sich bei genauerer Kontrolle
heraus, daß es überhaupt nicht verzeichnet ist. Woran soll man sich nun halten,
an den Katalog oder an die Abbildung? Auch die auf Taf. I reproduzierten
Heiligen von Passau stimmen nicht mit der angegebenen Nummer 76 überein.
Das Blatt ist in anderer Form, nämlich mit dem Passauer Wappen 1494 u. 98
erschienen, mit den Wappen des Bischofs Fröschl aber erst 1505. Bei B. ist nicht
vermerkt, daß es 2 Zustände dieses Blattes gibt. Dabei wäre noch die Frage zu
erheben, ob die etwas geringere Qualität des Wappens nicht auf den gleichen
Zeichner wie Schott., Taf. 49, verweist. Ist hier die Abbildung falsch, so unter 79
die Nummer bei Schott.; es muß heißen 54 statt 47. Warum es bei 74 von einer
früheren Ausgabe vom 21. 1. 94 heißt, sie sei die Wiederholung der späteren
vom 25. 12. 94, ist schwer einzusehen.
Stuttgart, Juni 1932 Theodor Musper
REVISION DER KUNSTGESCHICHTE?
[JOSEPH GANTNER, Revision der Kunstgeschichte. Prolegomena zu einer
Kunstgeschichte aus dem Geiste der Gegenwart. Schroll & Co., Wien 1932.]
Joseph Gantner, der bekannte Herausgeber der Zeitschrift „Die Neue Stadt",
versucht in seiner Schrift „Revision der Kunstgeschichte", die er als die vor-
läufige Fassung seiner Gedanken bezeichnet, den Tatbestand der Kunstgeschichts-
wissenschaft kritisch zu sehen, ihre Brauchbarkeit in unserer „rastlos sich wan-
delnden" Zeit zu prüfen und Vorschläge für eine Neuorientierung zu machen.
Seit Nietzsche die Problematik der Wissenschaft aufgedeckt hat, sind die
Stimmen nicht stumm geworden, die dieses Problem auf das lebhafteste be-
schäftigt. Der Zwiespalt zwischen der Wissenschaft, die, einmal vorhanden, ihre
eigenen, strengen und unverletzlichen Gesetze aus sich entwickelte, und dem
Leben mit seinen unmittelbaren und unbedenklichen Forderungen mußte um so
stärker empfunden werden, je mehr, bis in die letzte Gegenwart, Wissenschafts-
ideal und Bedürfnis der Zeit auseinandertraten. Für die historische Wissenschaft
mußte diese Krise besonders fühlbar werden. Die strenge Objektivität ihrer Er-
kenntnisbemühungen geriet in einen zwiefachen Konflikt, in dem wir noch
mitten darin stehen. Die wachsende Unempfindlichkeit der Zeit gegenüber ge-
schichtlichen Werten droht ihr immer mehr das Lebensrecht streitig zu machen,
und parteiisch gerichtete Bewegungen wollen nicht mehr die Objektivität reiner
Anschauung, sondern bestenfalls historische Beglaubigung ihrer eigenen Bestre-
bungen. Gegen den ersten Fall ist die Historie machtlos. Gegen den zweiten aber
kann sie sich nur behaupten, wenn sie, bei aller inneren Bereitschaft für das un-
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