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Kritischer
Anzeiger kur Literatur und Üuntt.

Beiblatt zu der Zeitschrift:
„Das Rheinland wie es ernst nnd heiter ist."

1. Sonntag, 3L. den Mai. 1840.

Deutscher Musenalmanach. — Erster Jahrgang.
Leipzig, bei Bernhard Tauchnitz Junior.
DieMusenalmanach-,Album- und Odeon-Manie
in den neuesten literarischen oder vielmehr Buchmacherei-
speculativen Bestrebungen wird allmählig eine sehr anwie-
dernde. Deutschland will auch nächstens durch einen Reuß-
Kreitz-Schleitzischen Musenalmanach überrascht werden! Dieses
Ausscheiden nach bestimmten Gefühlsfarben, dieses Abson-
dern in Kasten nach verschiedenen poetischen Intentionen,
dieses Einschachteln der Lyrik, kann der deutschen Poesie
in ihrer Ganzheit nimmermehr ein Gewinn sein. So auch
im Vorliegenden wieder eine Masse Verse, gute und schlechte,
gereimte und ungereimte, in elegantem Buchbinder-Gehäuse
und „Musenalmanach" überschrieben. Die Musen müssen
stark herhalten! Es sind schöne Namen darin ausgezeichnet,
aber sie scheinen meist kleine Absälle beigestcuert zu haben.
Lenau, Bech st ein, Dingelstedt, der hochtrabende Eduard
von Schenk singen in ihrer Art und Weise, Einer, frischer,
freier, Deutscher, der Andere mehr Gefühls - eingeschränkt
und abgemessener im Ausdrucke. Der Altmeister Rückert,
der dichtende Sprachkünstlcr legt in einem Gedichte „Un-
vollkommenheit der Welt" eben keine tief philosophische
Reflektion nieder. König Ludwig von Baiern besingt „P o m-
peji" in ziemlich wohltönenden Distichen. Mendelsohn Bar-
tholdi's Compofltion ist eine werthvolle Gabe. — s —

Rheinisches Odeon, herausgegeben von I. Hub
und A. Schnetzler. Dritter Jahrg. Düsseldorf.
Verlag von I. Wolf, in Commission bei I. H.
C. Schreiner. 1840.
Wir begrüßen hier sieben und fünfzig Autoren, da-
runter viele, welche bereits Namen in der Reihe deutscher
Dichter - Notabilitäten haben, wieder Andere, die erst auf-
streben, einige andere die bereits untergegangen.
Gustav Pfizer beginnt den lyrischen Reigen mit einem
einleitenden Gedicht: „Werbung zu den deutschen
Fahnen." Die schöne Idee sand ich zu breit ausgesponnen
und in der Form stört das Zerreißen des Reims. Justin«s
Körner bringt sechs Gedichte, hie und da wieder mystisches
Helldunkel, hie und da aber auch wieder freundliches Helles
Sonnenlicht. Die Selbstcharakteristik „Der Einsame"
mag recht treffend sein. Adolph Stöber bietet in seiner
„Liebes werbun g" einen ganzen Selam, da heißt es:
Schwertlilien und Tulpen
Sie schmettern im Chor
Ihr Helles Trompeten
Und Pauken empor.

Etwas flach! Inniger und interessanter ist August
Stöbers Muse. Besonders anmuthig ist das Gedicht „Das
Uhrwerk im Straßburger Münster." Friedrich Hebbel
ist in Kleinigkeiten sinnig. Or. Töpfer, der Lustspiel-Krä-
mer, romanzt in „Maria, die Tänzerin" nicht ohne
Phantasie-Erhebung. Ludwig Wihl (Pag. 54 bis 67 )
sehr viel Erfreuliches! Wie kräftig ist das Schlußlied:
„Den Noah mag ich leiden."
Die enschlafene Rosa Maria steuert zwei Gedichte bei.
— Eines „Das seltne Haus" ist eine Verhimmelung
Körners. August von Leisten minnt in dem Gedicht
„Treue" sehr Langes und Breites! Eine unglückliche Liebe
aus den Studcntenjahren! Der Verfasser soll Advokat in
Hamburg sein, und Sutor heißen. Carl Candidus
spricht von „Sterblichkeit" des Genies, spricht uns
aber nicht an. Recht heiter ist Carl Buchner in „Aufkün-
digung der Bruderschaft." Von Julius Mosen kann
nur der satyrische zweite Theil gefallen. Firmcnichs „Gra b
der Liebenden" ist in der Form zu gesucht. I. A. Ri-
chard freiligrathisirt in dem Gedicht „Die Rettung des
Bruders." Hierauf Hoffma nn von Fallersleben,
Lewin Schücking, Nodnagel, der alte Prätzel,
Carl Gödeke, ein Gemisch von Werth und Werthlost'gkeit.
Hub und Schnetzler, die Herausgeber, sind Dichter in der
edelsten Bedeutung deö Worts, und haben in der Redak-
tion des rheinischen Odeons kräftiges Sichten und Geschmack
in der Auswahl bewährt. Ancrkennenswerthes findet sich
im Odeon manches vor. — Großartig-Hcrvortretendes ver-
mißt der Leser. Hubs und SchneHlers Gaben gehören mit
zu den Besten der Sammlung. — s —

Nordalbingisches Album, Hamburger Alma-
nach, mit Beiträgen der namhaftesten Literaten,
herausgegeben von Heinrich Ludolphe. Hamb.
G. W. Niemayer.
Der Herausgeber tritt zum ersten Male als Novellist
mit der Novelle „Vergeltung" auf. Eine gewisse Unbehülf-
lichkeit im Ordnen des Materials, so wie die etwas schlep-
pende Diktion verrathen den Anfänger. Was „Hände-
ergießungen" sein sollen, weiß vielleicht Adelung allein. Auch
gibt sich bei dem „Debütanten" eine Lust am Grausamen
und Ungewöhnlichen kund. Sonst ist die Novelle nicht ohne
glückliche Momente, unter welche wir besonders Amalicn's
Vertheidigung ihres Kindes und Nobert's Gcwissenskampf
zählen. Das Mittel, durch welches Wilhelm sich rächt,
streift ans Lächerliche. K. G. Prätzel's Frau en milde ist
eine erbärmliche, in hausbackenen Versen eingcschnürte Nach-
 
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