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Kritischer
Anzeiger kur Literatur und Kunkt.

Beiblatt zu 80 der Zeitschrift:
„Das Rheinland wie es ernst und heiter ist "
X 4. Sonntag, » Znli 1840.

Lieb' am Meere. Ein Liedercyclus von Bernh.
Neil. Leipzig. Verlag v. C. L. Fritzsche. 1840.
„Die weiße -Move schwebet
Schreiend den Wellen nach;
Zur Vesper läutet's vom Dome
Und matter sinkt der Laq."
Heine, Heine, was hast du wieder für Unheil ange-
stistet! Herr Reil schreibt 152 Seiten Gedichte und aus
jeder Seite guckt der schelmische Heine heraus und zeigt mit
spottendem Finger auf den Nachahmer Reil. — Herr Reil
ist keineswegs ohne Talent und kann, wenn von Heine's
Manier emanzipirt, uns gewiß etwas besseres bieten, als
weiße Möven und Brüste. Bei Heine ist die kokette Frivo-
lität originell; beim Nachahmer Reil erweckt sie Widerwillen
und um so mehr, da er sogar in der monoton gewordnen
Form sklavisch am Sänger des Buchs der Lieder saugt.
Wir wollen sehen, ob Herr Reil in spätern Produkten frei
und selbstständig auftritt. — l —

Fahrten. Erzählt von Drärler-Manfred. Er-
langen. Verlag von Carl Hepder. 1840.
Dem Auge des Dichters erscheint die Außenwelt mit
ihren Beziehungen immer in einem verklärten Lichte. Was
der Gelehrte nach vieljährigen Studien nicht begreift, dringt
sich oft dem Dichter im ersten Moment in aller Frische auf.
Man ist also in den Reiseberichten eines Dichters originelle
Ideen zu erwarten immer berechtigt. Will nun ein Poet
das in fremden Ländern Erlebte und Erschaute in eine poe-
tische Form bauen, so muß er sich auch zur poetischen Würde
erheben. Er muß, wie Byron in seinem Childe Herold,
mit der Muse der Geschichte Hand in Hand wandeln. Er
muß auf den Trümmern der Vergangenheit uns die Gegen-
wart erklären; denn auf Contraften beruht die Kunst. Herr
Drärler-Manfred bietet uns in seinen „Fahrten" auch eine
„Sängerfahrt," welche im poetischen Gewände uns eine

Reise durch Deutschland, England und Frankreich schildert,
die wir hier vorzüglich herausheben. Herr Drärler-Manfred
kommt nach Stuttgart, stimmt die Leier und singt:
„ Nehmet Cotta aus der Masse
Mit noch Zwei'» und setzet kühn :
Quedlinburg bei Gottfried Basse
Auf das ganze Stuttgart hin."
Ob in diese Strophe ein kleiner Gedanke sich verkrochen,
wissen wir nicht; wir find aber fest überzeugt, daß diese
Worte auch in ungebundener Rede hätten gesagt werden
können. Wie der citirte Vers sind auch die übrigen. Der
Dichter erhebt sich sogar in seinem poetischen Adlerschwunge
so hoch, daß er uns berichtet, Herr Sauerländer habe
ihm seine Produkte abgekauft! — Reime wie: „Tags —
Mar, Labyrinth — grünt, Lober — Hannover, Brügge —
Geschicke," sollte sich in unsern Tagen kein Dichter mehr er-
lauben dürfen. — — l —

Skizzen und Erinnerungen aus Algier und
Algerien von Aug. Jäger. Leipzig. Verlag
von C. L. Fritzsche. 1840.
Der Herr Verfasser, durch ein unglückliches Duell ge-
zwungen sein Vaterland zu verlassen, flüchtete nach Frank-
reich, trat in die Fremdenlegion und diente 18 Monate in
Algerien. Er spricht also über Land und Sitten aus eigener
Anschauung. Man muß dem Herrn Verfasser eine gewisse
Wortweitschweifigkeit und oste Wiederholung des bereits
Gesagten um so mehr verzeihen, da seine Skizzen ganz
aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben. Höchst interessant
sind die Kapitel über Kabylen und Hadschuten und über
Abd-el-Kader. Ferner sind zu bezeichnen: die Hinrichtung
zweier Beduinenhäuptlinge und die Schilderung der Frem-
denlegion. Das durch den wiederausgebrochnen Krieg in
Algerien angeregte Interesse für dortige Zustände läßt das
Büchlein eine gute Aufnahme erwarten, welches freilich
durch eine gute Spezialkarte viel empfehlenswerther und
nützlicher geworden wäre. — l —

Znferaten-Rubrik.

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