Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

DOI Artikel:
Halm, Philipp Maria: Dilettantismus
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0050

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
f

Dilettantismus.

werten Standpunkt durchgerungen hat. Mehr und
mehr kehrte sie sich von ästhetisch wie künstlerisch be-
denklichen Liebhabereien ab und soliden Techniken
und strengeren Anschauungen zu; sie trug sehr srüh-
zeitig schon der Moderne Rechnung und ist, nament-
lich was zeichnende Kräfte anlangt, vom besten Streben
beseelt, den Dilettantismus mehr und mehr zu ver-
edeln. So konnte die Zeitschrift auch init gutem
Recht den oben erwähnten Aufruf erlassen, der auf
ein unverdrossenes Weiterschaffen, auf Gründung
weiterer ksauskunstvereine,
auf eine diese alle zu-
sammenfassende Organisa-
tion hinzielt, die einen
Austausch von Lehrgängen
und Arbeitsmethoden, Ab-
haltung von Wandervor-
trägen u. a. ermöglichen
würde. Man sieht in diesen
Plänen nicht ohne eine ge-
wisse Befriedigung etwas
von der Art des englischen
Dilettantismus durchschim-
mern. Auch eine Aus-
stellung von Arbeiten häus-
licher Kunst ist schon in
Aussicht genommen mit
eventueller Auszeichnung
der hervorragendsten Lei-
stungen. Dieser Eifer und
die Begeisterung für die
Sache des Dilettantismus verdient jedenfalls un-
eingeschränkten Beifall. Gerade jetzt aber, da so-
zusagen ein neuer Abschnitt für den Dilettantismus
beginnt, fei im Interesse der häuslichen Kunst-
pflege selbst, dann aber auch im Interesse der
von ihr erhofften Förderung des Kunstgewerbes
auf einige wichtige, bisher viel zu wenig betonte
Punkte hingewiesen! Wenn die „Liebhaberkünste"
schreiben: Was soll nun weiter werden? Zunächst
unverdrossen weiterschaffen, weitererwerben u. s. w.,
so würde es besser lauten: „Zunächst unverdrossen,
aber noch ernster weiterschaffen!" Soll das Wort

Dilettantismus den schlimmen Beigeschinack ver-
lieren, will der Dilettantismus Beifall und An-
erkennung der Berufenen, so niufj die erste Forderung
heißen: „Ernst in allem Schaffen!" Deshalb fort
mit allen Gschnaßarbeiten, fort mit den Schein-
künsten, fort mit Imitationen und Surrogaten! Jedes,
selbst das geringste Stück aus Dilettantenhand be-
kunde Ernst in der Absicht, im Zweck; weniger
Luxus und mehr Gebrauchsgegenstände sollen ge-
schaffen werden. Daraus ergibt sich schon der Ernst

in der Technik und im
Material. Der tägliche
Gebrauch eines Gegen-
standes erfordert eine ge-
wisse Gediegenheit und
Sorgfalt in der Ausfüh-
rung, viel weniger das
Luxusstück, das nur den
Blick des Auges auszu-
halten braucht. Ernst
dann aber auch in der Aus-
stattung; ich meine nicht
immer nur spielend, wo-
möglich durchzeichnend ko-
pieren, sondern auch einmal
mit Ernst die Komposition
eines einfachen Zierstücks
versuchen. Man kann nicht
oft genug aus diese Punkte
Hinweisen. Ich halte sie
für die ersten Grundlagen
eines ersprießlichen, des berechtigten Dilettantis-
mus. Es sind das die Punkte, welche den eng-
lischen Dilettantismus zu solcher Höhe brachten.
Dem Ernst des kleinkünstlerischen Dilettantismus in
England entspricht auch die Strenge der Juroren.
And Strenge muß auch die Forderung von un-
seren Dilettanten-Führern sein. Sie dürfen nament-
lich nicht Aufmunterung mit Aachsicht verwechseln,
nie über Fehler wegsehen, lieber sie größer hin-
stellen; trotz alledem kann doch Milde walten,
namentlich da, wo man unverkennbar den Ernst in
den obenerwähnten Punkten wahrnimmt. Meines

56. Don (£. 5 ch IN i d t - 6 e l IN b r e ch ts, München.

38
 
Annotationen