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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Haupt, Albrecht: Gedankenspäne zur neuen Bewegung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0152

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Gedankenspäne zur neuen Bewegung.

dadurch aus, daß man es der altgewohnten Art an-
zunähern und schmackhaft zu machen versucht. Und
ich glaube wohl, nicht eigentlich zum Schaden. Denn
ein völliges Eingehen auf das oft Rohe und Ge-
waltsame, perbe und Wilde würde jene Aünstler
des Eigensten berauben, ohne daß Hoffnung vor-
handen wäre, in jener fremden Art das Beste zu
leisten.

Südlich der Pprenäen verstärkt sich diese Beob-
achtung ganz erheblich. Dort bemerkt man von dem
Neuesten, die eine französierende Stadt Barcelona
ausgenommen, kaum eine Spur. Wenn man in
Frankreich außerhalb Paris sich immer noch meist
in den herkömmlichen Areisen bewegt, so gilt dies
so gut als vollständig für Spanien; und das wieder-
holt sich ja, mit ganz geringen Ausnahmen in der
germanischen Lombardei, auch in Italien.

22Randleiste von
3- tV ei n h ei in er, München.

222. (Emblem von 3- Weinheimer, München.

Jene Länder haben eben in der Vergangenheit
in jenen alten Stilen, mit denen sie die Welt er-
oberten, ihren höchsten und besten Ausdruck gefunden.
Es läßt sich nun einmal nicht leugnen, daß unsere
gesamte nordische Aunst uns in geschichtlicher Zeit
aus den südlicheren Ländern, aus Italien, Frankreich,
Griechenland, gebracht, daß das germanische Wesen
bis zur Stunde noch nie zu einem völlig freien Aus-
druck feiner selbst in der Aunst gelangt ist. Und
wenn in irgend einer Zeit, der des romanischen,
gotischen oder Renaissancestiles z. B. das deutsche
Wesen mühsam sich durchzuringen und auszusprechen
begonnen hatte, da neigte sich jedesmal auch diese
Richtung ihrem Ende zu und wurde durch eine neue
fremdländische verdrängt. Bei völliger Aufrichtigkeit
und Ehrlichkeit dürfen wir es uns absolut nicht ver-
hehlen, daß das Germanentum in der Aunst der
Vergangenheit doch nirgends einen solchen Höhepunkt
erklommen hat wie die südlichen Völkerbrüder, aus-
genommen in Dichtkunst und Musik. Shakespeare,
Goethe, Mozart, Beethoven und Wagner stellen aus
ihrem Gebiete die einzigen Namen dar, die wir den
Homer und Phidias, den Raffael und Michelangelo,
den Velasquez und den Meistern von Amiens und

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