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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0286

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<£broutf des Bayer. Knnstgewerbevereins.

42-1 u. 422. 'Kapitell am Weißenburger Brunnen.

des Vereins pries und auf die Fortdauer des guten Ein-
vernehmens zwischen Vereinsvorstand und Vereinsmitgliedern
sein „ksoch" ausbrachte. Mit gewohnter Virtuosität betrat sodann
in mitternächtiger Stunde Bildhauer B r a d l mit humoristischen
Vorträgen den Plan und in heiterer Geselligkeit blieben die
Teilnehmer an diesem Familienfeste des Knnstgewerbevereins
noch lange beisammen.

-Außeror-entkiche Aenerakversammkung

am 29. April 1902, abends 8 Uhr.

Der (. Vorsitzende, Prof. Fr. v. Thiersch, eröffnet um
8 Uhr 20 Min. die Versammlung, indem er die versammelten,
darunter Se. Excel!. Staatsminister Frhrn. v. Feil!tzsch und
Ministerialrat Rauck, herzlich begrüßt und dabei den Wunsch
ausspricht, es möchten durch die heutigen Verhandlungen die
Vereinsbestrebungen einen Schritt vorwärts gebracht werden
und dem Kunstgewerbe zum Segen gereichen. — Bei der Er-
öffnung der Versammlung waren 80 stimmberechtigte Mitglieder
anwesend. Die Tagesordnung umfaßte zwei Punkte: i- Lhren-
mitgliedfchaft, 2. Ausstellung 1904. — Zum Beisitzer wurde
Prof. Waders ernannt.

Lhrenmitgliedichaft. Der Ausschuß hatte in seiner
Sitzung vom 2(. April einstimmig beschlossen, der außerordent-
lichen Generalversammlung den Antrag zu unterbreiten:

„Herrn Kommerzienrat Franz Radspieler in An-
erkennung seiner langjährigen und ersprießlichen Ver-
dienste um den Verein zum Ehrenmitglied zu ernennen."

Der Genannte ist seit >872 Vereins-, seit 1877 Ausschuß-
Mitglied und hat namentlich in den Jahren 1887 und 1888
als 2. Vorsitzender gelegentlich der letzten Kunflgewerbeaus-
stellung mit aller Kraft im Vereinsinteresse gewirkt. Die Er-
nennung zum Ehren Mitglieds wurde von der General-
versammlung einstimmig beschlossen.

2. Ausstellung Der Vorsitzende stellt zunächst fest,

daß in Bezug aus die Absicht, den Glaspalast zur Verfügung
zu halten, an den maßgebenden Stellen keine Änderung ein-
getreten sei. Indessen seien in verschiedenen Besprechungen
auch andere Vorschläge aufgetaucht: Bau eines Ausstellungs-
palastes in Verbindung mit dem Bavariaxark, Durchführung
des Kohleninselprojekts; anderseits kam vielfach die Meinung
zum Ausdruck, daß der Glaspalast vorzuzieheu sei, wogegen
wieder eingewendet wurde, daß es nicht angezeigt sei, für ein |
doch nur vorübergehendes Unternehmen so weitgehende Geld-
opfer zu bringen, wie sie durch das Herausreißen der be-
stehenden Einbauten, durch neue Einbauten und deren Mieder-

beseitiguug notwendig werden müßten. Man müsse daher ans
das Eingehendste untersuchen, ob der Glaspalast alle die Mög-
lichkeiten für eine würdige Durchführung der Ausstellung bieten
könne; der Ausschuß lege »un folgende Anträge zur Beschluß-
fassung vor:

1. Der Ausschuß wird beauftragt, die Frage
des Glaspalastes durch architektonische Skizzen nach
der künstlerischen und finanziellen Seite hin zu einer
Klärung zu bringen, wobei eine erlesene Ausstellung
des Kunstgewerbes zu Grunde zu legen ist.

2. Der Ausschuß wird beauftragt, zugleich Er-
hebungen darüber zu pflegen, wie das Kohleninsel-
projekt gleichzeitig mit der Glasxalastausstelluug ge-
fördert werden könnte.

Iu diesen Anträgen ergreift zunächst Maler Rich. Riemer-
s ch m i d das Wort, um in längerer Rede darzuthun, daß
München die Pflicht habe, die Behauptung von dem Niedergang
Münchens als Kunststadt zu widerlegen und zu beweisen, daß
es immer noch die künstlerische Vorherrschaft in Deutschland
besitze. Er weist auf die Anstrengungen hin, die anderwärts
— Dresden, Darmstadt, Karlsruhe — gemacht werden und
meint, was dort geschehen könne, müsse sich auch in München
ermöglichen lassen. Der Beweis für die Vorherrschaft Münchens
könne aber nur durch ein Gesamtbild erbracht werden, das
durch ein sieghaftes Wirken den notwendigen Erfolg verbürge.
Daß ein solcher Erfolg im Glaspalast zu erhoffen sei, müsse
mindestens stark in Zweifel gezogen werden; namentlich wirke
das Eisengerippe geradezu tötend auf die Stimmung.

Prof. v. Thiersch erwidert, daß die Untersuchungen über
die Verwendbarkeit des Glaspalastes mit aller Gewissenhaftig-
keit gemacht werden müßten. Zur Verwirklichung des Kohlen-
inselprojektes fehle es seiner Ansicht nach z Zt. an dem nötigen
1 allgemeinen vertrauen, was ihn sehr schmerzlich berühre. Auss
| tiefste bewegt, schildert er die aus dieser Sachlage entsprungenen
inneren Kämpfe, die ibn beinahe zu dem Entschlüsse geführt
hätten, den Vorsitz niederzulegen; er sei aber schließlich, gestärkt
durch manche ihm in der letzten Zeit gewordenen Kundgebungen,
doch zu der Ansicht gekommen, daß der schwere Kampf um die
auf der Kshleninsel geplante kunstgewerbliche Lentrale durch-
gekämpft werden müsse. Er sei der festen Überzeugung, daß
der Verein durch die Veranstaltung der Ausstellung im Glas-
palast sich gewissermaßen die Sporen verdienen und durch irgend
eine That festen Fuß auf der Insel fassen müsse.

Riemerschm id befürchtet eine Gefahr für das Kohlen-
inselprojekt darin, falls dieses zu gunsten der Ausstellung
zurückgestellt werde.

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