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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0285

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Cbronif bcs Bayer. KuMftijrn>crbrprretns.

452 u. 433. Kapitell am lveißenburger Brunnen.

Bildh. Milh. Klippel — geschnitzte Konsole), Karl 8engler
(Schlosser Gottsr. Stumpf — eiserner Wandarm für elektr. Licht),
Jos. kseinrich (Schreiner Xcw. Mich, Bahn — Standuhrkasten),
Joh. Müller (Schlosserei Schmid & Co. — Tischchen aus
Schmiedeeisen), Georg Silber Horn (Schlosser Gottfr. Stumpf
— in Eisen geschmiedeter Blumenstrauß). — Die Preise betrugen
je 20—35 M., wozu noch ein aus der Preisstiftung von I. G.
Beringer beschaffter Reißzeug kam. — Die Bewerbungsarbeiten
waren im Saal aufgestellt und erregten fast durchgehends die
Anerkennung der Fachleute. Am Schluß der Preisverteilung
richtete Prof. v. Thierfch warme, eindringliche Worte an die
Lehrlinge. Er bezeichnete den Kunstgewerbeverein als eine
große Familie, die an diesem Tage ihre Freude daran habe,
eine so tüchtige und hoffnungsvolle Schar von Kunsthandwerks-
jüngern in ihrem Kreise zu sehen; wie es den Vater mit Stolz
erfülle, wenn fein Sohn etwas Tüchtiges gelernt habe, so erfülle
es auch den Verein mit Stolz, allezeit wieder junge Kräfte
feinen Zielen entgegenziehen zu sehen. Er beglückwünschte dazu
Meister und Eltern, sprach die Hoffnung aus, daß die jungen
Lehrlinge dem Kunsthandwerk Ehre machen, daß sie darin
jene innere Befriedigung finden, die allein zum Glück führt,
—- und schloß mit einem Hoch auf die Meister und Eltern der
Preisträger.

Nachdem die Lehrlinge eine Meile zurückgetreten waren,
kehrten sie allesamt wieder zum vorstandstisch zurück, jeder das
Glas in der Hand, worauf einer derselben in gebundener Rede
unter Überreichung eines Lorbeerkranzes dem Vorstand die Glück-
wünsche zu seinem Jubelfeste darbrachte; in das ausgebrachte
Hoch stimmten auch die Alten freudig ein. Der Jubilar dankte
für die überraschende Ehrung und wünschte, auf den Kunst-
gewerbeverein sein Hoch ausbringend, das Gefühl der Zu-
sammengehörigkeit möge im Verein erhalten bleiben. Unter
dem Beifall der Versammlung bekränzte er hierauf mit dem ihm
gewidmeten Lorbeer die Büste des um den Verein hochverdienten
Erzgießers v. Miller feu., die Lehrlinge aber zogen sich im Voll-
gefühle ihrer Würde nach der Tafel zurück, um ein ihnen von
Vereins wegen bereitetes Festmahl zu genießen.

Nun war die „Überraschung" im Anzug. An der einen
Seite des Saales stieg die Projektionsleinwand in die Höhe,
die Lichter erloschen, und nach einer dichterisch wohlgelungenen
Einleitung I. v. Schmaedels erstanden auf der glatten Fläche
Werke des Jubilars vom Jahre \ 8? 6 au bis in die lebendige Gegen-
wart, darunter gar manche, die fast allen Anwesenden neu
waren. In launigen Versen hatte Rat v. Schmaedel dem Ju-
bilar der versammelten Beileid darüber ausgesprochen, daß er
schon seine „Fünfzig" auf dem Rücken habe, und hatte ihn

dann geschildert,^wie er schon in'frühester Jugend als Künstler
sich in die Muse verliebte und dabei als Mensch „der Besten
einer" blieb; jetzt, nachdem die Merke des Meisters vorüber-
gezogen waren, bekannte der Dichter, daß, wer noch so begeistert
schaffe, entwerfe und male, auch mit so Jahren nicht alt fei —,
und schloß mit den Morten:

„Drum nah'n wir nun als Gratulanten,

Erflehen Segen auf Dein Haupt,

Daß Du auch noch in fernsten Tagen,

Wenn Chronos es noch mehr bestaubt,

In gleicher Frische weiter schaffest;

Daß Dir als Meister hochverehrt
Auch in der Zukunft Ruhm und Ehre
Und reicher Lorbeer sei beschert! —

Ergreift die Gläser, laßt sie klingen!

Glückauf für jetzt und immerdar

Dem edlen Menschen und dem Künstler! —

Es lebe hoch der Jubilar!"

Dem brausenden „Hoch" folgte der tief empfundene Dank
des Jubilars für die sinnige Überraschung. Er müsse es über
sich ergehen lassen, daß er so gelobt werde und daß sich so viel
Anteilnahme an seiner Wirksamkeit kundgebe; es diene ihm
dies aber zum Trost und zur Ermutigung gegenüber so manchen
Kämpfen. Er habe das Glück gehabt, treue Eltern zu haben,
die ihn zur Dankbarkeit erzogen, und so sei es ihm gegeben,
sich nicht zu überheben. Er dürfe vielleicht hoffen, daß auch im
Kunstgewerbeverein diese Gesinnung gepsiegt werde und daß
insbesondere die Heranwachsende Jungmannschaft des Dankes
eingedenk bleibe, den sie den altbewährten Meistern schulde.
Darauf brachte er den Gönnern und Förderern des Handwerks
und des Kunstgewerbevereins sein Hoch. Prof. Dr. Georg
v. Mayr, langjähriges Mitglied und vor mehr als zwei Jahr-
zehnten schon zweiter Vorstand, erinnerte an den alten Herrn
v. Miller, der im Verein eine Familie gegründet habe, die fest
Zusammenhalte. Das Blühen des Vereins sei in seiner Weiter-
führung dem gegenwärtigen Vorsitzenden zu danken. Er trank
auf die schöne Ehe und das Zusammenwirken von Kunst und
Handwerk. - Dekorationsmaler Allwang ließ in einem schalk-
haften Dialog die Lehrlinge Franz! und Schorschl sich über ihre
nach der Prämiierung gemachten Erfahrungen unterhalten;
Vr. PH. M. Halm toastete in schwungvollen Versen auf die ab-
wesende Gattin des Jubilars, indem er namentlich auf das
große Gpfer hinwies, das sie dem Verein bringe, da dieser
ihren Gemahl seiner Familie gar oft entziehe. — Hofjuwelier
Th. Heiden gab schließlich der Gesamtstimmung beredten Aus-
druck, indem er den Vereinsvorstand mit Recht als die Seele

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