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DIE INVENTARISIERUNG DER KUNST-
DENKMÄLER IN DEUTSCHLAND
Die Vorbereitungen für eine Inventarisierung
der gesamten Kunstdenkmäler gehen in Preussen
zurück bis zum Jahre 1842. Aber es fehlte damals
und später der Centralverwaltung an Mitteln, das
Unternehmen energisch zu fördern. So gelangte es
trotz aller theoretischen Anerkennung seiner Wich-
tigkeit durch 24 Jahre nicht über die vorbereitenden
Stadien heraus. Erst die energische Initiative eines
hohen Verwaltungsbeamten war es, welche über
allgemeine Erwägungen hinaus die Sache in einem
konkreten Falle praktisch angriff. Unmittelbar
nach seiner Uebernahme der Verwaltung des ehe-
maligen Kurfürstentums Hessen veranlasste der
verstorbene Oberpräsident von Moeller die Bear-
beitung eines Denkmälerinventars für den nun-
mehrigen preussischen Regierungsbezirk Kassel.
Das als Folge hiervon im Jahre 1870 im Druck
erschienene Werk von v. Dehn-Rotfelser und
Dr. W. Lotz hätte in seiner mustergiltigen Be-
handlung des Gegenstandes vorbildlich sein sollen
für alle folgenden derartigen Arbeiten. Es ist des-
halb in hohem Masse zu beklagen, dass es nicht
als Norm für die Bearbeitung der Inventarien in
den übrigen Landesteilen aufgestellt, sondern diesen
die volle Freiheit in der Art der Publikation ge-
lassen wurde. So haben die gleichen Aufgaben
in den verschiedenen Provinzen — nicht nur in
Bezug auf die Form, sondern auch in dem was
sie bieten wollen, mannigfach differierende Gestalt
gewonnen. Zunächst folgte nach der Berufung des
Herrn v. Moeller zum Chef der Verwaltung von
Elsass-Lothringen die Bearbeitung des Denk-
mälerbestandes des Elsasses durch Professor Dr.
F. X. Kraus, welche 1871 im ersten Teil erschien
und seit 1884 abgeschlossen vorliegt. Nach diesen
Vorgängen ist die Arbeit allmälig in sämtlichen
preussischen Provinzen in Angriff genommen
worden.
Für Ostpreussen hat Professor Bergau kontrakt-
lich die Aufgabe übernommen, aber aus Gesund-
heitsrücksichten noch nicht wesentlich gefördert,
während sein Manuskript des Denkmälerinventa-
riums der Provinz Brandenburg dem Vernehmen
nach fertig vorliegt. Für Westpreussen sind die
Kreise Karthaus, Berent und Neustadt, sowie
jüngst der Landkreis Danzig (bearbeitet von
Regierungs - Baumeister Heise) erschienen. In
Pommern hat Baumeister v. Haselberg den Kreis
Franzburg bereits publiziert, während die Arbeit
für den Regierungsbezirk Stettin, mit Ausnahme
der Stadt selber, bearbeitet von Baumeister Lutsch,
wenigstens im Manuskript fertig gestellt sein soll.
Grössere Denkmäler-Aufnahmen desselben Archi-
tekten, welche gleichzeitig mit der Inventarisierung
stattgefunden haben, sollen demnächst als Supple-
ment der Erbkam’schen Bauzeitung erscheinen.
Da die in Pommern zur Verfügung stehenden
Mittel nicht ausreichen, um die Thätigkeit des
Bearbeiters das ganze Jahr durch in Anspruch zu
nehmen, so ist Baumeister Lutsch neuerdings auch
mit der gleichen Arbeit für Schlesien betraut wor-
den, wo der Provinziallandtag vorläufig erst
3000 Mark für diese Zwecke disponibel gemacht
hat. In Posen ist man über die vorbereitenden
Schritte noch nicht hinausgekommen. Die dortige
ursprüngliche Auffassung, welche die Zahl der zu
behandelnden Denkmäler im Regierungsbezirk
Posen auf 18, im Regierungsbezirk Bromberg auf
15 fixieren wollte, ist im Interesse einer allgemeinen
Inventarisierung des gesamten Denkmälervorrates
glücklicher Weise wieder aufgegeben worden.
Sehr rührig wird in Sachsen gearbeitet: Neun
Lieferungen des Werkes, welches von Bauinspek-
tor a. D. Sommer u. A., auf Veranlassung der
«historischen Kommission der Provinz Sachsen»
herausgegeben wird, sind bereits erschienen; sie
umfassen die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissen-
fels, Mühlhausen, Sangershausen, Weissensee,
Merseburg, Eckartsberga und die Grafschaft Werni-
gerode. Gleichzeitig begann eine »Neue Folge«
dieser Publikationen, welche die Stadt Halle und
den Saalkreis (bisher in drei Lieferungen) behan-
delt. Verfasser dieser sehr ins Detail gehenden
Arbeit ist G. Schönermark. Für Hannover ist die
Aufgabe durch Mithoff bereits seit fünf Jahren in
seinem siebenbändigen Werke (1871 bis 80) gelöst;
und seit demselben Jahre 1880 auch für die Pro-
vinz Hessen-Nassau beendet durch das Erscheinen
des Lotz und Schneider’schen Werkes über die
Denkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden.
Aus Westfalen liegt seit 1881 der Kreis Hamm,
bearbeiteit von Nordhoff, vor; über die weitere
Förderung des Unternehmens in dieser Provinz
ist nichts bekannt. Unerwartete Zwischenfälle ver-
zögerten in der Rheinprovinz die Drucklegung der
dort bereits ziemlich weit gediehenen Arbeiten;
neuerdings liegt das Manuskript für den Regie-
rungsbezirk Koblenz, bearbeitet von Dr. P. Lehfeldt,
abgeschlossen vor. Auch für den letzten preussi-
schen Landesteil, Hohenzollern, sind seit Kurzem
die einleitenden Schritte zur Inventarisierung ge-
schehen; das gleiche gilt von dem unter preussi-
scher Verwaltung stehenden Fürstentum Waldeck.
Von den übrigen deutschen Staaten ist Sachsen
seit 1882 mit seiner «Beschreibenden Darstellung
der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des König-
reichs Sachsen» von Architekt Dr. R. Steche bis
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DIE INVENTARISIERUNG DER KUNST-
DENKMÄLER IN DEUTSCHLAND
Die Vorbereitungen für eine Inventarisierung
der gesamten Kunstdenkmäler gehen in Preussen
zurück bis zum Jahre 1842. Aber es fehlte damals
und später der Centralverwaltung an Mitteln, das
Unternehmen energisch zu fördern. So gelangte es
trotz aller theoretischen Anerkennung seiner Wich-
tigkeit durch 24 Jahre nicht über die vorbereitenden
Stadien heraus. Erst die energische Initiative eines
hohen Verwaltungsbeamten war es, welche über
allgemeine Erwägungen hinaus die Sache in einem
konkreten Falle praktisch angriff. Unmittelbar
nach seiner Uebernahme der Verwaltung des ehe-
maligen Kurfürstentums Hessen veranlasste der
verstorbene Oberpräsident von Moeller die Bear-
beitung eines Denkmälerinventars für den nun-
mehrigen preussischen Regierungsbezirk Kassel.
Das als Folge hiervon im Jahre 1870 im Druck
erschienene Werk von v. Dehn-Rotfelser und
Dr. W. Lotz hätte in seiner mustergiltigen Be-
handlung des Gegenstandes vorbildlich sein sollen
für alle folgenden derartigen Arbeiten. Es ist des-
halb in hohem Masse zu beklagen, dass es nicht
als Norm für die Bearbeitung der Inventarien in
den übrigen Landesteilen aufgestellt, sondern diesen
die volle Freiheit in der Art der Publikation ge-
lassen wurde. So haben die gleichen Aufgaben
in den verschiedenen Provinzen — nicht nur in
Bezug auf die Form, sondern auch in dem was
sie bieten wollen, mannigfach differierende Gestalt
gewonnen. Zunächst folgte nach der Berufung des
Herrn v. Moeller zum Chef der Verwaltung von
Elsass-Lothringen die Bearbeitung des Denk-
mälerbestandes des Elsasses durch Professor Dr.
F. X. Kraus, welche 1871 im ersten Teil erschien
und seit 1884 abgeschlossen vorliegt. Nach diesen
Vorgängen ist die Arbeit allmälig in sämtlichen
preussischen Provinzen in Angriff genommen
worden.
Für Ostpreussen hat Professor Bergau kontrakt-
lich die Aufgabe übernommen, aber aus Gesund-
heitsrücksichten noch nicht wesentlich gefördert,
während sein Manuskript des Denkmälerinventa-
riums der Provinz Brandenburg dem Vernehmen
nach fertig vorliegt. Für Westpreussen sind die
Kreise Karthaus, Berent und Neustadt, sowie
jüngst der Landkreis Danzig (bearbeitet von
Regierungs - Baumeister Heise) erschienen. In
Pommern hat Baumeister v. Haselberg den Kreis
Franzburg bereits publiziert, während die Arbeit
für den Regierungsbezirk Stettin, mit Ausnahme
der Stadt selber, bearbeitet von Baumeister Lutsch,
wenigstens im Manuskript fertig gestellt sein soll.
Grössere Denkmäler-Aufnahmen desselben Archi-
tekten, welche gleichzeitig mit der Inventarisierung
stattgefunden haben, sollen demnächst als Supple-
ment der Erbkam’schen Bauzeitung erscheinen.
Da die in Pommern zur Verfügung stehenden
Mittel nicht ausreichen, um die Thätigkeit des
Bearbeiters das ganze Jahr durch in Anspruch zu
nehmen, so ist Baumeister Lutsch neuerdings auch
mit der gleichen Arbeit für Schlesien betraut wor-
den, wo der Provinziallandtag vorläufig erst
3000 Mark für diese Zwecke disponibel gemacht
hat. In Posen ist man über die vorbereitenden
Schritte noch nicht hinausgekommen. Die dortige
ursprüngliche Auffassung, welche die Zahl der zu
behandelnden Denkmäler im Regierungsbezirk
Posen auf 18, im Regierungsbezirk Bromberg auf
15 fixieren wollte, ist im Interesse einer allgemeinen
Inventarisierung des gesamten Denkmälervorrates
glücklicher Weise wieder aufgegeben worden.
Sehr rührig wird in Sachsen gearbeitet: Neun
Lieferungen des Werkes, welches von Bauinspek-
tor a. D. Sommer u. A., auf Veranlassung der
«historischen Kommission der Provinz Sachsen»
herausgegeben wird, sind bereits erschienen; sie
umfassen die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissen-
fels, Mühlhausen, Sangershausen, Weissensee,
Merseburg, Eckartsberga und die Grafschaft Werni-
gerode. Gleichzeitig begann eine »Neue Folge«
dieser Publikationen, welche die Stadt Halle und
den Saalkreis (bisher in drei Lieferungen) behan-
delt. Verfasser dieser sehr ins Detail gehenden
Arbeit ist G. Schönermark. Für Hannover ist die
Aufgabe durch Mithoff bereits seit fünf Jahren in
seinem siebenbändigen Werke (1871 bis 80) gelöst;
und seit demselben Jahre 1880 auch für die Pro-
vinz Hessen-Nassau beendet durch das Erscheinen
des Lotz und Schneider’schen Werkes über die
Denkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden.
Aus Westfalen liegt seit 1881 der Kreis Hamm,
bearbeiteit von Nordhoff, vor; über die weitere
Förderung des Unternehmens in dieser Provinz
ist nichts bekannt. Unerwartete Zwischenfälle ver-
zögerten in der Rheinprovinz die Drucklegung der
dort bereits ziemlich weit gediehenen Arbeiten;
neuerdings liegt das Manuskript für den Regie-
rungsbezirk Koblenz, bearbeitet von Dr. P. Lehfeldt,
abgeschlossen vor. Auch für den letzten preussi-
schen Landesteil, Hohenzollern, sind seit Kurzem
die einleitenden Schritte zur Inventarisierung ge-
schehen; das gleiche gilt von dem unter preussi-
scher Verwaltung stehenden Fürstentum Waldeck.
Von den übrigen deutschen Staaten ist Sachsen
seit 1882 mit seiner «Beschreibenden Darstellung
der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des König-
reichs Sachsen» von Architekt Dr. R. Steche bis