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Erster Jahrgang.

Berlin den 1. Mai 1885.

No. 9.

DER KUNSTFREUND

Herausgegeben von Henry Thode

Erscheint am I. und 15. jeden Monats. Preis des Jahrgangs mit allen Beilagen 20 Mark.
Die Abonnenten des n Jahrbuchs der Königlich Preussischen Kunstsammlungen« erhalten den »Kunstfreund« gratis,
die Beilagen zu ermäfsigten Preisen.

KÜNSTLERBRIEFE
Unter allen Mitteilungen, welche die. eifrigen
italienischen Forscher den heimischen Archiven
entnehmen, giebt es keine für den Historiker
erfreulicheren als die Briefe. Neben den trockenen
Notizen der Ausgabebücher, die gleichwohl für die
Geschichte der Kunst unschätzbare Wichtigkeit
haben, wirken sie frisch und unmittelbar gleich
menschlichen Stimmen, die verschieden im Ton
und Ausdruck durch den weiten Raum der Zeiten
klingen. Aus beiden auf die Eigenart des Sprechen-
den oder vielmehr des Schreibenden zu schliessen,
gewährt nicht allein mannigfache Belehrung, son-
dern auch den Reiz eines seines Erfolges fast
sicheren Ratens. Mit Freuden begrüssen wir
daher das Anerbieten Adolfo Venturi’s, des un-
ermüdlichen Durchforschers der Estensischen Ar-
chive, in den Spalten des Kunstfreundes eine
Reihe unedirter Briefe, welche von den Künst-
lern und der Kunst am Estensischen Hofe handeln,
zu publizieren. Eine deutsche Uebersetzung möge
den Inhalt und Venturi’s Kommentar allgemeiner
verständlich machen.
I
EIN BRIEF DES FRANCESCO DEL COSSA
Die Mitwirkung des Cossa an den berühmten
Wandgemälden im Saale des Palastes Schifanoja
zu Ferrara, die nur unbestimmt von Crowe und
Cavalcaselle angenommen, später von Gruyer aus-
geschlossen wurde, ist von Fritz Harck mit Schärfe
im Einzelnen bestimmt worden. Dieser stellte in
einem Aufsatz, der im »Jahrbuch der Königl.
Preussischen Kunstsammlungen« (Heft II, 1884)
publiziert wurde, nach einer eingehenden Prüfung
der Eigentümlichkeiten Cossa’s als Malers die Be-
hauptung auf, dass die drei Fresken der Ostwand,

nämlich die drei Felder mit den Triumphen der
Minerva, Venus und Apollo, der Gottheiten,
welche den Monaten März, April und Mai vor-
stehen, von diesem Meister mit Hülfe eines
Schülers gemalt wurden. Harck konnte wohl
niemals vermuten, dass Gossa in Person kommen
würde, ihm Recht zu geben und zu bestätigen,
dass weder Galasso, noch Tura, noch Costa, wie
Crowe und Cavalcaselle gewollt hatten, jemals
an diesen Fresken Teil gehabt. Hier ist der
Brief, den am 25. März 1470 Cossa selbst an den
Herzog von Ferrara schrieb: ein Datum, welches,
wie Harck richtig annähernd vermutete, dem der
Vollendung der Wandgemälde entspricht:
Ulme Princeps et Excelme Domine Domine mi
Singularissime etc. Adi passati insieme cum li altri
dipintori suplicai ad. V. Sig'a supra il pagamento
dela salla de Schivanoglio: Dove. Vostra. Signoria.
rispose ehe se instasse la relacione: Illmo principe
io non voglio esset quello il quäle, et a pelegrino
de prisciano et ad altri Venga a fastidio. per tanto
mi sonto deliberato ricorrere solo a Vostra Signoria
per ehe forsi a quella pare. on egi stato referito
ehe li sono de quelli ehe bene poteno stare con-
tenti et sono tropo pagati del merchato deli deci
bolognini. Et ricordare suplicando a quella ehe
io sonto francescho del cossa il quäle a sollo
fatto quili tri canpi verso l’anticamara: Siche
Illmo S. quando la Sigia Vostra non mi volesse
dare altro cha dece bolognini del pede: et bene
ne perdesse quaranta on cinquanta ducati conti-
nuamente avenga Viva sule mie brace staria con-
tento et bene posato: Ma bene essendogi altre
circostancie assai me ne dolgieria et tristaria fra
mi medemo: Et masime Considerando ehe io ehe
pur ho incomenciato ad avere uno pocho di nome.
fusse tratato et Judicato et apparangonato al piu
tristo garzonne de ferara: Et ehe lo mio avere
studiato e continuamente Studio non dovesse avere
a questa volta qualque piu premio et masime
dala Illustrissima Vostra Signoria ehe quelli ehe

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