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der erhaltenen Gemälde lässt sich mit ihm identi-
fizieren, aber man wird schwerlich irregehen,
wenn man annimmt, dass die Ansicht von Jeru-
salem eine ähnliche Wiedergabe orientalischer
Bauten gewesen, wie Gentile Bellini und Vittore
sie geliebt. Ebenso sicher diente irgend ein Vor-
gang aus dem Leben Christi oder eines Heiligen
als Staffage. Dass Vittore darauf kein Gewicht
legt, sondern einfach das ganze Bild »Jerusalem«
nennt, zeigt, dass bei Bildern der Art das Haupt-
gewicht auf den architektonischen Hintergrund,
nicht auf die Geschichte selbst gelegt wurde.
Neben diesen interessanten Mitteilungen aber be-
ansprucht eine andere kurze Bemerkung in dem
Briefe die Aufmerksamkeit — nämlich jene Er-
wähnung des Bildes, welches Carpaccio im grossen
Ratssaale gemalt. Durch Wickhoffs eingehende
Forschungen (Repertorium f. Kw. VI. Bd.) sind
wir in die Lage gesetzt worden, ein deutlicheres
Bild von der Ausschmückung desselben uns zu
machen. Jener ersten Generation von Malern,
den Guariento und Antonio Veneziano, welche die
Geschichte Friedrichs Barbarossa und Alexan-
ders III an den Wänden zu schildern be-
gonnen, war mit Gentile da Fabriano und Pisa-
nello eine zweite gefolgt. Seit 1474 datiert die
Thätigkeit einer dritten. Gentile Bellini beginnt,
es folgen Gian Bellini und Luigi Vivarini. Dass
auch Carpaccio ihnen beigestanden, erfahren wir
sowohl von Vasari und von Sansovino, als durch
ein bei Lorenzi publiziertes Dokument vom
28. September 1507 (Wickhoff S. 27). Aus letzte-
rem geht hervor, dass Vittore mit monatlichem
Gehalte in Gesellschaft des schlechter bezahlten
Vittore di Matteo und Hieronymus als Gehülfen
Gian Bellini’s angestellt war. Sansovino schreibt
eines der Bilder, N. 18: »Der Papst celebriert die
Messe in der Markuskirche« ganz dem Carpaccio
zu; Vasari lässt ihn nur mit Gian Bellini das von
Vivarini begonnene, aber nicht vollendete 16. Bild:
»Otto vor dem Kaiser und seinen Baronen« aus-
führen. Aus unserem Briefe ergiebt sich aber nun
mit Bestimmtheit, dass die Darstellung No. XIX
von Vittore war. Und zwar lässt es sich an-
nehmen, dass diese ganz von ihm gemalt sei,
aber auch nur diese, da er sie allein und mit
Stolz erwähnt. Sie zeigte die feierliche Handlung,
wie Alexander III in Ancona dem Dogen Sebasti-
ano Ziani einen Sonnenschirm überreicht. Als
nämlich Kaiser und Papst daselbst landeten, eilten
ihnen die Anconitaner entgegen mit zwei Sonnen-
schirmen, worauf der Papst, den Dogen zu ehren,
einen dritten für diesen forderte. Da wird sicher
ein langer Zug festlich gekleideter Menschen zu
sehen gewesen sein — Venetianer, deren Namen
und Porträts die Zeitgenossen wohl kannten!
Das Bild war vor 1511 fertig, wie nach Wickhoff
vermutlich alle die anderen Darstellungen der
Hofwand. Schon 1513 bot Titian seine Dienste
für die Ausmalung der Wand gegen S. Giorgio an.
Wer endlich jener Maler Lorenzo gewesen,
dem das Jerusalem so gefallen und der dann so
spurlos verschwunden war? -Es kann entweder
Lorenzo Leon-Bruno, oder Lorenzo Costa ge-
wesen sein. Beide befanden sich damals im Dienste
Francesco’s Gonzaga. Man möchte sich gern
Costa im Atelier Carpaccio’s denken — aber —
dem Wissensdurstigen geben selbst so ausführliche
Briefe wie der des Vittore, nie genügenden Auf-
schluss. H. Thode
DIE KÜNSTLERFAMILIE DER
LOMBARDI
Solari ist nach der neuesten Forschung der
Familienname der in Venedig ansässigen und von
dort auslaufenden Architekten- und Bildhauersippe
der Lombardi. Michele Caffi (Arte e Storia,
1885 No. 11 und 12) entnimmt den Namen einer
Inschrift am Fuss des Bronzetabernakels auf dem
Hauptaltar des Mailänder Doms. Sie lautet:
Aurelius Hieronymus . Te . Ludov.
Fres . Solari . Lombadi . F.
Pius . IV. Pont. Maxim.
Urkundlich erhalten die Brüder 1560 zu Rom
von dem aus Mailand stammenden Papst den
Auftrag auf die Arbeit.
Den Beinamen Lombardi verdanken sie,
worauf schon der Stil dieser Künstlerfamilie zu
deuten schien, ihrer ursprünglichen Heimat, die
Caffi sogar in speziell comaskischem Gebiet, in
Casate, einem Nest bei Bellagio, findet.
Dass die drei Brüder Söhne des bekannten
Antonio, Neffen des Tullio und Enkel des Pietro
waren, ist aus Nap. Cittadella’s Werk bekannt.
Caffi führt einen weiteren Ascendenten auf.
Es ist der von Cicogna als Steinmetz erwähnte
Martino de Zoanne Lombardo, der im Testament
des Tullio vom 14. November 1532 als Notar des
Pietro genannt wird. Die Frage, ob der wenig
gekannte Giulio, wie auch behauptet wird, ein
Bruder des Antonio und Tullio sei, lässt Caffi
offen. Man wird also wohl für ihn wie seine drei
Söhne, den 1504 in Venedig geborenen und 1560
gestorbenen Santo, den um 1537 in Venedig nach-
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der erhaltenen Gemälde lässt sich mit ihm identi-
fizieren, aber man wird schwerlich irregehen,
wenn man annimmt, dass die Ansicht von Jeru-
salem eine ähnliche Wiedergabe orientalischer
Bauten gewesen, wie Gentile Bellini und Vittore
sie geliebt. Ebenso sicher diente irgend ein Vor-
gang aus dem Leben Christi oder eines Heiligen
als Staffage. Dass Vittore darauf kein Gewicht
legt, sondern einfach das ganze Bild »Jerusalem«
nennt, zeigt, dass bei Bildern der Art das Haupt-
gewicht auf den architektonischen Hintergrund,
nicht auf die Geschichte selbst gelegt wurde.
Neben diesen interessanten Mitteilungen aber be-
ansprucht eine andere kurze Bemerkung in dem
Briefe die Aufmerksamkeit — nämlich jene Er-
wähnung des Bildes, welches Carpaccio im grossen
Ratssaale gemalt. Durch Wickhoffs eingehende
Forschungen (Repertorium f. Kw. VI. Bd.) sind
wir in die Lage gesetzt worden, ein deutlicheres
Bild von der Ausschmückung desselben uns zu
machen. Jener ersten Generation von Malern,
den Guariento und Antonio Veneziano, welche die
Geschichte Friedrichs Barbarossa und Alexan-
ders III an den Wänden zu schildern be-
gonnen, war mit Gentile da Fabriano und Pisa-
nello eine zweite gefolgt. Seit 1474 datiert die
Thätigkeit einer dritten. Gentile Bellini beginnt,
es folgen Gian Bellini und Luigi Vivarini. Dass
auch Carpaccio ihnen beigestanden, erfahren wir
sowohl von Vasari und von Sansovino, als durch
ein bei Lorenzi publiziertes Dokument vom
28. September 1507 (Wickhoff S. 27). Aus letzte-
rem geht hervor, dass Vittore mit monatlichem
Gehalte in Gesellschaft des schlechter bezahlten
Vittore di Matteo und Hieronymus als Gehülfen
Gian Bellini’s angestellt war. Sansovino schreibt
eines der Bilder, N. 18: »Der Papst celebriert die
Messe in der Markuskirche« ganz dem Carpaccio
zu; Vasari lässt ihn nur mit Gian Bellini das von
Vivarini begonnene, aber nicht vollendete 16. Bild:
»Otto vor dem Kaiser und seinen Baronen« aus-
führen. Aus unserem Briefe ergiebt sich aber nun
mit Bestimmtheit, dass die Darstellung No. XIX
von Vittore war. Und zwar lässt es sich an-
nehmen, dass diese ganz von ihm gemalt sei,
aber auch nur diese, da er sie allein und mit
Stolz erwähnt. Sie zeigte die feierliche Handlung,
wie Alexander III in Ancona dem Dogen Sebasti-
ano Ziani einen Sonnenschirm überreicht. Als
nämlich Kaiser und Papst daselbst landeten, eilten
ihnen die Anconitaner entgegen mit zwei Sonnen-
schirmen, worauf der Papst, den Dogen zu ehren,
einen dritten für diesen forderte. Da wird sicher
ein langer Zug festlich gekleideter Menschen zu
sehen gewesen sein — Venetianer, deren Namen
und Porträts die Zeitgenossen wohl kannten!
Das Bild war vor 1511 fertig, wie nach Wickhoff
vermutlich alle die anderen Darstellungen der
Hofwand. Schon 1513 bot Titian seine Dienste
für die Ausmalung der Wand gegen S. Giorgio an.
Wer endlich jener Maler Lorenzo gewesen,
dem das Jerusalem so gefallen und der dann so
spurlos verschwunden war? -Es kann entweder
Lorenzo Leon-Bruno, oder Lorenzo Costa ge-
wesen sein. Beide befanden sich damals im Dienste
Francesco’s Gonzaga. Man möchte sich gern
Costa im Atelier Carpaccio’s denken — aber —
dem Wissensdurstigen geben selbst so ausführliche
Briefe wie der des Vittore, nie genügenden Auf-
schluss. H. Thode
DIE KÜNSTLERFAMILIE DER
LOMBARDI
Solari ist nach der neuesten Forschung der
Familienname der in Venedig ansässigen und von
dort auslaufenden Architekten- und Bildhauersippe
der Lombardi. Michele Caffi (Arte e Storia,
1885 No. 11 und 12) entnimmt den Namen einer
Inschrift am Fuss des Bronzetabernakels auf dem
Hauptaltar des Mailänder Doms. Sie lautet:
Aurelius Hieronymus . Te . Ludov.
Fres . Solari . Lombadi . F.
Pius . IV. Pont. Maxim.
Urkundlich erhalten die Brüder 1560 zu Rom
von dem aus Mailand stammenden Papst den
Auftrag auf die Arbeit.
Den Beinamen Lombardi verdanken sie,
worauf schon der Stil dieser Künstlerfamilie zu
deuten schien, ihrer ursprünglichen Heimat, die
Caffi sogar in speziell comaskischem Gebiet, in
Casate, einem Nest bei Bellagio, findet.
Dass die drei Brüder Söhne des bekannten
Antonio, Neffen des Tullio und Enkel des Pietro
waren, ist aus Nap. Cittadella’s Werk bekannt.
Caffi führt einen weiteren Ascendenten auf.
Es ist der von Cicogna als Steinmetz erwähnte
Martino de Zoanne Lombardo, der im Testament
des Tullio vom 14. November 1532 als Notar des
Pietro genannt wird. Die Frage, ob der wenig
gekannte Giulio, wie auch behauptet wird, ein
Bruder des Antonio und Tullio sei, lässt Caffi
offen. Man wird also wohl für ihn wie seine drei
Söhne, den 1504 in Venedig geborenen und 1560
gestorbenen Santo, den um 1537 in Venedig nach-