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Fig. c. die entsprechende Figur am Throne
der Dreifaltigkeit von 1462 in München.


Es bedarf demnach für jeden Kundigen keines
Beweises, dass b im Gegensinne nach a kopiert
ist und c ebenfalls gegenseitig nach b.
Bei der Beschreibung des Tier-Königs im
Kopienspiel a. a. O. habe ich bereits auf die
hauptsächlichsten Abweichungen zwischen ihm
und dem Wilden-König des Originalspiels auf-
merksam gemacht und speziell vom Thron ge-
sagt: »Die Statuette links trägt eine Kappe auf
dem Haupt und hält eine Bandrolle (Fig. b),
während die Figur im Original keine Kopfbe-
deckung trägt und die Hände in die Falten des
Mantels hält (Fig al. *) Die Thronstufe ist mit
einem Linearornament bedeckt.« Dies Ornament
findet sich auch an der Stufe des Thrones der
Dreifaltigkeit, und damit ist wohl der Beweis ge-
führt, dass der Stich von 1462 die Kopie einer
Kopie nach dem Spielkartenmeister sei.
Ist nun schon durch die handschriftliche Da-
tierung der Dreifaltigkeit die Möglichkeit offen
gelassen, dass dieselbe vor 1462 gestochen wurde,
so gilt dies natürlich in noch höherem Grade von
ihrem Vorbilde, dem Tier-König, und noch
mehr von dem Wilden-König des Originalspiels,
dessen Entstehungszeit in eine relativ entlegene
Periode gerückt wird. Da sich jedoch vor der
Hand der Beweis, dass die Dreifaltigkeit von 1462
mehr als ein Decennium später entstanden sei,
als ihr Urbild, der Wilden-König des Meisters
der Spielkarten, nicht führen lässt, und sogar die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen wäre, dass alle

>) Letztere Bemerkung ist nicht ganz zutreffend für unsere
Beweisführung, aber irrelevant.

drei Stiche in demselben Jahre (1462) gefertigt
wurden, so möge hier eine andere Thatsache an-
gezogen werden, welche meine Behauptung, der
Spielkartenmeister habe in den 40 er Jahren des
XV Jahrhunderts gelebt, zu stützen geeignet ist.
Im Germanischen Museum befindet sich ein
Papierkodex (No. 998), welcher eine Handschrift
von Konrads von Würzburg trojanischem Krieg
enthält. Derselbe ist mit vielen Illustrationen ge-
schmückt und trägt eine genaue Datierung, welche
die Bilder zu einer für die zeitliche und örtliche
Bestimmung der frühesten Kupferstiche unge-
ahnten Wichtigkeit erhebt. — Das Manuskript
enthält unmittelbar an den trojanischen Krieg
anschliessend als zweites Stück den Wilhelm von
Orlens des Rudolf von Montfort, als drittes den
Herzog Ernst und trägt am Schluss die Worte:
»Schriptum (sic!) et completum est per me
Heinricum de Steynfurt, Clericum Osna-
burgensum Anno domini M° ccc° xljmo.
Deo gracias.«
Die Zeichnungen, welche nur die ersten beiden
Stücke begleiten, sind flüchtig, aber nicht ohne
Geist, mit spitzer Feder hingeworfen und mit
lichten Tuschtönen laviert. A. Essenwein hat im
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Jahr-
gang 1879 und 1880, Proben der Illustrationen
gegeben, und ich muss mich darauf beschränken,
hier auf seine Bemerkungen über die Art der
Zeichnung und ihren Zusammenhang mit dem
Manuskript zu verweisen. *)
Das Hauptinteresse für uns bieten die Kostüme
der dargestellten Figuren, da dieselben bis in alle
Einzelheiten genau mit dem beim Meister der
Spielkarten vorkommenden übereinstimmen. —
Um mit der Tracht der Männer zu beginnen,
finden wir zunächst durchgehends die noch nicht
schnabelförmig zugespitzten Schuhe, die selten
vorkommenden Holztrippen (Sp. 45/46 und 142),
deren Schnäbel noch nicht, wie später beim Meister
E. S., der Länge des ganzen Fusses gleichkom-
men und die wir im Kartenspiel nur beim Hirsch-
Ober A. (L. 7, 47) und beim Vogel - Unter B.
(L. 7, 32) antreffen. Der bis zu den Knieen rei-
chende, am Hals und unteren Saum mit Pelz ver-
brämte Lendner findet sich übereinstimmend auf
Sp. 41 und beim Hirsch-Unter (L. 7, 46), der
breitkrempige runde Hut auf derselben Abbildung
zum trojanischen Krieg beim Vogel-Unter A. und

>) Vergl. a. a. 0. Jahrg. 1880, Sp. 42—48. Die zu dem Codex
des Heinrich von Steinfurt gehörigen Illustrationen befinden
sich im Jahrg. 1879 auf Sp. 265/6 und im Jahrg. 1880 auf
Sp- 39/40, 41, 43/44, 45/46, 71/72, 75/76, 103/104,105/106, 14t, 142,
151/152, 275/276, 277/278. Hierauf beziehen sich die Citate
weiter unten.
 
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