DER DEKORATIONSMALER UND SEINE AUSBILDUNG.
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praktischen Erziehung. Der gelernte Stuben-
maler hat zugesehen, wie lange andere vor ihm
an ähnlichen Arbeiten thätig waren, und legt
gleich den richtigen Maßstab der Quadratmeter-
berechnung an die zu bemalende Fläche an. Er
weiß auch ungefähr, wieviel Kilo Farben er zu
einer so und so großen Fläche verbrauchen wird,
welche Unkosten daraus erwachsen, und wo er
die Farben am besten und billigsten beziehen
Kann; er weiß ferner, was an Gerüsten und
Nebensachen zu der Arbeit nötig ist, und macht
sich und dem Besteller den Abschluss des Auf-
trages angenehm. Nach der gefertigten Skizze
werden Studien und Karton im Atelier herge-
stellt, und der Maler zieht nun wohl vorbereitet
auf sein Gerüst, um sich seines Auftrages zu
seinem Ruhme und zu anderer Ergötzen zu ent-
ledigen.
Handelt es sich um wichtige Arbeiten monu-
mentalen Stils, so kommt vorher die Frage in
Betracht, welche Technik als die haltbarste zu
wählen sei, besonders ob auf Leinwand oder Ver-
putz gemalt werden soll. Bei Fassadenmalereien
sind wir ja durch unser Klima überhaupt auf
Ausführung in Glasmosaik oder Porzellanplatten
angewiesen; bei Innendekorationen ist außer der
direkten Wandmalerei auch aufgespannte Lein-
wand nicht ausgeschlossen. Ich habe auf meinen
Reisen mannigfache Studien über diese Frage
angestellt und bin zu dem Schluss, gekommen, dass
unter allen Umständen Putzmalerei vorzuziehen sei.
Schon der Zwang, im gegebenen Raum zu malen, ist
für mich maßgebend. Man ist nie im stände, sich
im Atelier vollständig in die betreffende Raumwirkung
hineinzudenken. Ich erlebte z. B. bei der Ausmalung
eines Opernhauses, dass ein Kollege, welcher die figu-
ralen Bilder der Zuschauerraumdecke zu malen hatte
(nebenbei gesagt ein Staffelmaler, welcher sich über-
haupt nicht auf Rüstbretter wagte), eine drei Meter
hohe Figur, auf Leinwand gemalt, probeweise ein-
spannen ließ und, nachdem das Gerüst aus dem Raum
entfernt war, mit einem Opernglas nach seinem Bilde
suchte Dasselbe war im Atelier so zart ausgefallen,
dass es auf die Entfernung von 60 — 70 Fuß kaum
mehr zu entdecken war. Der Maler hat infolge seiner
falschen Vorbildung das Bild zweimal malen müssen.
Die Franzosen malen Dekorativbilder fast immer
auf Leinwand, während die italienischen Meister alles
auf die Wand malten, und nach meiner Meinung sehr
zum Vorteil der dekorativen Kunst. Die Franzosen
müssen deshalb auf Leinwand malen, weil ihre Gebäude
meist auch im Innern aus Quadern gebaut sind, malen
auch schon darum durchweg im Atelier, um ihre Deko-
rativbilder auf den Salons ausstellen zu können. Ich
finde jedoch, dass die Bilder dort meist eine ungünstige
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praktischen Erziehung. Der gelernte Stuben-
maler hat zugesehen, wie lange andere vor ihm
an ähnlichen Arbeiten thätig waren, und legt
gleich den richtigen Maßstab der Quadratmeter-
berechnung an die zu bemalende Fläche an. Er
weiß auch ungefähr, wieviel Kilo Farben er zu
einer so und so großen Fläche verbrauchen wird,
welche Unkosten daraus erwachsen, und wo er
die Farben am besten und billigsten beziehen
Kann; er weiß ferner, was an Gerüsten und
Nebensachen zu der Arbeit nötig ist, und macht
sich und dem Besteller den Abschluss des Auf-
trages angenehm. Nach der gefertigten Skizze
werden Studien und Karton im Atelier herge-
stellt, und der Maler zieht nun wohl vorbereitet
auf sein Gerüst, um sich seines Auftrages zu
seinem Ruhme und zu anderer Ergötzen zu ent-
ledigen.
Handelt es sich um wichtige Arbeiten monu-
mentalen Stils, so kommt vorher die Frage in
Betracht, welche Technik als die haltbarste zu
wählen sei, besonders ob auf Leinwand oder Ver-
putz gemalt werden soll. Bei Fassadenmalereien
sind wir ja durch unser Klima überhaupt auf
Ausführung in Glasmosaik oder Porzellanplatten
angewiesen; bei Innendekorationen ist außer der
direkten Wandmalerei auch aufgespannte Lein-
wand nicht ausgeschlossen. Ich habe auf meinen
Reisen mannigfache Studien über diese Frage
angestellt und bin zu dem Schluss, gekommen, dass
unter allen Umständen Putzmalerei vorzuziehen sei.
Schon der Zwang, im gegebenen Raum zu malen, ist
für mich maßgebend. Man ist nie im stände, sich
im Atelier vollständig in die betreffende Raumwirkung
hineinzudenken. Ich erlebte z. B. bei der Ausmalung
eines Opernhauses, dass ein Kollege, welcher die figu-
ralen Bilder der Zuschauerraumdecke zu malen hatte
(nebenbei gesagt ein Staffelmaler, welcher sich über-
haupt nicht auf Rüstbretter wagte), eine drei Meter
hohe Figur, auf Leinwand gemalt, probeweise ein-
spannen ließ und, nachdem das Gerüst aus dem Raum
entfernt war, mit einem Opernglas nach seinem Bilde
suchte Dasselbe war im Atelier so zart ausgefallen,
dass es auf die Entfernung von 60 — 70 Fuß kaum
mehr zu entdecken war. Der Maler hat infolge seiner
falschen Vorbildung das Bild zweimal malen müssen.
Die Franzosen malen Dekorativbilder fast immer
auf Leinwand, während die italienischen Meister alles
auf die Wand malten, und nach meiner Meinung sehr
zum Vorteil der dekorativen Kunst. Die Franzosen
müssen deshalb auf Leinwand malen, weil ihre Gebäude
meist auch im Innern aus Quadern gebaut sind, malen
auch schon darum durchweg im Atelier, um ihre Deko-
rativbilder auf den Salons ausstellen zu können. Ich
finde jedoch, dass die Bilder dort meist eine ungünstige
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