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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0078

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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Rechenschaft. Es sind bis auf
zwei die Arbeiten der Schüler in
allen Stadien der Ausführung. Und
man kann sagen, daß die umfas-
sende Geistesbildung und Gemüts-
tiefe des Lehrers in den Herzen
seiner Studenten gezündet und
Früchte gezeitigt hat, welche für
die Zukunft verheißungsvoll sind.
Neben einer verfeinerten formalen
Bildung tritt uns überall der Reich-
tum der Ideen, der Schwung neuer
Vorstellungen und die schöpferi-
sche Lust bald in hohem Ernst,
bald in liebenswürdigem Humor
entgegen.

Man muß sich immer mehr von
dem Bilde losmachen, als könne
einer der historischen Stile, etwa die
Gotik, der Stil der Zukunft werden.
Soweit sich sehen läßt, werden sie
noch lange Zeit nebeneinander her-
gehen, ja sich durch bessere Erkennt-
nis noch schärfer gegeneinander
differenzieren und gegen Mischung
und Ineinanderfließen wehren.

Es ist sogar wahrscheinlich, daß als neuer Konkurrent ein
altgermanischer Stil hinzutritt und neben der kraftvoll auf-
lebenden Backsteinkunst würde sich der Holzbau gewiß
breite Gebiete erobern, wenn ihm nicht die erste Lebens-
bedingung, der Holzreichtum, genommen wäre. Die Ar-
chitektur des 20. Jahrhunderts wird also noch stilreicher,
gelehrter, bunter werden als die des verflossenen, zumal
wenn der Jugendstil, die Eisen- und Glaskonstruktion zu
eigenen monumentalen Kunstformen gelangen sollten. Ge-
gen diese Perspektive, die das Ziel immer weiter hinaus-
zurücken scheint, hilft kein Deklamieren. Vielleicht wird
man später einmal dies virtuose Spiel auf allen Instrumenten
den »deutschen Stil nennen. Jedenfalls ist die Vielherr-
schaft erträglich, ja versöhnlich, wenn sich in allen ihren
Provinzen der Kern unseres Volkstums, seine Poesie und
Geschichte, sein Glauben und Hoffen, sein Weinen und
Lachen in aller Freiheit und Weite ausleben darf. Auf
diesem Wege fühlen wir uns durch : Helm und Mitra«
einen tüchtigen Schritt vorwärts gebracht.

ARBEITEN VON FRAU LOUISE MATZ-LÜBECK

Unter den wenigen in Nordwestdeutschland ansässigen
Kunstgewerblern hat sich Frau Louise Matz in Lübeck in
den letzten Jahren schon einen geachteten Namen erworben.
Die Dame, eine Schülerin Erich Kleinhempels, hat sich die
künstlerische Vertiefung der Frauenhandarbeit zur Haupt-
aufgabe ausersehen — die drei Abbildungen zeigen eine
Anzahl Kissen und Decken in verschiedenen Techniken,
welche in einem Sonderpavillon der diesjährigen Lübecker
Kunstgewerbeausstellung ausgestellt waren —, daneben
hat die Künstlerin im letzten Jahre mit vielem Erfolge
Entwürfe zu Tischzeugen, Porzellanen, Tonwaren, Zinn-
gefäßen, Tapeten und besonders zu reizvollen Schmuck-
sachen gefertigt, die Th. Fahrner-Pforzheim ausführte. Sehr
dankenswert ist es, daß Frau Matz eine alte, fast völlig
eingeschlafene Handarbeitstechnik, die Tambourierarbeit,
wieder aufgenommen und durch einige von ihr neu erfundene
Hilfsmittel (Rahmen und Nadel) zu einer bequem zu er-
lernenden und dabei sehr wirkungsvollen Frauenarbeit um-
gewandelt hat. Der in einen Rahmen (Tambourin) gespannte
Stoff wird hierbei mittelst einer besonders geformten Häkel-

HANDSTICKEREIEN VON LOUISE MATZ-LÜBECK

nadel mit einer Art Kettenstich, das heißt einer fortlaufenden
Schlingenlinie bestickt; die Nadel wird mit der Hand senk-
recht durch den Stoff auf und nieder bewegt und holt die
Schlinge des unter dem Stoff liegenden Fadens wie eine
Maschinennadel herauf. Die künstlerische Wirkung steht
denen der bekannten Maschinenstickereien von Frau von
Brauchitsch kaum nach, zumal auch Frau Matz in der de-
korativen Verwendung pflanzlicher Motive ein bedeutendes
Talent zeigt. Auf beigegebenen Abbildungen sind das
erste und dritte Kissen — von links — in dieser Technik
ausgeführt. Wir begrüßen es mit Freuden, daß die Künstlerin
sich im Verein mit anderen künstlerisch bewährten Kräften
entschlossen hat, die »Lübecker Frauenwerkstätten« zur
Schaffung wertvoller Frauenarbeiten und zur praktischen
Erziehung der Frauen in kunstgewerblicher Richtung zu
gründen.

Lübeck H. mahn.

AUSSTELLUNO BUCHGEWERBLICHER

ARBEITEN DEUTSCHER KUNSTSCHULEN

IM BUCHOEWERBEHAUSE ZU LEIPZIG

Das Buchgewerbemuseum hat in seiner Herbstaus-
stellung einen Blick über die buchgewerblichen Leistungen
deutscher Kunstschulen gegeben. Vertreten waren: die
kgl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in
Leipzig, die Kunstgewerbeschulen in Düsseldorf, Krefeld
und Magdeburg und die k. k. Kunstgewerbeschule in Wien.
Eingeladen waren ferner^die Kunstgewerbeschulen Berlin,
Dresden, Elberfeld, Frankfurt, Hamburg, Karlsruhe, Mün-
chen, Straßburg und Stuttgart. Außerdem das von Obrist
und Debschitz in München gegründete Lehr- und Versuchs-
atelier, das jetzt von Debschitz allein geleitet wird. Von
diesen Anstalten bedauerten die Dresdener, die Elberfelder
und die Debschitzsche, an der Beschickung der Ausstellung
verhindert zu sein, ebenso die Hamburger Schule, die zur-
zeit von dem früheren Elberfelder Direktor Meyer reorga-
nisiert wird. Die Karlsruher Kunstgewerbeschule teilte
uns mit, daß sie keine Buchgewerbeklasse besitzt. Die
übrigen Anstalten haben auf unsere Einladung in keiner
Weise reagiert, woraus wir nichts anderes schließen können,
 
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