DIE SAMMLUNG EMILE PEYRE IM MUSEUM FÜR DEKORATIVE KÜNSTE IN PARIS 6g
lieh das aus Holz gefertigte Chorpult, das un-
zweifelhaft ehemals in einer Kirche der Yonne (aus
jenem Land, woher es stammen soll), die Chordeko-
ration vervollkommnete. Der Entwurf des Untergestells
und des großen Adlers, der das Pult trägt, ist eine
Erinnerung oder eine Nachahmung dieser Pulte mit
dem Adler, die man in größerer Zahl in den Metall-
werkstätten, in den Messingzentren im Tal der Maas
herstellte. Man muß selbst anerkennen, daß diese
Formen besser für die Metallarbeit als für die Arbeit
in Holz geeignet waren, und daß, wenn das Chor-
pult der Sammlung Peyre eine Phantasie und eine
Seltenheit ist, dies vielmehr für die Logik und die
Klugheit unserer französischen Arbeiter spricht, die
sich selten Mühe gaben, in Holz Modelle zu kopieren,
die für ein ganz anderes Material zur Ausführung
bestimmt waren.
Mit Beginn des lö. Jahrhunderts entstand in der
französischen Kunst eine Sucht nach der Imitation,
nach der Kopie, jedoch nicht mehr mit dem Blick
auf Flandern, sondern man machte eine Schwenkung.
Das triumphierende Italien trat auf, reich an Meister-
werken aus einem Jahrhundert bewundernswerter
Kunst, getragen von der Verführung zu einem uner-
hörten Luxus, der, unter einem wunderbaren Himmel
entfaltet, unfehlbar die Barbaren des Nordens, welche
die Alpen zur Eroberung dieses Paradieses über-
schritten hatten, angelockt hatte. Man weiß, welche
Bewegung in den Jahren von 1490 bis 1550 ganz
Europa durch die italienische Propaganda ergriff, und
wie sehr mit einem Mal die Traditionen der gotischen
Kunst als überwunden und verdorben erschienen.
Die italienische Kunst, welche sich langsam so zum
Herrn machte, war übrigens wunderbar durch den
Geschmack für den Luxus, der sich überall entwickelte,
und durch die Verbreitung der industriellen Produkte,
die derjenigen der wahren Kunstwerke voranging,
gefördert. Man kann sich daher nicht wundern,
daß die Durchdringung sich ganz zuerst an den
Gewohnheiten des äußeren Lebens vollzog, das sehr
schnell seine logischen Grundsätze, seine überkom-
menen Traditionen und Quellen verläßt, von denen
die der blühenden Ornamentik nicht die geringsten
waren, um sich der italienischen Mode zu unter-
werfen.
Aber gleichzeitig durch ein ähnliches Phänomen,
wie es in der Architektur vor sich ging, wo die
innere Anlage der Gebäude lange Zeit unverändert
bleibt, während ihr äußerer Stil sich umänderte, über-
lebten sich die alten Methoden. Der Geschmack für
den reichen Ornamentismus, der Sinn für das orga-
nische Leben, die technische Gewohnheit und der
Geschmack für die schönen und reichen Materien,
die in dem Lande durch die Natur selbst genährt
waren, bestanden unter der Gier nach den italienischen
Nouveautes fort. Man sah damals diese an Kom-
position reiche und abwechselungsvolle Kunst, wo
die antiken Formen sich mit ungeahnten Laubwerken
bedeckten und jedesmal das klassische Element den
wesentlichen Bestandteil der Renaissance ausmacht.
Die Kollektion Peyre ist besonders reich an
Dokumenten aus dieser Epoche, wo man Schritt für
Schritt den Einflüssen und den Verschmelzungen folgen
kann, von denen wir soeben gesprochen haben. Der
Lehnsessel, den wir hier im Gegensatz zu dem go-
tischen als^ Pendant geben, der nahezu 50 Jahre
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lieh das aus Holz gefertigte Chorpult, das un-
zweifelhaft ehemals in einer Kirche der Yonne (aus
jenem Land, woher es stammen soll), die Chordeko-
ration vervollkommnete. Der Entwurf des Untergestells
und des großen Adlers, der das Pult trägt, ist eine
Erinnerung oder eine Nachahmung dieser Pulte mit
dem Adler, die man in größerer Zahl in den Metall-
werkstätten, in den Messingzentren im Tal der Maas
herstellte. Man muß selbst anerkennen, daß diese
Formen besser für die Metallarbeit als für die Arbeit
in Holz geeignet waren, und daß, wenn das Chor-
pult der Sammlung Peyre eine Phantasie und eine
Seltenheit ist, dies vielmehr für die Logik und die
Klugheit unserer französischen Arbeiter spricht, die
sich selten Mühe gaben, in Holz Modelle zu kopieren,
die für ein ganz anderes Material zur Ausführung
bestimmt waren.
Mit Beginn des lö. Jahrhunderts entstand in der
französischen Kunst eine Sucht nach der Imitation,
nach der Kopie, jedoch nicht mehr mit dem Blick
auf Flandern, sondern man machte eine Schwenkung.
Das triumphierende Italien trat auf, reich an Meister-
werken aus einem Jahrhundert bewundernswerter
Kunst, getragen von der Verführung zu einem uner-
hörten Luxus, der, unter einem wunderbaren Himmel
entfaltet, unfehlbar die Barbaren des Nordens, welche
die Alpen zur Eroberung dieses Paradieses über-
schritten hatten, angelockt hatte. Man weiß, welche
Bewegung in den Jahren von 1490 bis 1550 ganz
Europa durch die italienische Propaganda ergriff, und
wie sehr mit einem Mal die Traditionen der gotischen
Kunst als überwunden und verdorben erschienen.
Die italienische Kunst, welche sich langsam so zum
Herrn machte, war übrigens wunderbar durch den
Geschmack für den Luxus, der sich überall entwickelte,
und durch die Verbreitung der industriellen Produkte,
die derjenigen der wahren Kunstwerke voranging,
gefördert. Man kann sich daher nicht wundern,
daß die Durchdringung sich ganz zuerst an den
Gewohnheiten des äußeren Lebens vollzog, das sehr
schnell seine logischen Grundsätze, seine überkom-
menen Traditionen und Quellen verläßt, von denen
die der blühenden Ornamentik nicht die geringsten
waren, um sich der italienischen Mode zu unter-
werfen.
Aber gleichzeitig durch ein ähnliches Phänomen,
wie es in der Architektur vor sich ging, wo die
innere Anlage der Gebäude lange Zeit unverändert
bleibt, während ihr äußerer Stil sich umänderte, über-
lebten sich die alten Methoden. Der Geschmack für
den reichen Ornamentismus, der Sinn für das orga-
nische Leben, die technische Gewohnheit und der
Geschmack für die schönen und reichen Materien,
die in dem Lande durch die Natur selbst genährt
waren, bestanden unter der Gier nach den italienischen
Nouveautes fort. Man sah damals diese an Kom-
position reiche und abwechselungsvolle Kunst, wo
die antiken Formen sich mit ungeahnten Laubwerken
bedeckten und jedesmal das klassische Element den
wesentlichen Bestandteil der Renaissance ausmacht.
Die Kollektion Peyre ist besonders reich an
Dokumenten aus dieser Epoche, wo man Schritt für
Schritt den Einflüssen und den Verschmelzungen folgen
kann, von denen wir soeben gesprochen haben. Der
Lehnsessel, den wir hier im Gegensatz zu dem go-
tischen als^ Pendant geben, der nahezu 50 Jahre
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