DIE DRITTE DEUTSCHE KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG DRESDEN 1906
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gefunden. Der Hauptgrundsatz ist, den kleinsten
Kindern nicht möglichst naturgetreue Tiere usw. mit
echten Fellen usw. in die Hand zu geben, sondern die
tierischen Gestalten, auch Lokomotiven und ähnliches
zu stilisieren, nur in ihren wesentlichen kräftig be-
tonten Formen wiederzugeben. Ob es gerade richtig
ist, immer eckige Umrisse zu wählen, mag man be-
zweifeln, jedenfalls ist der Grundsatz richtig und viel-
fach ausgezeichnet in die Tat umgesetzt. Anderseits
gehen die Bestrebungen dahin, für Städte und Dörfer
in Holz die Formen der heimatlichen Bauweise mög-
lichst getreu anzuwenden. Hier hat namentlich der
Ausschuß für heimatliche Bauweise in Sachsen und
Thüringen (Verein Heimatschutz) ganz reizende Ent-
würfe geliefert, die in Grünhainichen ausgeführt
wurden.
SCHLUSS
Wir sind am Schlüsse unseres Überblickes und
müssen nur bedauern, daß wir so vieles Gute nicht
einmal erwähnen konnten. Auch auf die prachtvolle
kunstgeschichtliche Ausstellung können wir hier nicht
eingehen. Sicher ist, daß die Dresdener Ausstellung
einen ganz außerordentlichen Erfolg des neuen deut-
schen Kunstgewerbes bedeutet. Was seit dem Jahre
1897, da die neuen Bestrebungen, ebenfalls in Dres-
den, zum erstenmal schüchtern zutage traten, in rüsti-
gem Streben mit frischer Begeisterung geschaffen
worden ist, das tritt hier in gesammelter Kraft und
mächtig erstarkt vor die Augen ganz Deutschlands.
Ja ganz Deutschlands, denn die Ausstellung ist über-
aus stark besucht; fast täglich kommen ganze Kunst-
gewerbe-, Gewerbe- und Handwerkervereine von
überall her zum Besuche der Ausstellung, auch Hand-
werker und Arbeiter, die von den Behörden mit
Unterstützungen nach Dresden zum Studium gesendet
werden. Und so darf man sich trotz aller törichten
Anfeindungen versprechen, daß die dritte deutsche
Kunstgewerbeausstellung durch die nachdrückliche
Betonung des Echten und Gediegenen, des Sachlichen
und Einfachen, einen nachhaltigen Einfluß auf das
gesamte deutsche Kunstgewerbe gewinnen werde. Ob
künftige deutsche Kunstgewerbeausstellungen allein
von Künstlern oder auch von Kunstindustriellen ver-
anstaltet werden, ist eine Nebenfrage. Jedenfalls aber
wird keine die bedeutenden Fortschritte auf dem Ge-
biete der Kunst auszustellen, die Dresden vermöge
des vorwaltenden künstlerischen Einflusses wiederum
aufzuweisen hat, außer acht lassen dürfen. Und auch
für die Ausgestaltung der kunstgewerblichen Schulen
gibt die Dresdener Ausstellung entscheidende Hin-
weise. Nicht der Papierentwurf wird herrschen, son-
dern die Lehrwerkstätte, mit dem Zeichnen muß die
technische Ausführung Hand in Hand gehen. Auch
in der letzten Frage endlich, nach dem Verhältnis
von Kunstindustrie und Kunsthandwerk, gibt die Aus-
stellung klare Auskunft für die künftige Entwickelung.
Die Maschine wird der Kunstindustrie und auch der
künstlerischen Kultur in den weitesten Kreisen eine
treue und zuverlässige Dienerin sein, wenn wir kon-
struktive und ornamentale Formen den Leistungen
der Maschine anpassen und andererseits die Maschinen
weit mehr differenzieren, als dies bisher geschehen
ist. Hier ist noch ein weites Feld der Entwickelung
gegeben. Das Kunsthandwerk aber, die Handarbeit
im Dienste des Kunstgewerbes, wird konkurrenzfähig
bleiben vor allem für das kunsthandwerkliche Einzel-
erzeugnis, woran wir höhere künstlerische Forde-
rungen stellen, und wofür wir entsprechend höhere
Preise bezahlen. So glauben wir, daß die dritte
deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden 1906 nach
allen Richtungen ihre Aufgaben erfüllt hat.
Eines der Wandgemälde von Ludwig von Hofmann in der Museumshalle von Henry van de Velde-Weimar — links und rechts messingene
Beleuchtungskörper von Henry van de Velde, ausgeführt von Hofkunstschlosser O. Bcrgner-Berka a. d. Um
Kunstgewerbeblatt. N. F. XVII. H. n 32
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gefunden. Der Hauptgrundsatz ist, den kleinsten
Kindern nicht möglichst naturgetreue Tiere usw. mit
echten Fellen usw. in die Hand zu geben, sondern die
tierischen Gestalten, auch Lokomotiven und ähnliches
zu stilisieren, nur in ihren wesentlichen kräftig be-
tonten Formen wiederzugeben. Ob es gerade richtig
ist, immer eckige Umrisse zu wählen, mag man be-
zweifeln, jedenfalls ist der Grundsatz richtig und viel-
fach ausgezeichnet in die Tat umgesetzt. Anderseits
gehen die Bestrebungen dahin, für Städte und Dörfer
in Holz die Formen der heimatlichen Bauweise mög-
lichst getreu anzuwenden. Hier hat namentlich der
Ausschuß für heimatliche Bauweise in Sachsen und
Thüringen (Verein Heimatschutz) ganz reizende Ent-
würfe geliefert, die in Grünhainichen ausgeführt
wurden.
SCHLUSS
Wir sind am Schlüsse unseres Überblickes und
müssen nur bedauern, daß wir so vieles Gute nicht
einmal erwähnen konnten. Auch auf die prachtvolle
kunstgeschichtliche Ausstellung können wir hier nicht
eingehen. Sicher ist, daß die Dresdener Ausstellung
einen ganz außerordentlichen Erfolg des neuen deut-
schen Kunstgewerbes bedeutet. Was seit dem Jahre
1897, da die neuen Bestrebungen, ebenfalls in Dres-
den, zum erstenmal schüchtern zutage traten, in rüsti-
gem Streben mit frischer Begeisterung geschaffen
worden ist, das tritt hier in gesammelter Kraft und
mächtig erstarkt vor die Augen ganz Deutschlands.
Ja ganz Deutschlands, denn die Ausstellung ist über-
aus stark besucht; fast täglich kommen ganze Kunst-
gewerbe-, Gewerbe- und Handwerkervereine von
überall her zum Besuche der Ausstellung, auch Hand-
werker und Arbeiter, die von den Behörden mit
Unterstützungen nach Dresden zum Studium gesendet
werden. Und so darf man sich trotz aller törichten
Anfeindungen versprechen, daß die dritte deutsche
Kunstgewerbeausstellung durch die nachdrückliche
Betonung des Echten und Gediegenen, des Sachlichen
und Einfachen, einen nachhaltigen Einfluß auf das
gesamte deutsche Kunstgewerbe gewinnen werde. Ob
künftige deutsche Kunstgewerbeausstellungen allein
von Künstlern oder auch von Kunstindustriellen ver-
anstaltet werden, ist eine Nebenfrage. Jedenfalls aber
wird keine die bedeutenden Fortschritte auf dem Ge-
biete der Kunst auszustellen, die Dresden vermöge
des vorwaltenden künstlerischen Einflusses wiederum
aufzuweisen hat, außer acht lassen dürfen. Und auch
für die Ausgestaltung der kunstgewerblichen Schulen
gibt die Dresdener Ausstellung entscheidende Hin-
weise. Nicht der Papierentwurf wird herrschen, son-
dern die Lehrwerkstätte, mit dem Zeichnen muß die
technische Ausführung Hand in Hand gehen. Auch
in der letzten Frage endlich, nach dem Verhältnis
von Kunstindustrie und Kunsthandwerk, gibt die Aus-
stellung klare Auskunft für die künftige Entwickelung.
Die Maschine wird der Kunstindustrie und auch der
künstlerischen Kultur in den weitesten Kreisen eine
treue und zuverlässige Dienerin sein, wenn wir kon-
struktive und ornamentale Formen den Leistungen
der Maschine anpassen und andererseits die Maschinen
weit mehr differenzieren, als dies bisher geschehen
ist. Hier ist noch ein weites Feld der Entwickelung
gegeben. Das Kunsthandwerk aber, die Handarbeit
im Dienste des Kunstgewerbes, wird konkurrenzfähig
bleiben vor allem für das kunsthandwerkliche Einzel-
erzeugnis, woran wir höhere künstlerische Forde-
rungen stellen, und wofür wir entsprechend höhere
Preise bezahlen. So glauben wir, daß die dritte
deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden 1906 nach
allen Richtungen ihre Aufgaben erfüllt hat.
Eines der Wandgemälde von Ludwig von Hofmann in der Museumshalle von Henry van de Velde-Weimar — links und rechts messingene
Beleuchtungskörper von Henry van de Velde, ausgeführt von Hofkunstschlosser O. Bcrgner-Berka a. d. Um
Kunstgewerbeblatt. N. F. XVII. H. n 32