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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Zimmermann, Ernst: Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0267

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234 BEMERKUNGEN ZUR 3. DEUTSCHEN KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG DRESDEN 1906

oder zwei reine Privatanstalten. Und das ist wirklich
schon mehr, als sich hier eigentlich einfinden durfte,
da die eine der letzteren, hätte es eine Jury für diese
Abteilung gegeben, wohl kaum in den Bereich der
Ausstellung gelangt wäre. Doch auch die übrigen
Anstalten bieten noch kaum ein ganz befriedigendes
Resultat: es ist hier alles noch Übergang, oft mehr
Wollen als Können. Da sie alle erst spät, viel
später als die meisten übrigen Gebiete der dekora-
tiven Kunst, ihre Umwandlung begonnen haben, so
können hier noch nicht dieselben Resultate erreicht
sein. Doch ist überall begründete Hoffnung gegeben,
daß diese, geht die Entwickelung in normaler Weise
weiter, von allen Seiten in absehbarer Zeit erreicht
werden können.

Unter den Erzeugnissen der Porzellanmanufak-
turen, die hier ausgestellt haben, überrascht und im-
poniert am meisten das, was die Berliner Manufaktur
Neues zu schaffen versucht hat, freilich nicht durch
sich selber, sondern durch ihre jüngste Hilfskraft, den
Maler Schmuz-Baudiß, der hier allein mit seinen Ar-
beiten vertreten ist. Schmuz-Baudiß ist entschieden
heute in Deutschland die interessanteste Persönlichkeit,
die in Porzellan arbeitet. Denn er ist nicht bloß
Künstler, er ist auch Techniker, stellt somit das Ideal

Bartgeier von Wallher in Meißen
Kgl. Porzellanmanufaktur Meißen

einer für die Kunstkeramik arbeitenden Persönlichkeit
dar. Seine Resultate sind daher auch ganz einzige:
Unterglasurfarben, gespritzt, zum Teil über vertieftem
Grund, dies alles in vollendeter Technik. Daneben
neue Experimente: die Durchscheinbarkeit des Por-
zellans zu Fensterbildungen benutzt, die Mattigkeit
des Biskuits zu ruhiger Fliesengestaltung. Die tech-
nische Leistung ist überall erstaunlich. Weniger
dürfte schon die künstlerische befriedigen. Die far-
bigen Gehänge mit den breiten Konturen wirken
schwer und hart auf dem schimmernden Grunde des
feinen kristallinischen Porzellans. Sie erinnern im
Grundcharakter stark an jene eigenartige schwere
Ornamentierung, mit der auf der letzten Pariser Welt-
ausstellung der seltsame Willumsen die Porzellane
Bing & Gröndahls in Kopenhagen geschmückt hatte,
die dann freilich bald wieder verschwunden sind.
Ganz vorzüglich sind dagegen einige Teller mit Land-
schaften: sie gerade sind weich und duftig und doch
farbig, wie man es für Porzellan am liebsten sieht.
Diese Teller sind wohl das beste, was die moderne
Porzellanindustrie in Deutschland bisher hervorge-
bracht hat.

Neben der Berliner Manufaktur hat die Meißener
schon deswegen einen schweren Stand, weil hier
einer staatlich subventionierten Musteranstalt
eine auf reinen Gewinn ausgehende gewerb-
liche Fabrik gegenübertritt, die dabei sich noch
eines alten Rufes würdig zeigen muß. Um
so mehr darf man sich freuen, daß diese Fabrik
nun auch in letzter Zeit das Risiko gewagt,
ins unbekannte Land des Modernen hinaus-
zufahren und überhaupt zwei Ziele sich fest
vor Augen zu stellen: zunächst ihre alten
klassischen Muster aus dem 18. Jahrhundert,
die ihren alten Ruf begründeten, und die noch
immer ihre Haupteinnahmequelle darstellen,
ganz im Sinne dieser alten Vorbilder wieder
herzustellen, daneben aber ein neues Genre
zu setzen, das diesen ihren alten Leistungen
völlig würdig sei. Die ersten Resultate dieser
Bestrebungen liegen hier vor, und man kann
sagen, sie berechtigen zu den schönsten Hoff-
nungen, namentlich auf dem Gebiet der Pla-
stik. Man spürt hier auf Schritt und Tritt
den Einfluß des neuen Leiters dieser Abteilung,
Professor Hösels, und kann nur wünschen,
daß ihm auch recht bald auf dem Gebiet der
Malerei eine ebenbürtige Kraft zur Seite ge-
setzt wird, der mit demselben Eifer sich an
die Reorganisation seines Gebietes macht.
Dann kann für Meißen wieder eine neue Blüte-
zeit beginnen.

Ganz erstaunlich gut ist in dieser Beziehung
bereits die Nachbildung der alten Meißener
Figuren und Gruppen namentlich aus der Ro-
kokozeit gelungen. Viele alte Modelle sind
neu hervorgezogen, die bisher benutzten wie-
der im Sinne der alten aufgefrischt worden.
Vor allem aber ist die Bemalung jetzt wieder
im alten Sinne erfolgt: hier breite Farben-
 
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