standenen Studien zusammen, geschieden in die Grup-
pen: „Florentiner Eindrücke und Skizzenbücher“,
„Florentiner Madonnen“ und „Grablegung und Über-
gang nach Rom“.
Welche Bedeut-ung der Grablegung in der Galerie
Borghese in Raphaels Schaffen zukommt, ist bekannt.
Es ist seine Absage an die empfindungszarte umbrisc'he
Schule, die energische erste Auseinandersetzung mit
den Fonnproblemen, wie sie ihm in Florenz durc'h die
großen, dort vereinigt wirkenden Meister nahegerückt
worden waren; der Jugendliche prüft die Schwingen
zu dem hohen Flug, der ihm vom Schicksal bestimmt
ist, und erprobt nun das ernsthaft Errungene in unbe-
greiflich schwungvollen Entwürfen, von denen die s. g.
„Kampfszenen“ in Oxford die bekanntesten sind, tief
erregt durch Signorelli’s machtvollen Cyklus in Orvieto.
50 Zeichnungen übermittelt die vierte, jetzt vor-
liegende Abteilung dem Studium, in jener vollkomme-
nen Weise der Wiedergabe, welche das ganze Werk
von Anfang an auszeichnet. Ohne die Übertreibungen,
wie sie größere Faksimile-Wiedergaben neuerer Zeit
enthalten, deren Streben dahin ging, keinen zufälligen
Schmutzflecken des Papiers vorzuenthalten, ist jede
Forderung, die der Forscher stellen muß, erfüllt; die
Reproduktion ist in einer Art, welche die Einfühlung in
des Meisters Ausdrucksweise ermöglicht und fiir die
Beantwortung jeder Frage, die bei kritischen Unter-
suchu.ngen auftauchen mag, ausreicht. Wo technische
Schwierigkeiten nicht völlig restlos überwunden 'wur-
den, ;ist es mit anerkennenswerter Ehrlichkeit gesagt,
und es werden dann außer den Tafeln im Text Detaii-
aufnahmen geboten, in denen ge’wisse Subtilitäten noch
klarer in die Ersc'heinung treten (Abb. 178 und 182). In
einem besonderen Falle, wo die ursprüngliche Weiß-
höhung schwarz geworden ist (Frauenkopf mit flattern-
der Stirnlocke in Oxford), ist der Versuch gemacht wor-
den, auf mechanischem Wege die ursprüngliche Wir-
kung wiederherzustellen, aber auch der heute vor-
handene Zustand wird mitgeteilt (Tafel 192 und Abb.
168): ein lobenswertes Beispiel wissenschaftlic'her
Sauberkeit.
Nicht weniger als 22 der mitgeteilten Blätter be-
ziehen sich auf die Grablegung, allerdings einbegriffen
die Predella und das Bild mit dem segnenden Gott-
vater, das einst den Altar krönte, sowie die Entwürfe
zu einer Kreuzabnahme, die offenbar aus ’der andern
Komposition herauswuchs und nie die Bildgestaltung
erfuhr. Die übrigen in diesem Band vereinigten Studien
- überwiegend Blätter großen Formates — sind außer
den genannten Oxforder Kampfszenen noch Jünglings-
und Männerpärper: Herkules, Simson, Hirtenge-
stalten, Adam (zu der in Marcantons Stich erhaltenen
Komposition des Sündenfalls); dann berülnnte
Stiicke, der sog. To'd des Adonis und die Eroten des
Philostrat; ferner die Entwürfe zur hl. Katharina tn
London, die Studien, die sich auf das Fres'ko in S. Seve-
ro beziehen und verwandtes — meist Silberstiftzeich-
nungen — und zuletzt ein im Anschluß an Dönatello ent-
standenes Blatt der Beisetzung eines Bischofs.
Wieder freut man sich der tiefgehenden, bis in
letzte Erkenntnis vordringenden Einsicht Oskar F i -
schels, seiner alle Monumente beherrschenden, vollen
gereiften Erfahrung und der Schönheit seiner Diktion
(in der Einleitung); sein Wort ist beschwingt von der
Anmut des Meisters, dem es gilt. Dem Prüfenden steigt
kein Bedenken auf, das der Autor nicht selbst ervvogen
hätte, und nun findet man es widerlegt, bevor es for-
mnliert werden konnte; und wenn auch nicht jeder
Zweifel immer unterdrückt wird (so z. B. bei dem letz-
ten Blatt des Bandes, der Begräbnisszene): man wird
der größeren Erfahrung schließlich docli trauen dürfen.
Vor den anderen Publikafionen, welche die Zeicli-
nungen eines einzelnen Meisters behandeln, •— ich denke
etwa an Lippmann’s Dürer, an die zehn Portfolios, die
Rembrandt gewidmet sind, oder an das im Erscheinen
begriffene Holbein-Werk — hat diese den großen Vor-
zug voraus, daß nicht die Rohmaterialien geboten wer-
den, sondern die wissenschaftliche Durcharbeitung.
Dort muß der Benutzer sucbend sich erarbeiten, was die
Blätter über die Entwicklung eines Meisters offenbaren
(eine Aufgabe, die im Corpus der Dürer-Zeichnungen
durch die aus bibliothek-technischen Rücksichten ge-
wählte Form der Bände nahezu unmöglich gemacht ist):
hier aber baut sich das Bild des lernenden und fort-
schreitenden Meisters klar und deutlich auf. Jetzt erst
werden wir clen tiefsten Einblick tun dürfen in diese
unbegreiflich reiclie Begabung; wir können sie in all’
ihren geheimsten Äußerungen kennen lernen. Nur
wer die reiche Erkenntnis, die in dieser Publikation uns
vermittelt wird, sich zu eigen gemacht hat, wird glau-
ben können, daß er Raphael wirklich nahe gekom-
men ist.
pt?ans tiats im ncuen Gewandc.
G. D. Gratama, dcr Direktor des Frans Hals-Moiseums
in Haarlem schreibt uns:
Im Artikel des Dr. Emil Waldmann „Frans Hals im
neuen Gewande“, Kunstwandercr Juli 1924, wird vermutet, daß
Frans Hals einen Firnis gekannt und gebraucht hätte, dcr im Laufe
der Zeit nachdunkelte, und daß seine bunten und etwas harten
Farbenkombinationen so ausgefiihrt wären, daß sie durch die ver-
bindcnde Firnislage gedämpft wurden.
Das ist nicht anzunehmen:
1) weil Frans Hals als tüchtiger Fachmann gewiß wolil
wußtc, daß Firnis in der Zeit durch den Einfluß der Feuchtigkeit
dcr Luft verwittcrt, wodurch der Aspekt seiner Gemälde matt
und undurchsichtig wurde. Das Maß dieser Veränderung ist vom
Willcn des Malers unabhängig,
2) weil seine Auftraggeber niclit zufrieden gewesen sein
wiirden mit einem Resultat, welches erst nach Jahren zu erreichen
war.
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pen: „Florentiner Eindrücke und Skizzenbücher“,
„Florentiner Madonnen“ und „Grablegung und Über-
gang nach Rom“.
Welche Bedeut-ung der Grablegung in der Galerie
Borghese in Raphaels Schaffen zukommt, ist bekannt.
Es ist seine Absage an die empfindungszarte umbrisc'he
Schule, die energische erste Auseinandersetzung mit
den Fonnproblemen, wie sie ihm in Florenz durc'h die
großen, dort vereinigt wirkenden Meister nahegerückt
worden waren; der Jugendliche prüft die Schwingen
zu dem hohen Flug, der ihm vom Schicksal bestimmt
ist, und erprobt nun das ernsthaft Errungene in unbe-
greiflich schwungvollen Entwürfen, von denen die s. g.
„Kampfszenen“ in Oxford die bekanntesten sind, tief
erregt durch Signorelli’s machtvollen Cyklus in Orvieto.
50 Zeichnungen übermittelt die vierte, jetzt vor-
liegende Abteilung dem Studium, in jener vollkomme-
nen Weise der Wiedergabe, welche das ganze Werk
von Anfang an auszeichnet. Ohne die Übertreibungen,
wie sie größere Faksimile-Wiedergaben neuerer Zeit
enthalten, deren Streben dahin ging, keinen zufälligen
Schmutzflecken des Papiers vorzuenthalten, ist jede
Forderung, die der Forscher stellen muß, erfüllt; die
Reproduktion ist in einer Art, welche die Einfühlung in
des Meisters Ausdrucksweise ermöglicht und fiir die
Beantwortung jeder Frage, die bei kritischen Unter-
suchu.ngen auftauchen mag, ausreicht. Wo technische
Schwierigkeiten nicht völlig restlos überwunden 'wur-
den, ;ist es mit anerkennenswerter Ehrlichkeit gesagt,
und es werden dann außer den Tafeln im Text Detaii-
aufnahmen geboten, in denen ge’wisse Subtilitäten noch
klarer in die Ersc'heinung treten (Abb. 178 und 182). In
einem besonderen Falle, wo die ursprüngliche Weiß-
höhung schwarz geworden ist (Frauenkopf mit flattern-
der Stirnlocke in Oxford), ist der Versuch gemacht wor-
den, auf mechanischem Wege die ursprüngliche Wir-
kung wiederherzustellen, aber auch der heute vor-
handene Zustand wird mitgeteilt (Tafel 192 und Abb.
168): ein lobenswertes Beispiel wissenschaftlic'her
Sauberkeit.
Nicht weniger als 22 der mitgeteilten Blätter be-
ziehen sich auf die Grablegung, allerdings einbegriffen
die Predella und das Bild mit dem segnenden Gott-
vater, das einst den Altar krönte, sowie die Entwürfe
zu einer Kreuzabnahme, die offenbar aus ’der andern
Komposition herauswuchs und nie die Bildgestaltung
erfuhr. Die übrigen in diesem Band vereinigten Studien
- überwiegend Blätter großen Formates — sind außer
den genannten Oxforder Kampfszenen noch Jünglings-
und Männerpärper: Herkules, Simson, Hirtenge-
stalten, Adam (zu der in Marcantons Stich erhaltenen
Komposition des Sündenfalls); dann berülnnte
Stiicke, der sog. To'd des Adonis und die Eroten des
Philostrat; ferner die Entwürfe zur hl. Katharina tn
London, die Studien, die sich auf das Fres'ko in S. Seve-
ro beziehen und verwandtes — meist Silberstiftzeich-
nungen — und zuletzt ein im Anschluß an Dönatello ent-
standenes Blatt der Beisetzung eines Bischofs.
Wieder freut man sich der tiefgehenden, bis in
letzte Erkenntnis vordringenden Einsicht Oskar F i -
schels, seiner alle Monumente beherrschenden, vollen
gereiften Erfahrung und der Schönheit seiner Diktion
(in der Einleitung); sein Wort ist beschwingt von der
Anmut des Meisters, dem es gilt. Dem Prüfenden steigt
kein Bedenken auf, das der Autor nicht selbst ervvogen
hätte, und nun findet man es widerlegt, bevor es for-
mnliert werden konnte; und wenn auch nicht jeder
Zweifel immer unterdrückt wird (so z. B. bei dem letz-
ten Blatt des Bandes, der Begräbnisszene): man wird
der größeren Erfahrung schließlich docli trauen dürfen.
Vor den anderen Publikafionen, welche die Zeicli-
nungen eines einzelnen Meisters behandeln, •— ich denke
etwa an Lippmann’s Dürer, an die zehn Portfolios, die
Rembrandt gewidmet sind, oder an das im Erscheinen
begriffene Holbein-Werk — hat diese den großen Vor-
zug voraus, daß nicht die Rohmaterialien geboten wer-
den, sondern die wissenschaftliche Durcharbeitung.
Dort muß der Benutzer sucbend sich erarbeiten, was die
Blätter über die Entwicklung eines Meisters offenbaren
(eine Aufgabe, die im Corpus der Dürer-Zeichnungen
durch die aus bibliothek-technischen Rücksichten ge-
wählte Form der Bände nahezu unmöglich gemacht ist):
hier aber baut sich das Bild des lernenden und fort-
schreitenden Meisters klar und deutlich auf. Jetzt erst
werden wir clen tiefsten Einblick tun dürfen in diese
unbegreiflich reiclie Begabung; wir können sie in all’
ihren geheimsten Äußerungen kennen lernen. Nur
wer die reiche Erkenntnis, die in dieser Publikation uns
vermittelt wird, sich zu eigen gemacht hat, wird glau-
ben können, daß er Raphael wirklich nahe gekom-
men ist.
pt?ans tiats im ncuen Gewandc.
G. D. Gratama, dcr Direktor des Frans Hals-Moiseums
in Haarlem schreibt uns:
Im Artikel des Dr. Emil Waldmann „Frans Hals im
neuen Gewande“, Kunstwandercr Juli 1924, wird vermutet, daß
Frans Hals einen Firnis gekannt und gebraucht hätte, dcr im Laufe
der Zeit nachdunkelte, und daß seine bunten und etwas harten
Farbenkombinationen so ausgefiihrt wären, daß sie durch die ver-
bindcnde Firnislage gedämpft wurden.
Das ist nicht anzunehmen:
1) weil Frans Hals als tüchtiger Fachmann gewiß wolil
wußtc, daß Firnis in der Zeit durch den Einfluß der Feuchtigkeit
dcr Luft verwittcrt, wodurch der Aspekt seiner Gemälde matt
und undurchsichtig wurde. Das Maß dieser Veränderung ist vom
Willcn des Malers unabhängig,
2) weil seine Auftraggeber niclit zufrieden gewesen sein
wiirden mit einem Resultat, welches erst nach Jahren zu erreichen
war.
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